Wir haben uns daran gewöhnt, in einer Zeit des Wandels zu leben. So sehr, dass den meisten unter uns gar nicht bewusst ist, wie sehr sich die Gastronomie in den vergangenen 20 Jahren verändert hat. Man könnte so weit gehen und sagen: Sie hat sich in dieser Zeit stärker gewandelt als in den zwei Jahrhunderten davor. Grund dafür ist ein tiefgreifender Transformationsprozess, den man – so unscharf und vage er auch sein mag – als Digitalisierung bezeichnen kann.
Nie mussten Entscheidungsträger innerhalb der Gastronomie wacher sein, offener gegenüber neuen, digitalen Prozessen, nie mussten sie hemdsärmeliger agieren, wenn es darum geht, analoge Arbeitsschritte radikal in Frage zu stellen – und stattdessen digitale Alternativen ins Auge zu fassen. Doch was heißt das genau? Wie digital kann die Gastronomie heute schon sein, wie digital wird sie aller Voraussicht nach werden? Und wo liegen die Grenzen der Digitalisierung der Gastronomie – einem Business, in dem es letztlich um analoge Materie – nämlich Essen, Trinken und Menschen – geht?
Digitalisierung der Gastronomie: Maßgeschneiderte Lösungen für Gemeinschaftsverpflegung und Sternerestaurant
Wer die Möglichkeiten der Digitalisierung der Gastronomie etwas genauer vermessen möchte, sollte drei Dinge stets im Kopf behalten:
Erstens: Der Branche fehlen Fachkräfte, also Menschen aus Fleisch und Blut. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, sind digitale, also menschenunabhängige, Lösungen durchaus das Gebot der Stunde.
Zweitens: Digitalisierung ist vielschichtig und kann vom Wareneingang bis hin zur verkauften Speise in den unterschiedlichsten Ausprägungen und Formen implementiert werden.
Und Drittens und hier wird es etwas komplizierter: Nicht jede Art von Gastronomie verträgt gleich viel Digitalisierung. Ein Drei-Sterne-Restaurant, in dem die meisten Gäste die persönliche Küche des Chefs kennenlernen möchten, lebt von der kreativen Suche nach neuen Geschmäckern, die auf Handwerk setzt. Arten der Gemeinschaftsverpflegung wie z.B. Betriebskantinen hingegen, die fünf Tage die Woche 500 Mitarbeiter zu verpflegen hat, funktioniert anders: Hier liegt der Fokus nicht auf der bloßen Kreativität des Kochs. Es geht vor allem darum, große Mengen in gleichbleibend guter Qualität zu produzieren. Standardisierte Prozesse, wie sie die Digitalisierung der Gastronomie durchaus bieten kann, haben hier einen anderen Stellenwert als in besagtem Drei-Sterne-Restaurant.
Und doch: So unterschiedlich diese beiden Welten auch sein mögen, die Digitalisierung bietet für jede Art von gastronomischen Betrieb etwas, das sie besser machen könnte. Es gilt dabei vor allem zu wissen, wo die menschlichen Fehlerquellen am größten sind – und wo die Möglichkeiten der Digitalisierung, das jeweilige Gastrokonzept gezielt bereichern zu können.
Gastronomie-Software: Die Digitalisierung der Gastronomie braucht Schnittstellen
Beginnen wir mit dem ersten Produktionsschritt: der Warenbestellung. In den vergangenen 20 Jahren haben eine Vielzahl an Softwares den Markt erobert, die Gastronomen Zeit und Arbeit ersparen: Dabei handelt es sich oft um cloudbasierte Systeme, die Bestellungen und Warenwirtschaft miteinander verknüpfen und so den Verantwortlichen helfen, Lebensmitteleinkäufe effizienter zu verwalten. Teilweise gehen sie sogar so weit, dass sie schon beim Schreiben einer neuen Speisekarte die erforderlichen Produkte beim verknüpften Bestellsystem des Großhändlers bestellen.
Und genau daran wird deutlich um was es bei der Gastronomie 4.0 mehr denn je gehen wird, um genau diese Verknüpfungen, sprich: Schnittstellen. Denn sie sind es, durch die die Digitalisierung in der Gastronomie ihr volles Potenzial entfalten kann.
Bestes Beispiel: Die cloudbasierte Wareneingangskontrolle innerhalb des HACCP-Prozesses. Als Teil des digitalen Küchenmanagementsystems ConnectedCooking von Rational kann hier der gesamte HACCP-Ablauf innerhalb einer cloudbasierten Checkliste lückenlos dokumentiert und das Hygienemanagement an jeden (neuen) Küchenablauf angepasst werden. Digitalisierung bedeutet hier nicht nur, dass ein Bluetooth-Thermometer die Kerntemperatur eines Produkts bei der Lieferung festhält, sondern auch, dass beim Garprozess die erforderliche Kerntemperatur in besagter Checkliste hinterlegt wird. Womit wir bei einem weiteren Digitalisierungsprozess sind, der in Zukunft eine große Rolle spielen wird: der Speisenproduktion und damit eng verbunden den sogenannten Garpfaden in den iVario– und iCombi-Geräten von Rational.
Vernetzte Küchengeräte als Schlüssel für die Digitalisierung der Gastronomie
Gerade hier, bei der Speisenproduktion, wird auch klar, wie relevant das Zusammenspiel zwischen Hard- und Software ist. Auf den Nutzer zugeschnitten und vernetzt, verfügen die Geräte über eine personalisierte Bedienoberfläche, die jedes Gericht der Speisekarte abbildet. Mit einem einzigen Tastendruck kann so der Garpfad für das gewünschte Gericht ausgewählt werden.
Das Besondere daran? Jeder Küchenchef kann in den Voreinstellungen selbst definieren, welche Kerntemperatur oder welchen Bräunungsgrad er genau haben will – es wird also lediglich das Endergebnis vorgegeben, den Rest erledigt das intelligente System. Der entscheidende Vorteil: Auch ungelernte Mitarbeiter können so jedes Gericht sicher und mit gleichbleibender Qualität zubereiten, es braucht schließlich nur einen Knopfdruck.
Dort, wo eine technische Lösung dem Menschen voraus ist, werden sich digitale Lösungen in den kommenden Jahren weiter durchsetzen. Das gilt auch für Tools wie beispielsweise für das Thema der Lebensmittelabfälle in den Gastro-Küchen. Hierfür gibt es mittlerweile eine digitale Lösung in Form einer smarten Waage, die speziell für die Gastronomie konzipiert wurde, um Lebensmittelabfälle zu messen und zu reduzieren. Diese Waage kombiniert Gewichtssensoren mit Künstlicher Intelligenz, um genau zu analysieren, welche und wie viele Lebensmittel weggeworfen werden. Die gewonnenen Daten helfen Küchen, den Abfall zu minimieren, indem sie bessere Einkaufs- und Zubereitungsentscheidungen treffen. Das bringt sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile. Aber was bedeutet das alles für das gesamtgastronomische Erlebnis für den Gast der Zukunft?
Digitale Gastronomie erhöht Gästezufriedenheit
Schon heute erwarten Gäste einen gewissen Grad an Digitalisierung in der Gastronomie. So gehören kontaktlose Zahlungsmethoden und mobile Wallets mittlerweile – in den meisten Fällen – zum Alltag und ermöglichen ein schnelles und bequemes Bezahlen. Zwei große Vorteile: Die bargeldlose Zahlungsform entlastet nicht nur das Personal, sondern erhöht auch die Gästezufriedenheit.
Auch digitalisierte Bestellsysteme wie etwa die Bestellungen via App, Websites oder Social-Media-Kanäle haben in den vergangenen Jahren gezeigt, wie sinnvoll die Digitalisierung in der Gastronomie genutzt werden kann. So wird dem Kunden ermöglicht, jederzeit über seinen bevorzugten Kanal zu bestellen und nicht erst nach der richtigen Nummer suchen oder sich nach Öffnungszeiten richten zu müssen. Laufen alle Bestellungen über ein System, können dadurch die Abwicklungen von Bestellungen individuell optimiert werden und zugleich die Kundendaten für eine gezielte Speisenplanung genutzt werden. Davon profitieren alle: Gastronom, Großhandel und die Gäste. Dadurch können Restaurants wie auch Gemeinschaftsverpflegungen ihre Menüs optimieren, Lebensmittelverschwendung reduzieren und noch maßgeschneiderter arbeiten und kalkulieren.
Was in den vergangenen Jahren auch immer klarer wurde: digitale Reservierungssysteme haben die Buchung von Tischen geradezu revolutioniert, indem sie Gästen ermöglichen, jederzeit und von überall aus Reservierungen vorzunehmen. Diese gespeicherten Gästedaten können dabei helfen, personalisierte Erlebnisse zu schaffen und den Service gezielt zu steuern, was besonders in der gehobenen Küche wichtig ist. Außerdem konnte so die Krux der sogenannten No-Shows erheblich verbessert werden: Gäste kauften während des digitalen Reservierungsvorgangs ihr „Ticket“, das sie aber meist 24 Stunden vor dem Buchungstermin auch wieder kostenfrei stornieren können. Wird nicht abgesagt, wird in der Regel zumindest ein Teil bezahlt – und der Gastronom bleibt nicht auf dem Verlust von einkalkulierten Gäste sitzen, die dann doch nicht erscheinen.
Die Digitalisierung der Gastronomie und das Grundbedürfnis nach analogen Auszeiten
Doch wie eingangs erwähnt, ist die Gastronomie aus der Perspektive des Gastes seit Jahrhunderten dieselbe. Und aller Voraussicht nach wird das auch in Zukunft so bleiben. Robert J.C. Munday, Executive Vice President Marketing & Customer Solutions bei Rational hat es einmal folgendermaßen formuliert: „Essen wird eines jener greifbaren Dinge bleiben, die wir schmecken, fühlen, riechen und mit anderen teilen und erleben wollen. Und genau deswegen wissen wir auch: Gastronomie im Allgemeinen und Restaurants im Besonderen sind vom Prinzip her etwas Zeitloses: Menschen werden auch in Zukunft in eigens dafür konzipierten Lokalitäten gemeinsam essen, trinken und genießen wollen. Weil das einfach einem analogen Grundbedürfnis der Menschen entspringt.“
Und doch: Die Art und Weise, wie dieses analoge Grundbedürfnis ausgelebt wird, wird aller Voraussicht nach von der Digitalisierung der Gastronomie nicht unberührt bleiben. Ja, in einigen Restaurantkonzepten könnten Kellner durchaus von humanoiden Servicerobotern ersetzt werden. Aber auch in solchen, in denen beflissene Servicekräfte aus Fleisch und Blut weiter das Sagen haben werden, wird ein digitales Medium laut Experten einen Siegeszug erleben: nämlich die sogenannten QR-Codes. In der digitalisierten Gastronomie der Zukunft werden sie überall zu finden sein: auf jedem Teller, auf jedem Behälter, auf den Möbeln, der Weinflasche. Das ist deswegen eine gute Nachricht, weil sie zu einem niederschwelligen Medium der Interaktion zwischen dem Gastronomen und seinem Gast werden. Ohne, dass dafür der Gastronom selbst oder das Servicepersonal mehr Aufwand betreiben muss. Egal, ob es um die Produkte innerhalb eines Gerichtes, um den Jahrgang des Weines, die Lieferkette einer bestimmten Zutat, den Hintergedanken eines Schäumchens oder der Deko im Speisesaal geht: QR-Codes oder ihre Weiterentwicklung werden Berührungspunkte zwischen dem Restaurant und seinem Gast schaffen, die neue Maßstäbe setzen werden.
Fest steht aber auch: Die Digitalisierung hinter den Kulissen wird die Gastronomie weiterhin um ein Vielfaches stärker umkrempeln als jene im Speisesaal. Aus demselben Grund, der Gastronomen immer schon angetrieben hat: Nämlich dem Gast eine möglichst erholsame Auszeit zu bieten – auch und gerade von der allgegenwärtigen Digitalisierung, die in Zeiten umfassender Transformationen ganz schön anstrengend sein können.