Gastronomen sehen sich selbst vielleicht nicht als Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise, doch wahrscheinlich ist ihnen gar nicht bewusst, wie sehr ihre Branche die privaten Essgewohnheiten der Verbraucher prägt.
Insofern könnten sie hier deutliche Zeichen setzen, wenn es ihnen gelingt, mit den neusten Entwicklungen Schritt zu halten und ihren Betrieb nachhaltig zu führen. Nicht zuletzt liegt es im ureigenen Interesse der Branche, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, denn schon heute ist in der Gastronomie deutlich spürbar, wie sich heißere Sommer und mildere Winter auf die Qualität und die Verfügbarkeit bestimmter Produkte auswirken.
Deshalb stellen wir hier acht Möglichkeiten vor, wie man den Wandel vorantreiben und das eigene Gastronomiegeschäft möglichst nachhaltig betreiben kann:
1) Regionale Produkte sind die richtige Wahl
Klingt eigentlich logisch: Lebensmittel, die in der Nähe des eigenen Betriebs angebaut oder bezogen werden, haben einen geringeren CO2-Fußabdruck als Produkte, die einen weiteren Weg zurücklegen mussten.
Regionale Produkte sind keine emissionsintensive Flugware und haben eine deutlich kürzere Handelskette zu den Kunden – und das verschafft dem eigenen Unternehmen mehr Transparenz. Daher rät Schroeder dazu, gute Beziehungen zu den eigenen Lieferanten zu pflegen, um Herkunft und Erzeugung der Lebensmittel besser nachvollziehen zu können.
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Stephan Leuschner, Leiter des Bereichs Ghost Kitchens, Gastronomiekonzepte und Broadcast bei Rational, sieht das ebenso „Das ist auf jeden Fall der wichtigste Punkt: Achten Sie wo immer möglich darauf, dass Ihre Lebensmittel nur kurze Wege zurücklegen.
2) Saisonal kochen
Regionale Produkte und saisonales Kochen bedingen sich eigentlich gegenseitig. „Saisonale Lebensmittel können nicht nur günstiger sein, weil sie aus der Region stammen – sie schmecken auch besser“, ist Leuschner überzeugt. „Wenn es nach mir ginge, sollte der Verkauf von Erdbeeren um Weihnachten herum verboten werden. Es ist doch irrsinnig, Produkte zu verkaufen, die in einer bestimmten Zeit bzw. Saison bei uns eigentlich nicht wachsen.“
Saisonale Gerichte kommen also nicht nur dem Planeten zugute, sie steigern auch die Kundenzufriedenheit, weil die Gäste eine größere Vielfalt an hochwertigeren Produkten genießen können. „Natürlich wird heute vielerorts international gekocht, trotzdem kann das Angebot auch saisonal abgestimmt sein,“ so Leuschner.
3) Die Abfallmenge im Auge behalten
In Restaurants lassen sich Abfälle nun mal nicht ganz vermeiden, ob bei Lebensmitteln oder sonstigen Materialien. Man kann aber durchaus dafür sorgen, dass der selbst verursachte Müll auf möglichst nachhaltige Weise entsorgt wird. Schroeder schlägt dazu vor, sich einmal die Lebensmittelpyramide der US-Umweltschutzbehörde EPA anzusehen und zu prüfen, an welchen Stellen sich der Abfall im eigenen Betrieb durch Kompostierung, Recycling oder Lebensmittelspenden bestmöglich reduzieren lässt.
„Fragen Sie bei Ihrem örtlichen Entsorger, wie der Abfall getrennt wird, und wechseln Sie gegebenenfalls zu einem umweltfreundlicheren Anbieter“, lautet ihr Rat. Das Thema Abwasser fällt häufig unter den Tisch, sollte aber genauso mit bedacht werden. Es ist nicht nur eine Frage der Verantwortung, sondern macht auch 30 % des Energieverbrauchs in Gewerbeküchen aus – eine weitere Stellschraube also, wo sich die Energiekosten senken lassen.
4) Die intelligente Küche
Richtige Planung und effiziente Arbeitsabläufe sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen Küche, meint Leuschner. „In meinen Anfangsjahren als junger Koch hat man sich kaum wirklich um Umweltthemen gekümmert. Morgens wurden die Öfen angeheizt, dann liefen sie rund um die Uhr auf voller Stufe, selbst wenn man sie nur zwei Stunden am Tag brauchte.“ Das wird heute nicht mehr so gehandhabt, sagt er und rät dazu, große Geräte in der Küche mit hohem Strom- und Wasserverbrauch nur einen Tag in der Woche einzuschalten, statt sie ständig laufen zu lassen.
5) Neue Technologie nutzen
Moderne Technik erleichtert nicht nur die Abläufe in der Küche, sondern senkt auch insgesamt den Energieverbrauch. „Geräte mit Strom statt mit Gas zu betreiben, ist auf jeden Fall eine Überlegung wert“, sagt Schroeder. Und der Strom im eigenen Betrieb sollte möglichst aus erneuerbaren Energiequellen stammen.
Leuschner weist darauf hin, dass ältere Kühlgeräte regelrecht Geld verbrennen, weil sie schlechter isoliert und ineffizient ausgestattet sind. Ebenso könnte man nach seiner Auffassung auf eine strombetriebene Klimaanlage verzichten, wenn es in der Küche sehr heiß wird. „Wenn man den Herd auf Induktion umstellt, würde deutlich weniger Hitze im Raum entstehen und es bräuchte vielleicht keine zusätzliche Kühlung“, sagt er.
6) Fleisch an sich muss nicht falsch sein
In den Diskussionen um den Klimawandel geht es häufig um die negativen Auswirkungen der Fleischproduktion und die damit verbundene Notwendigkeit, unseren Fleischkonsum zu reduzieren, um den Planeten zu retten. „Das Problem sind nicht das Essen an sich, sondern unsere Nachfrage nach billigen Proteinen, die es überall und in allen möglichen Formen gibt“, meint Leuschner.
Das Vieh wird mit Soja und Getreide gefüttert, um Kosten zu senken. Um diese Futterpflanzen anzubauen, muss aber Wald gerodet werden, und da es sich um Agrarprodukte handelt, verdoppelt sich der Ressourcenbedarf für die Fleischindustrie. Restaurants können etwas gegen dieses Problem tun, indem sie bei lokalen Fleischerzeugern mit nachhaltiger Viehaufzucht kaufen.
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Dadurch werden Fleischgerichte vielleicht teurer, aber auf diese Weise öffnen sich die Menschen eher auch mal den pflanzlichen bzw. „fleischlosen“ Gerichten – was an sich ja nicht verkehrt ist. Schroeder empfiehlt den Restaurants, mehr pflanzliche Gerichte auf die Speisekarte zu setzen, sodass die Gäste Anreize zu vegetarischem bzw. veganem Essen bekommen, ohne in ihrer Wahl eingeschränkt zu sein.
7) Mit unkonventionellen Produkten experimentieren
Unsere Gesellschaft ist so sehr an perfekt aussehende Produkte und hochwertiges Fleisch gewöhnt, dass wir darüber vergessen haben, dass auch unansehnliche Lebensmittel oder weniger ausgesuchte Fleischstücke gut schmecken können.
Gastronomen können ruhig auch mal „unvollkommene“ Produkte wie z. B. krumm gewachsenes Gemüse kaufen, um etwas gegen die Lebensmittelverschwendung zu tun. „Wir müssen einsehen, dass der Geschmack letztlich wichtiger ist als das Aussehen“, fügt Leuschner hinzu.
8) Ziele setzen – und einhalten
Lassen Sie sich von diesen Beispielen inspirieren und legen Sie Nachhaltigkeitsziele für Ihr Unternehmen fest. Dazu können Sie eine Checkliste nutzen, wie z. B. die der Green Restaurant Association in den USA und Kanada, oder Sie ziehen einen Gastronomieberater zu Rat. „Erstellen Sie einen Leitfaden für Ihre künftigen Entscheidungen, denn sie bringen nur etwas, wenn Sie sie auch umsetzen“, rät Schroeder. „Planen Sie Prüfungen ein, um zu sehen, ob Sie Ihre Vorsätze einhalten, und passen Sie gegebenenfalls Ihre Ziele und Vorsätze an. Die Kunden verlangen wirklich nach Transparenz und vernünftigen Lebensmitteln, und Nachhaltigkeit ist für beides wichtig.“