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The New age of food – Wie wird Convenience gemacht?

Von: Lesezeit: 7 Minuten

Wie wird Convenience gemacht? Worauf kommt es in der Produktion wirklich an? Wir bieten einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen dieser in Corona-Zeiten so zukunftsträchtigen Industrie – und verraten, was es mit Ghost Kitchens, Bratstraßen und Fleischwürflern auf sich hat.

Ein einziges Wort genügt – und in der Spitzengastronomie ist Feuer am Dach. Von „Kommt mir nicht in die Küche!“ bis hin zu „Wie soll’s denn anders gehen?“ hat, so scheint es, jeder Küchenkapazunder seine hochexplosive Meinung über das gastronomische Dynamit namens Convenience. Doch die überbordende gastrosophische Auseinandersetzung über ihren Segen und Fluch sowie die ermüdende Grundsatzdiskussion, was denn Convenience genau sei, mögen dieses Mal andere führen. Denn pragmatisch gesprochen steht seit Corona fest: Ausgerechnet das viel gescholtene Convenience-Segment könnte der (Spitzen-)Gastronomie langfristig aus der viralen Patsche helfen. Cloud Kitchens oder Ghost Kitchens – also Küchen ohne Gastraum, in denen transportfertige Spitzengerichte für den Endkunden zu Hause gezaubert werden – haben sich in der Krise als beinahe immun gegen den verheerenden Corona-Riegel erwiesen, der den klassischen Gastro-Betrieben vorgeschoben worden ist. Außerdem wurde klar: Wer das Schicksal seines Restaurants nicht den mickrigen Staatshilfen überlassen wollte, machte den Herd nach der ersten Schockstarre wieder an – und beliefert seine Kunden mit sorgsam verpackten (Fertig-)Gerichten, die zu Hause lediglich „gefinisht“ werden müssen.

Convenience food für Restaurants - Zukunft des Essens

Saubere Sache | Image: Monika Reiter

Convenience ist also das Gebot der Stunde – und umso mehr daher die Frage: Wie wird klassische Convenience genau hergestellt? Worin bestehen die unterschiedlichen Arbeitsschritte? Was kann die coronakrisengebeutelte Gastro von Convenience-Unternehmen lernen? Und was bedeuten die neuesten Produktionsbedingungen für die Zukunft des Kochberufs?

Damit die Dimensionen klar sind: Laut der Statistikdatenbank Statista beträgt der fürs Jahr 2020 veranschlagte Umsatz im Segment Convenience Food knapp sechs Millionen Euro. Das mengenmäßige Marktvolumen soll demnach im Jahr 2023 auf sage und schreibe 1,296 Millionen Kilogramm steigen, während für das kommende Jahr ein Umsatzwachstum von 2,7 Prozent vorausgesagt wird. So dick Conveniece im Lebensmittelbusiness ist, so wenig wird – vor allem öffentlich – darüber gesprochen. Das trifft auch und besonders für die Produktionsbedingungen und -techniken zu. Warum eigentlich?

„Wir produzieren am Tag zwischen 16 und 30 Tonnen, aufgeteilt auf 100 verschiedene Chargen.“ Dass Sätze wie dieser im ersten Moment verstörend klingen, ist also nicht weiter verwunderlich. Doch die ruhige Sachlichkeit, mit der Andreas Bach von Trend Meal sie vorbringt, macht klar: Hier geht’s um lang erprobte und ausgefeilte Arbeitsprozesse, die aus der Lebensmittel­industrie – vom Einzelhandel bis zur Gastronomie – nicht mehr wegzudenken sind. Im oberpfälzischen Wernberg-Köblitz gelegen, werden bei Trend Meals insgesamt rund 800 Produkte hergestellt, und das nicht nur für die Spitzengastronomie, sondern auch für Krankenhäuser und – glasweise – für Supermärkte.

„Die Convenience-Produktion beginnt ja streng genommen bereits mit dem Waren­eingang“, erklärt Bach. „Da findet sofort ein rigoroses Qualitätsmanagement statt, wo alle möglichen Dinge kontrolliert werden: Temperatur, Farbgrad, Druck, Größenmessung – es gibt unzählige Prüfungen für jedes Produkt.“ Anschließend werden die Waren „vereinnahmt“, wie Bach das nennt, heißt: mit einem internen Ticket versehen, sodass sie digital scanbar die einzelnen Produktionsetappen durchlaufen. So bleibt nachvollziehbar, wie lange das Produkt gelagert worden ist und wann es in die konkrete Zubereitungsphase geht. Die Ware wurde also etikettiert – und kommt jetzt erst einmal in eine Umpackschleuse, wo die Transportverpackung abgezogen wird. „Da geht es darum, hygienische Bedingungen innerhalb der Produktion zu gewährleisten“, präzisiert Bach. „Anschließend wird die Ware in interne Kisten mit Folien gelegt. Erst dann kommt sie in die Küche.“ Die erste Etappe also stellt zwei Dinge sicher: makellose Hygiene und maximale Transparenz. Zwei Dinge, ohne die die Convenience-Industrie sich nie in dem Maß hätte bewähren können, wie es heute bekanntlich der Fall ist.

Convenience food für Restaurants - Zukunft des Essens

Balanceakt für Profis | Image: Monika Reiter

Gulasch am Fließband

„Unsere High-End-Convenience für Gastronomie besteht zu einem immer größeren Teil aus Gemüse“, sagt Bach. „Aus dem einfachen Grund, dass wir es bissfester und schonender garen können, als es in anderen Küchen – auch unter zeitlichen Gesichtspunkten – möglich ist. Der Brokkoli beispielsweise wird nur kurz blanchiert, noch warm verpackt und dann sofort heruntergekühlt. Da wir keine Haltbarkeit gebenden Stoffe hinzufügen, können wir vergleichsweise nur geringe Mengen produzieren. Aber die Vorteile für jeden Küchenchef liegen auf der Hand: In der Küche selbst braucht der Brokkoli nur ausgepackt und gefinisht zu werden. Also ab in die Pfanne damit, Butter und vielleicht ein paar Mandeln dazu, anschwenken und fertig. Der Koch selbst“, resümiert Bach, „kann sich also auf seine individuelle Note konzentrieren, wir haben einfach nur sein Mise en Place übernommen.“ Weil: „Was macht es für einen Unterschied, von wem ein Brokkoli gegart wurde?“

Convenience food für Restaurants - Zukunft des Essens

Convenience mit unver­kenn­barer DNA | Image: Monika Reiter

Genau dieser pragmatische Zugang mit höchsten Ansprüchen kommt auch bei einem der „kulinarischen Allrounder“ von Trend Meals zum Zug. „Gulasch geht in jedem Segment“, sagt Bach. „Ob beim Event-Catering spätabends, als Personalessen in der Spitzengastronomie und im Hotelbereich oder im Klinikbereich – in Deutschland gibt es eigentlich keine Gelegenheit, wo Gulasch nicht passt.“ Im ungarischen Nationalgericht kristallisiert sich außerdem auf beeindruckende Weise heraus, wie die einzelnen, einerseits fragmentarischen, andererseits doch eng zusammenhängenden Arbeitsschritte in der ausgetüftelten Convenience-Industrie funktionieren. „Um das Gulaschfleisch im ersten Schritt zu schneiden, haben wir maschinelle Hilfe“, erklärt Bach. „Das ist eine Würfelmaschine, die nicht größer ist als zwei Koffer und in der Stunde 400 Kilo Gulaschfleisch in Würfel schneidet.“ Nota bene: Trend Meal produziert 80 bis 90 Tonnen Gulasch pro Jahr, diese Maschine – in die übrigens ein Mensch aus Fleisch und Blut das Gulasch­fleisch geben muss – hat also alle Hände voll zu tun. Das gewürfelte Fleisch wird dann in einen Tumbler – also eine Art Fleischtrommel – gegeben, wo es in 800-Kilo-Mengen gewürzt wird. Hier geht es nicht um reine Effizienz, sondern auch und vor allem um Qualität: „Man stelle sich vor“, erklärt Bach, „das würde von Hand gewürzt. Dann gäbe es Gulaschsuppen, die je nach Verpackung würziger oder salziger wären als die anderen.“ Auch dieser Schritt berührt einen entscheidenden Punkt der Convenience-Produktion: Die neuen technologischen Möglichkeiten gewährleisten Uniformität genauso wie Kalkulationssicherheit – ein betriebswirtschaftlicher Vorteil im Gegensatz zur ausschließlich händischen Zubereitung. Jetzt geht der maschinelle Wahnsinn erst richtig los: „Nach dem Würzen kommt das Fleisch auf die Bratstraße“, erklärt Bach. Eine Brat-was? Ja, eine Bratstraße. Die kann man sich vorstellen wie ein drei Meter langes Fließband, auf dem kleine Fleischstücke vor sich hin brutzeln. „Wir haben zwei Bratstraßen“, präzisiert Bach. „Eine aus Eisen mit Öl, wo wir den starken Röstcharakter erzeugen. Und eine aus Teflon, wo die angebratenen Fleischstücke weiter erwärmt werden. Parallel dazu wird in großen 1,5-Tonnen-Kesseln die Gulaschsauce zubereitet.“ Übrigens: In der großen, rund 20 Mitarbeiter zählenden Küche von Trend Meal gibt es – sozusagen vorgelagert – eine einzelne Abteilung, in der den ganzen Tag lang die Zutaten für die anderen Küchenposten abgewogen werden.

Aber zurück zum Gulasch: Im letzten Schritt kommen die einzelnen Gulaschportionen in den Beutel, wo das Fleisch noch ein bis zwei Stunden weitergart, bis es richtig schön faserig ist. Was fürs Gulasch gilt, trifft genauso für andere Schmor- und Bratgerichte zu: Sie zuzubereiten, ist zwar keine Hexerei, doch brauchen sie enorm viel Zeit und gehören in unseren Breiten – Fleischscham hin oder her – weiterhin zu den Lieblingsgerichten der Deutschen und Österreicher. Umso wertvoller ist daher ein qualitativ hochwertiges Convenience-Produkt – vor allem für die Gastronomie. Dass daraus nicht nur kulinarisches Kapital zu schlagen ist, hat ein Convenience-Unternehmen meisterhaft erkannt: die Fleischmanufaktur Aumaerk.

Convenience food für Restaurants - Zukunft des Essens

Meat me if you can | Image: Monika Reiter

Fleischgewordenes Staatsgeheimnis

„Eigentlich“, sagt Oliver Scheiblauer, „machen wir kein Convenience, sondern Mise en Place für Profis.“ Was nach kapriziöser Wortklauberei klingt, ist für den Spitzenkoch hinter der 2014 gegründeten Fleischmanufaktur ganz und gar sachliches Statement. Man könnte so weit gehen und behaupten: Wie kaum ein anderer verkörpert Scheiblauer in unseren Breiten die neue Generation von High-End-Convenience. Die Rezepturen samt Herstellungsprozessen wie dem in der Gastroszene mittlerweile legendären Schweinebauch bleiben zwar bestgehütetes Aumaerk-Geheimnis, doch eines sei verraten: „Von der Anlieferung der Lebensmittel bis zur Ablieferung des fertigen Produkts dauert es bei uns mindestens 192 Stunden“, sagt Scheiblauer. „Innerhalb dieser Zeitspanne passieren 19 Schritte wie zum Beispiel die Qualitätssicherung, die Vorreifung, Marinierung, Zubereitung, Nachreifung et cetera.“ Es ist erstaunlich: Das lieblose „Schnell-schnell“-Image von Convenience scheint hier so gar nicht am Platz, noch dazu im Wissen darum, dass in der Aumaerk-Küche zwischen sechs und zwölf Personen unter Scheiblauers Ägide am Werk sind. „Bei uns kann man natürlich nicht einfach drauf-los-arbeiten“, erklärt der Spitzenkoch, „alles ist strukturiert und mit den höchsten Hygienestandards verbunden.“ Doch wie Andreas Bach stellt auch Scheiblauer in gestandener Convenience-Manier klar: „Bei der Hygiene fängt alles an, bei der Hygiene hört alles auf. Außerdem haben wir so ein starkes Controlling, dass wir noch während der Produktion drei Schranken haben. Heißt: Jedes Stück muss einfach das geilste der Welt sein, wenn von einer Tonne 20 Kilo nur in Ordnung sind, kommen die weg.“

Den Mehrwert von Convenience sieht Scheiblauer vor allem im – historisch eher neuen – Phänomen der Spezialisierung einzelner Herstellungsprozesse: „Es gibt Manufakturen, die Produkte herstellen, die sie einfach wirklich sehr, sehr gut machen. Und wenn du als Küchenchef oder Gastronom etwas kaufen kannst, das unter allen Gesichtspunkten besser ist als dein eigenes Produkt – noch dazu in Zeiten des Fachkräftemangels –, dann musst du ja eigentlich blöd sein, wenn du das nicht kaufst. Das Problem: Vielen Köchen ist ihr eigenes Ego im Weg.“ Tatsächlich ist es Unternehmen wie Aumaerk zu verdanken, dass selbst der narzisstischste Koch seine hysterische Existenzangst gegen vor gezielt angebotener Convenience verliert. „Es ist ja so: Wenn man schlau produziert, lässt man dem Endkoch auch immer die Chance, seinen individuellen Touch beizugeben. Mache ich also beispielsweise ein Gulasch mit zu viel Majoran, grenze ich den Endkoch schon ein. Wenn ich ihm aber beim Gulasch die beste Qualität liefere und er selbst, wenn er will, noch Knoblauch oder Kümmel dazugeben kann, dann habe ich ein Convenience-Gericht, das auch für sich selbst stehen kann und perfekt ausbalanciert ist.“ Und welchen Zugang hat Scheiblauer selbst zu seinem Beruf als Meister über das Mise en Place für Profis? „Das Schöne ist, dass ich meine DNA versprühen kann. Außerdem ist es für mich als Koch die allerkreativste Zeit, die ich jemals gehabt habe“, schwärmt Scheiblauer von seiner Veredelungstätigkeit. „Einfach, weil ich mit meinen Produkten ständig neue Gerichte entwickeln kann und die Kunden, darunter namhafte Sterneköche, mir sagen, wie geil das ist.“

Convenience food für Ghost Kitchens

Image: Monika Reiter

Welche Bestandsaufnahme zur aktuellen – und zukünftigen – Convenience-­Produktion lässt sich also aus den Zugängen von Trend Meals und Aumaerk ableiten? Klar, das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine ist bei Trend Meals ein intensiveres als bei Aumaerk, wo im Prinzip das (spitzen-)gastronomisches Mise en Place einer klassischen Küchencrew neue Maßstäbe setzt. Doch wie Andreas Bach klarmacht: Je spezifischer das Convenience-Angebot, desto eher wird die Produktion in Zukunft mit vollautomatischen Prozessen ausgestattet sein. Ob das im High-End-Sektor möglich ist, wird sich weisen. Die technologischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte lassen es zwar vermuten. Doch der Erfolg von Unternehmen wie Aumaerk legt gleichzeitig den Schluss nahe, dass der Convenience-Sektor sich – ähnlich wie gastronomische Betriebe – konzeptuell präziser aufstellen wird, um mit dem Image einer gewissen „Conve-
nience-Romantik“ zu punkten. Heißt: dass ein Koch aus Fleisch und Blut auch abseits der Endküchen in Spitzenrestaurants nicht von Maschinen ersetzt werden wird. Wie es aussieht, wird rund um das ach so explosive Convenience-Thema also doch etwas heißer gekocht als gegessen. Keine schlechten Aussichten eigentlich.

 

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