Die Entdeckung
Im Jahr 1907 stellte der japanische Professor Kikunae Ikeda fest, dass er den Geschmack seiner Algenbrühe allein mit den Begriffen süß, salzig, bitter und sauer nicht beschreiben konnte. Es fehlte ihm eine Beschreibung für geschmackvoll, saftig und würzig. Er schlug daher das japanische Wort „Umami“ als Bezeichnung für diese Geschmacksrichtung vor. Die Chinesen nennen es „Xian-Wei“. Ein Jahr später gelingt es ihm, die verantwortliche Substanz für diesen Geschmack, das Natriumsalz der Glutaminsäure (engl. Monosodium glutamate, kurz MSG), zu isolieren.
Der menschliche Geschmackssinn auf der Zunge und im Rachen kann verschiedene Geschmacksrichtungen unterscheiden. Wenn Umami also ein Geschmack sein soll, muss der Mensch über einen sensorischen Rezeptor verfügen, der für diesen Geschmack zuständig ist. Dieser wurde 90 Jahre später von einem Forscherteam der Universität von Miami identifiziert.
Welches Lebensmittel schmeckt umami?
Wir wissen jetzt, dass MSG für den Umami-Geschmack verantwortlich ist. Aber was ist dieses Molekül genau? Das Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure, einer nicht-essenziellen Aminosäure, die in vielen Proteinen vorkommt. Deshalb findet man sie in vielen Lebensmitteln in extrem unterschiedlichen Konzentrationen. Wenn man Milch und verschiedene Käsesorten miteinander vergleicht, stellt man fest, dass Käse im Vergleich zu Milch reich an MSG ist. Der Grund hierfür liegt in der Fermentation und Reifung. Durch Fermentation und Reifung werden Proteine „abgebaut“, wodurch die einzelnen Aminosäuren freigesetzt werden. Die daraus resultierenden Lebensmittel sind also besonders reich an MSG und damit stark umamihaltig. Paradebeispiel ist die Sojasauce, welche durch Fermentation von Sojabohnen entsteht und eine wahre Umami-Bombe ist. Einige andere Moleküle sind ebenfalls umami, vor allem Peptide.
Während der Fermentation wird das Glutamat der Sojabohnen freigesetzt. Die daraus entstehende Sojasauce ist eine Geschmacks-„Bombe“!
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In einer spannenden Studie zur Klärung der Faktoren, die zum Erfolg von Gerichten in einem Restaurant führen, hat ein niederländisches Team die Rolle von Umami hervorgehoben. Wie kann man also diesen Geschmack maximieren, ohne natürlich industriell hergestellte Produkte zu verwenden? Zunächst sollte man Zutaten bevorzugen, die von Natur aus reich an Glutamat sind. Hierbei darf man nicht vergessen, dass der Geschmack Umami nicht unbedingt asiatisch ist.
So hat der Starkoch Heston Blumenthal in Zusammenarbeit mit der Universität Reading eine Studie durchgeführt. Die Wissenschaftler haben 14 Tomatensorten verglichen und herausgefunden, welche das höchste Umami-Potenzial hat. Ebenso sind Parmesan oder Prosciutto von Umami sehr geprägt. Und wer lieber umami trinken möchtet, sollte Sake Taru (japanisches, alkoholisches Getränk) oder Matcha Tee besorgen!
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Aber auch die Kochmethode spielt eine große Rolle. Thomas Hofmann von der Technischen Universität München hat gezeigt, dass mehrere Moleküle, die bei der Maillard-Reaktion entstehen, umami sind, wie das berühmte Alapyridain. Konkret bedeutet dies, dass das Bräunen von Lebensmitteln diese etwas umamiartiger macht. Ebenso haben japanische Forscher gezeigt, dass ein Gericht mit Jakobsmuscheln und Hähnchenschenkeln deutlich mehr Umami enthielt, wenn die beiden Komponenten zusammen und nicht getrennt voneinander gegart wurden. Beim Kochen reagieren die Moleküle des einen mit einigen Molekülen des anderen und bilden umamiartige Verbindungen.
Stellen wir uns nun vor, wir nehmen ein umamihaltiges Lebensmittel (z. B. Pilze) und kochen es mehrere Minuten lang in Wasser. Die Umami-Moleküle werden herausgelöst und gehen in das Wasser über. Die resultierende Lösung ist dann reich an Umami. Das ist der Grund, warum Hühner- oder Algenbrühe so intensiv schmeckt.
Vielen Dank an Dr. Grégory Schmauch und das Team Cooking Research der RATIONAL F&E GmbH für diesen spannenden Einblick in das Thema.