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Shared Tables: Wie in Restaurants aus Fremden neue Freunde werden

Von: Lesezeit: 4 Minuten

Shared Tables liegen im Trend: immer wieder liest man darüber, dass man seine kulinarischen Erlebnisse im Restaurant nicht mehr nur mit guten Bekannten teilt, sondern ganz bewusst mit fremden Gästen. Die Gründe dafür und Konzepte dazu sind vielfältig.

Genießen heißt, sich Zeit zu nehmen, Dinge bewusst wahr- und aufzunehmen. Doch noch genussvoller wird es, wenn wir diesen Moment nicht alleine erleben, sondern wir ihn mit anderen teilen können. Ganz nach dem Motto: Nur eine Sache wird größer, wenn man sie teilt: Glück. Darauf baut der wahrscheinlich visionärste Chef unserer Zeit – Ferran Adria – auf, wenn er erklärt: „Das größte soziale Netzwerk der Welt ist Essen, nicht Facebook.“

Sharing Tables: weltweite Ideen & Konzepte

Und so hat die Gastronomie erkannt: ein Gemeinschaftserlebnis muss nicht zwingend mit uns vertrauten Menschen geteilt werden. Denn Gemeinschaftstische oder eben eingedeutscht Shared Tables, sprich Tische in Restaurants, Bars, etc. die man mit anderen, fremden Gästen teilt liegen weltweit spätestens seit dem Ende der Pandemie, als wir uns besonders nach Gesellschaft gesehnt haben, im Trend.

M-eating table Grafik, die Gemeinschaftstische im Restaurant markieren soll

Image: m-eating table

Fine Dine als Gemeinschaftserlebnis

Eben diesem Trend folgt etwa das Brut in der mallorquinischen Gemeinde Llubí. Der argentinische Chefkoch Edu Martínez hat sich neben dem Konzept der Shared Tables zusätzlich für ein unkonventionelles Setting entschieden. Denn in diesem Fine-Dine-Restaurant hat man lediglich die Möglichkeit, an der Bar Platz zu nehmen. 16 Plätze bietet das Brut dafür an. Plätze, bei denen man sich seinen Sitznachbarn nicht immer aussuchen kann. An denen vertrauliche Gespräche vielleicht nicht ganz so eingängig geführt werden können wie woanders. Und Plätze an denen das kulinarische Erlebnis kein intimes mehr, sondern ein mit anderen geteiltes Erlebnis ist. Geteilt wird zusätzlich auch der Blick auf die Zubereitung der Speisen. Denn die offene Küche befindet sich direkt hinter der Bar, von der man beste Sicht auf die dargebotenen Kochkünste hat. Und so wird der Lokalbesuch zu einem ganzheitlich gemeinschaftlichen Event. Passend dazu – und zum Theken-Ambiente: Zwölf selbst gebraute Biere, die im Brut angeboten werden.

Mit dem Chef’s Table At Brooklyn Fare setzt auch ein New Yorker Fine-Dine-Restaurant auf einen Shared Table in Form einer Bar. Im Lokal finden sich zwar im Gegensatz zum Brut ein paar Einzeltische, doch das eigentliche Geschehen spielt sich auch hier an der mächtigen Theke ab. Erst im Oktober 2023 feierte das Restaurant seine Wiedereröffnung, nachdem es im vergangenen Sommer wegen interner Streitigkeiten schließen musste. Unter dem Österreicher Max Natmessnig und dem Niederländer Marco Prins wurde das ursprüngliche Konzept einer Shared Bar, die ebenfalls den Blick auf die offene Küche freigibt, beibehalten. Knapp zwanzig Gäste teilen sich sowohl die Plätze an der Bar als auch den kulinarischen Genuss.

Das Chef’s Table At Brooklyn Fare auf einen Shared Table in Form einer Bar.

Image: Chefs Table at Broolyn Fare

Shared Coffee-Table

An der Westküste der USA wiederum haben Walter und Margarita Manzke ihre Konzeptidee des Gemeinschaftstisches umgesetzt. In einem historischen Ziegelgebäude, das 1928 niemand geringerer als Charlie Chaplin erbauen ließ, befindet sich das République. Ein Café mit langen, hölzernen Shared Tables. Mit einem Ambiente, das mehr an einen mittelalterlichen Rittersaal als an ein typisches Kaffeehaus erinnert. Das Ehepaar Manzke kann auf zahlreiche gehobene Gastronomie-Erfahrung – von Ferran Adrias El Bulli an der Costa Brava bis zu Alain Ducasses Louis XV in Monaco – zurückblicken. Mit dem République haben sie ein wahres Trend-Lokal geschaffen. Und das mit zwei Konzepten: Während im angeschlossenen Restaurant das Dinner an den privaten Tisch serviert wird, herrscht untertags im Café Selbstbedienung, bevor man sich an einen der Gemeinschaftstische setzt. Berührungsängste gibt es dabei nicht. Das Konzept des Kaffeehauses kommt gut an, denn insbesondere für ein Frühstück nehmen die Gäste hier regelmäßig lange Warteschlangen in Kauf.

Dass das Konzept der Shared Tables aber keinen hippen Trend für exzentrische oder extravagante Besserverdienende darstellt, sondern durchaus auch einen sozialen Charakter aufweist, beweist m-eating table. Bei dem in der Schweiz ins Leben gerufenen Projekt halten teilnehmende Restaurants jeweils einen großen Tisch bereit, den ein Aufsteller von „m-eating table“ als Shared Table kennzeichnet. Gäste werden daraufhin gefragt, ob sie sich an diesen Gemeinschaftstisch dazusetzen oder lieber separat Platz nehmen wollen. Die Gründe für ein Essen in Gesellschaft sind dabei vielfältig: So wollen manche Menschen tatsächlich einfach im Lokal nicht alleine sein, für andere ergibt sich ein Ort zum Networken und wieder andere schließen hier neue Freundschaften. Und der Erfolg gibt dem Konzept recht: Mehr als zwanzig Lokale in über zehn Städten der Schweiz stehen bereits auf der m-eating table-Liste.

Langen, hölzerne Gemeinschaftstische im République

Image: Catherine Dzilenski

Teilen ist in

Gerade, wenn es um Kulinarik abseits von Fine Dining geht, wird schnell klar, dass Shared Tables in Wahrheit keine Neuigkeit darstellen. In Fast-Food-Restaurants, im Festzelt, Food Courts oder im Biergarten sind geteilte Tische schon lange akzeptierte Realität. Und auch abseits der Gastronomie teilen Menschen mit anderen problemlos: Beim Carsharing oder bei privater Wohnungsvermietung.

Neu ist jedoch, dass man das Teilen bewusst als gemeinschaftliches Erlebnis wahrnehmen will und deshalb aktiv danach sucht. So erklärt der deutsche Trendforscher Pierre Nierhaus in seinem Gastro-Trendreport 2022/23, das Bedürfnis nach dem Miteinander, nach Verbindungen und Beziehungen „ist ur-menschlich. Seit jeher traf man sich mit der Familie, Freunden und Gästen beim gemeinsamen Mahl. Das ist bis heute so geblieben.“ Essen und Trinken stelle den „Klebstoff der Gesellschaft dar“, so Nierhaus.

Trendforscher Pierre Nierhaus erklärt, dass das Bedürfnis nach dem Miteinander, nach Verbindungen und Beziehungen ur-menschlich sei.

Image: Martin Joppen

Vorteile von Gemeinschaftstischen

Zumal nach den zahlreichen Lockdowns, den Kontaktbeschränkungen und der sozialen Isolation aufgrund der Corona-Pandemie Menschen geradezu ausgehungert waren und sich nach Zusammensein und nach Interaktion mit anderen sehnten. Und auch Restaurantbesitzer profitieren – gerade in volatilen Zeiten wie diesen – von Shared Tables. Sie erhöhen die Sitzplatzkapazität; lange Tische oder gar eine zum Essen genutzte Bar brauchen keine Zwischenräume, durch die sich sonst das Personal bewegen muss. Auch größere Gästegruppen können darüber hinaus ohne Umstellung einfacher als früher untergebracht werden. Und dass darüber hinaus die Wartezeiten in Restaurants mit Shared Tables tendenziell kürzer sind als in jenen ohne dieses Konzept, freut wohl auch Gäste. Ein Shared Win also, sozusagen.

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