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„Stimmt so!“ – Das steckt hinter dem Thema Trinkgeld

Von: Lesezeit: 4 Minuten

Zehn Prozent, oder 20? Wieviel sollte es ein? Ist es ein Dankeschön oder Pflicht? Die Diskussion rund ums Trinkgeld ist international ein Dauerbrenner. Woher kommt der Begriff? Wem gehört es – und wie sieht es im Arbeitsrecht aus? KTCHNrebel hat recherchiert und einen Rechtsanwalt zum Thema befragt. Und wie händelt man das Trinkgeld eigentlich in anderen Ländern?

Obolus oder Wertschätzung? 

Immer wieder sorgt das Thema Trinkgeld in der Gastronomie für Diskussionen. Nachdem Moderatorin Anja Reschke Ende Juli 2022 auf Twitter von den Erfahrungen einer Kellnerin berichtete, brach erneut ein Diskurs los. Alles wird teurer, das Geld sitzt nicht mehr so locker.

Bedienung im Restaurant zählt ihr Trinkgeld. Dieses wird immer weniger.

Image: Fotolia | tanatat

Den Status quo in Deutschland belegt eine aktuelle Studie von Jägermeister: Befragt wurden 1.196 Personen, dazu 106 Barkeeper, 116 Gastronomen sowie 68 Taxifahrer. Das Fazit: Corona hat das Ausgehverhalten verändert, es hat sich quasi halbiert. Das bedeutet – es gibt weniger Trinkgeld! Laut Studie geben im Restaurant 92 Prozent Trinkgeld, in Bars waren es 60 Prozent und in Kneipen 54 Prozent. Durchschnittlich lag die Höhe des Trinkgelds bei fünf Prozent. Das ist halb so viel, wie die sonst angenommenen zehn Prozent in Deutschland! Die meisten befragten Gastronomen betonten, dass Trinkgeld nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung, sondern auch ein Teil der Motivation für die Mitarbeitenden ist.

Ein Fachmann für die US-amerikanische „Tipping Culture“ ist Sozialpsychologe und Marketing-Professor Michael Lynn von der Cornell-Universität in New York: Seine neueste Studie zum Thema Trinkgeld und Corona belegt, dass sich das Trinkgeld während der Pandemie am Beispiel eines Pizzaboten, in Schnellrestaurants und Full-Service-Restaurants erhöht hat. Gleichzeitig aber gab es bei Face-to-face Transaktionen in Restaurants mit Service einen Rückgang von ein bis zwei Prozent. „Je extrovertierter die Menschen in einem Land sind, desto mehr Berufe werden mit Trinkgeld versehen und desto mehr Trinkgeld wird gegeben“, so der Trinkgeld-Experte. Üblich sind in USA 15 bis 20 Prozent. In den meisten US-Staaten sind Trinkgelder kein nettes Extra, sondern das Haupt-Einkommen. Service-Kräfte in der Gastronomie erhalten dort einen sehr geringen Mindestlohn und sind auf spendable Gäste angewiesen. Bis heute ist es umstritten, wie viel Trinkgeld man gibt. Denn Fakt ist: Jeder Gast kann selbst entscheiden, ob er dem Servicepersonal ein Trinkgeld hinterlässt oder eben nicht.

Kunde legt Geld in die Trinkgeldkasse eines Restaurants

Image: AdobeStock | luckybusiness

Historie: Trinkgeld bereits seit dem Mittelalter bekannt

Trinkgeld – woher stammt der Begriff? Ein Blick in die Geschichte: Der Begriff „Trinkgeld“ trinckgelt ist bereits im späten Mittelalter in Deutschland nachgewiesen. Der Geber meinte damit, dass das Trinkgeld auf sein Wohl vertrunken werden soll. Das Bibalia (lat. Trinkgeld) war schon in den Wochenrechnungen des Prager Dombaus zwischen 1372 und 1378 belegt. Später rät Adolph Freiherr von Knigge in seinem Werk „Über den Umgang mit Menschen“ aus dem Jahr 1788 „dem Wagenmeister ein gutes Trinkgeld zu geben“. Die Herkunft des international gebräuchlichen Begriffs „Tip“ für Trinkgeld lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Angeblich gab es in britischen Gasthäusern Schalen mit der Inschrift „To Insure Promptitude“. In diese sollte man vorab Münzen als Trinkgeld werfen. Damit wollte man sich „einer schnellen Bedienung versichern“.  Eine andere mögliche Herleitung des Begriffs „Tip“ ist die vom Slang-Wort „to tipple“, also vom „Zechen“.

Unumstritten war das Trinkgeld schon früher nicht: Um 1900 wurde in Deutschland sogar eine „Anti-Trinkgeld-Liga“ gegründet, die aber erfolglos blieb. Zudem gab es diverse Gesetzesinitiativen zum Trinkgeldverbot bis in die Weimarer Republik. Auch in anderen Ländern war Trinkgeld nicht unbedingt beliebt: 1909 erließ Washington als erster US- Bundesstaat ein Anti-Trinkgeld­-Gesetz.

Stimmt so! Kunde zahlt im Restaurant und gibt Trinkgeld-

Image: AdobeStock | DWP

Rechtliches zum Thema Trinkgeld:

Wie sieht die Rechtslage in Deutschland aus?

Wir haben Rechtsanwalt Dr. Gerhard Engelmann, Bezirksgeschäftsführer Dehoga – Mittelfranken, dazu befragt: „Es gibt keinen Anspruch auf Trinkgeld in Deutschland. Es ist eine freiwillige Leistung. Ein Dankeschön des Gastes“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerhard Engelmann. Das ist auch in den meisten anderen Ländern so. „Die Trinkgeldbesteuerung wurde 2002, damals durch die Regierung Schröder, abgeschafft“, so der Jurist.

Wem gehört das Trinkgeld?

„Zunächst ist es eine Schenkung des Gastes, in der Regel an das Servicepersonal. Der Gast könnte das Trinkgeld aufteilen, wie etwa bei größeren Feierlichkeiten an Service- und Küchenpersonal“, rät Dr. Engelmann. Die Verteilung unter den Beschäftigten sollten grundsätzlich diese allein unter sich regeln.

Wie sieht es im Arbeitsrecht aus?

„Man sollte das Trinkgeld im Arbeitsvertrag nicht regeln. Auch sollte der Unternehmer oder der Betriebsleiter nicht bestimmen, wie hinsichtlich der Beschäftigten mit dem Trinkgeld zu verfahren ist“, so der Rechtsanwalt. Der Unternehmer sollte alles vermeiden, was in Richtung Vereinnahmung des Trinkgeldes geht: „Dies könnte sehr leicht durch die Finanzämter als Betriebseinnahmen mit entsprechender Versteuerung angesehen werden. Wenn der Unternehmer andererseits das Trinkgeld dann wieder an den Beschäftigten auszahlt, wäre es zusätzlicher Lohn und somit lohnsteuerpflichtig“.

So viel Trinkgeld ist international üblich:

  • Österreich: Üblich sind in Restaurants und Cafés fünf bis 10 Prozent, als Form von Wertschätzung. Der Betrag wird aufgerundet oder das Münzrestgeld dagelassen.
  • Italien: Die Italiener haben mit dem Coperto (ital., Gedeck) eine Servicegebühr, die auf den Rechnungsbetrag aufgeschlagen wird. Angemessen sind etwa fünf bis zehn Prozent des Rechnungsbetrages, die man bar auf dem Tisch liegen lässt.
  • Frankreich: In Frankreich ist auf der Rechnung meist eine Servicepauschale von 15 Prozent inkludiert. Die Servicepauschale ist am unteren Ende der Rechnung vermerkt – „Service compris 15 %. Die Franzosen lassen zudem „Pourboire“ (Trinkgeld) auf dem Tisch liegen. Es sei denn, die Etikette verbietet dies – was durch den Hinweis „Pourboire interdit“ (kein Trinkgeld) gekennzeichnet ist.
  • Spanien/Portugal: In südeuropäischen Ländern gibt es keine verbindliche Trinkgeldtradition. Über einen Obolus freut sich das Personal, etwa 5 bis 10 % des Rechnungsbetrags. Ein sehr klein aufgerundetes Trinkgeld, etwa von 9,95 € auf 10,00 €, gilt als unhöflich.
  • Skandinavien: In Schweden ist das Trinkgeld oftmals schon im Preis enthalten, sowohl in Hotels als auch in Restaurants. Auch in Dänemark ist Trinkgeld nicht üblich. Der Service freut sich aber über eine kleine Geld-Gabe.
  • Großbritannien: Üblich sind 10 bis 15 Prozent. Viele Restaurants addieren automatisch eine Servicegebühr zur Rechnung. In Bars und Pubs nur dann, wenn die Bedienung die Getränke bringt.
  • Irland: Ein Trinkgeld von 5 % bis 10 % im Restaurant, Pub oder Café ist normal.
  • Schweiz: Seit 1974 ist in der Schweiz der Service im Preis inbegriffen. Üblich ist trotzdem etwa 10 Prozent Trinkgeld.
  • USA: Auf der Rechnung wird die Steuer ausgewiesen und addiert, das Trinkgeld nicht. Es wird erwartet, dass man dem Service einen ‚Tip‘ von 15 – 20 Prozent überlässt. In Tourismusgebieten, insbesondere Orlando, Miami in Florida ist oft das Bedienungsgeld in der Rechnung enthalten – Hinweis “Tip is included”.
  • Kanada: Das Trinkgeld in Restaurants liegt in Kanada bei etwa 15 – 20 % und ist nicht in der Rechnung inkludiert. Steht auf Ihrer Rechnung jedoch „Tip/Gratuity included“, muss kein Trinkgeld gezahlt werden.
  • Mexiko: In Restaurants ist ein Trinkgeld von 10 bis 15 % üblich. Trinkgeld zu geben ist in Mexiko freiwillig. Für viele Mexikaner, die in der Dienstleistungsbranche tätig sind, ist das Trinkgeld ein wichtiger Teil ihres Einkommens. Man sollte darauf achten, ob auf der Rechnung eine Servicegebühr mit ausgeschrieben ist.

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