In der dritten Ausgabe der Webinar-Reihe „Virtuelle Küchen im Blickpunkt“ des Trend Talk von Rational ging es darum, wie man erfolgreiche Wachstumsstrategien für das eigene Modell findet. Michael Jones von Progressive Content und Gastronomieexperte bei FCSI übernahm wieder die Moderation des Webinars, zu dem über 400 Teilnehmer aus mehr als 40 Ländern zugeschaltet waren.
Jozi Cloud Kitchens – ein Beispiel für eine erfolgreiche virtuelle Küche
Zum Auftakt sprach Jones mit Khalipa Zulu und Simele Shange, dem Erfolgsduo hinter „Jozi Cloud Kitchens“ im südafrikanischen Johannesburg. Die beiden Südafrikaner – ein ehemaliger Investmentbanker und ein Unternehmer – haben in ihrer Heimatprovinz bereits ein erfolgreiches Restaurant betrieben. Als sie dann in Johannesburg Fuß fassen wollten, entschieden sich angesichts der dortigen hohen Mieten für ein Lieferservicekonzept. „Aus den Erfahrungen mit unserem eigenen Lokal wussten wir, wie kostspielig der Restaurantbetrieb ist und welche Umsätze zur Deckung der Kosten insbesondere im Service erzielt werden müssen“, berichtete Shange. „Uns war sofort klar, dass wir das in Johannisburg bei diesen hohen Mieten und Arbeitskosten nicht umsetzen konnten. Zu der Zeit haben wir noch nie von Ghost Kitchens gehört.“
Wie auch viele andere Betreiber hatten Zulu und Shange mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen. Nach ausgiebigen Recherchen zum Thema virtuelle Küchen fanden sie schließlich einen Standort, wo sie im Dezember 2020 mit dem Bau begonnen haben und im März dieses Jahres an den Start gingen. „Wir haben uns für ein Betriebsmodell mit mehreren Sparten entschieden: Mitnahmeangebot, Vorortverzehr sowie eigener und Drittanbieter-Lieferservice“, erzählte Shange. „Außerdem erledigen wir für unsere Kunden vor Ort auch alle Formalitäten. Ob kommunale Anmeldungen, Lizenzierung – wir stellen die Kontakte zu Mr. D und Uber Eats her. Wir haben eine Vollzeit-Reinigungskraft, die die Fettabscheider in jeder Küche und in den allgemeinen Bereichen reinigt. Mit diesem Rundum-Service erleichtern wir unseren Kunden den Alltag, sodass sie sich ganz auf den Betrieb ihrer Küche und die Qualität ihrer Speisen konzentrieren können. Wir sehen es weniger als klassisches Mieter-Vermieter-Verhältnis, sondern eher als eine Partnerschaft, in der wir gemeinsam Qualitätsprodukte herstellen.“
Die größte Schwierigkeit im Hinblick auf das Wachstum von Jozi Cloud Kitchens bestand darin, die passenden technischen Partner zu finden. Shange machte sich auf LinkedIn auf die Suche und stieß dort auf OrderB4. Es gibt so viel Know-how da draußen. Und wenn man die Leute um Hilfe bittet, wird einem auch geholfen“, sagte er.
Die Küchen von morgen
Als nächstes übernahm Randy Murphy, CEO von OrderB4 in Austin (Texas), das Wort. Trotz seiner Ausbildung im Tech-Bereich war Murphy 15 Jahre lang Betreiber mehrerer Unternehmen und Marken im Foodservice. Er schwärmte geradezu von der unternehmerischen Leidenschaft, die hinter Jozi Cloud Kitchens steckt.
Mit der von ihm gegründeten Plattform OrderB4 wollte er Betreibern eine Möglichkeit bieten, im Wettbewerb gegen Drittanbieter zu bestehen. „Vor etwa acht Monaten haben wir festgestellt, dass unsere Software aufgrund ihrer Architektur ideal für Ghost Kitchens und virtuelle Marken geeignet ist“, sagte er. „Wir sind überzeugt von Softwarelösungen für die Küchen der Zukunft – und zu denen gehört Jozi Cloud Kitchens. Hier in den USA ist es schwierig, in der mittelständischen Gastronomie Geld zu verdienen. Die Margen in diesem Marktsegment sind gering, es braucht viel Umsatz. Wenn das aber gegeben ist, funktioniert das wirtschaftliche Modell“, meinte Murphy.
„Aber insbesondere nach dem letzten Pandemiejahr ist es zu riskant. Nach meiner Überzeugung steigt hier in den USA ein Drittel des 900 Milliarden Dollar schweren mittleren Gastronomiemarkts auf virtuelle Küchen bzw. virtuelle Marken um – das ist einfach eine Frage der Vernunft. Dadurch wird das Geschäft tatsächlich profitabel. Insofern sind wir froh, dass wir uns auf diesen speziellen Markt konzentrieren, weil das für uns die Küchen von morgen sind“, sagte er.
„Simele Shanges Anmerkung zu den vier Einnahmequellen finde ich super, denn genau das erleben wir aktuell“, fuhr er fort. „Anfangs gab es virtuelle Küchen nur für den Lieferservice. Mittlerweile entstehen Betriebe, in denen 30-40 % für den In-House-Verzehr und nicht nur zum Mitnehmen bestimmt sind. Virtuelle Küchen und Spiellandschaften für Familien werden um eine Bar erweitert. Die Entwicklung schreitet sehr schnell voran.“ Die OrderB4-Software entwickelt sich mit dem Markt weiter. „Dieser Markt ist riesig: Allein in den USA wurden in den letzten zwei Jahren 50 Milliarden US-Dollar investiert, und bis 2030 erreicht der Markt voraussichtlich eine Größenordnung von 300 Milliarden. In Europa wiederum könnte der Markt nach Schätzungen bis 2030 auf eine Billion Dollar anwachsen“, so Murphy.
„Wir möchten gern das Mietinkasso und Versorgungszahlungen mit einbauen, so dass wir ein Betriebssystem für virtuelle Küchen haben. Bisher gibt es keine Technik, die das leistet.“ Danach ging Stephan Leuschner, Leiter für internationale Großkunden bei Rational, auf die fünf Herausforderungen ein, vor denen die Betreiber bei ihren Plänen zum Ausbau und Wachstum der eigenen Konzepte stehen.
- Die Wahl eines geeigneten Standorts
- Die schwierige Suche nach dem passenden Personal
- Bestimmte Lebensmittel aus lokalen Bezugsquellen
- Dauerhaft erfolgreiche Leitung mehrerer Standorte
- Aufrechterhaltung der Lebensmittelqualität und der Hygienestandards.
Nach Leuschners Überzeugung braucht es für den Erfolg ein gewisses Umdenken. „Bisher war der Erfolg oftmals mit besonderem Können am Herd, herausragenden Köchen oder kreativen Köpfen verbunden. Alles konzentrierte sich auf den Betreiber. Bei virtuellen Küchen geht es vor allem darum, überall gleichbleibend hohe Qualität zu erzeugen, deshalb muss man sich mehr auf die Prozesse konzentrieren.“ Für die Zukunft geht Leuschner davon aus, dass virtuelle Küchen zunehmend automatisiert werden und Robotik zum Einsatz kommt. „Auch wenn derzeit nur darüber diskutiert wird, glaube ich, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren speziell in den virtuellen Küchen mehr Automatisierung, automatisierte Prozesse sowie Robotertechnik stattfinden werden und die manuelle Arbeit zurückgeht“, lautete sein Urteil.
„Multifunktionale Geräte sind jetzt schon nicht mehr wegzudenken. Der intelligente Kombidämpfer iCombi Pro von Rational vereint sechs verschiedene Funktionen in einem Gerät und kann u. a. einen Flachgrill, eine Bain-Marie oder einen Backofen ersetzen. Das bedeutet bessere Raumausnutzung, ein Betriebsdienst, eine Arbeitsweise sowie ein einheitliche Schulung der Mitarbeiter.“ Wenn man es richtig angehe, ließe sich das Wachstum im Bereich der virtuellen Küchen wie ein Schema übertragen, meinte Leuschner – und potenziell erweitern oder verbessern, denn das Konzept ist ein einheitliches System. Danach demonstrierte Leuschner in einem Video die beiden grundlegenden Arten, wie virtuelle Küchen organisiert werden können. Zum einen gibt es von mehreren Marken betriebene Gemeinschaftsküchen, in denen einige Bereiche wie z. B. die Kühlkapazitäten oder die Ausgabe gemeinsam genutzt werden. Zum anderen gibt es Einzelbetriebe, die mehrere Marken bedienen. Hier kann ein Team für 15-20 Marken gleichzeitig produzieren und die gesamte Ausrüstung dafür einsetzen.
„Einmal als der zuverlässige Partner in Sachen Wachstum von virtuellen Küchen zu gelten, wäre für uns die größte Erfolgsbestätigung“, sagte Leuschner zum Abschluss.
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