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Food Trend Zero Waste – Auf die Teller statt in die Tonne

Von: Lesezeit: 4 Minuten

Gastronomen und Unternehmen entwickeln spannende Konzepte, um die Lebensmittelverschwendung und den Müll zu reduzieren. Trotzdem ist beim Foodtrend Zero Waste noch viel Luft nach oben, sagt Trendforscherin Hanni Rützler.

Es ist Freitagnachmittag. Wir kommen vom Supermarkt nach Hause, stellen die Einkaufstüte voller Lebensmittel auf den Tisch, packen den Inhalt aus und werfen einen Teil davon direkt in den Müll. Kaum denkbar, oder? Leider doch. Und es ist sogar noch schlimmer als bislang angenommen. Denn die Zahl der genießbaren Lebensmittel, die es nicht auf unsere Teller schafft, ist gestiegen. Nach Angaben des WWF Reports „Driven to Waste“ werden statt der bisher geschätzten 33 Prozent rund 40 Prozent aller produzierten Lebensmittel nie gegessen. Dadurch gehen weltweit jährlich 2,5 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel verloren, wenn man die Einbußen vor, während und direkt nach der Ernte bzw. vor der Schlachtung mit einrechnet.

Spaghetti und andere Lebensmittelabfälle auf einem grauen Mülleimer.

Image: AdobeStock | Andrea

Da geht mehr – wenig Fortschritt bei Zero Waste

Dabei ist Lebensmittelverschwendung ein Thema, das uns schon lange beschäftigt. Hanni Rützler etwa zeigte bereits 2013 im ersten „Food Report 2014“ mit dem Trend Re-use Food Lösungen auf. Gemeint war damit eine Art „Essenrecycling“ oder „Food Upcycling“, indem man Reste wie Schalen, Blätter oder Kerne verwertet, statt entsorgt. Das Konzept dahinter ist aber nicht neu. Bereits zu Zeiten unserer Großeltern wurde das Prinzip angewendet und aus altem Brot Paniermehl gemacht und Gemüseschalen und -abschnitte zu einer leckeren Suppe verkocht.

Schon damals richteten sich die Appelle hauptsächlich an die Verbraucher. Man könnte also annehmen, wir hätten genug Zeit gehabt, um das Problem anzugehen. Doch obwohl das Bewusstsein für Lebensmittelverschwendung gewachsen ist, zählt Zero Waste auch 2024 zu den wichtigsten Food Trends. Woran liegt das? Und was hat sich in den letzten zehn Jahren getan?

Nicht genug, meint die Food-Expertin: „Wir haben viele Studien dazu gemacht, haben heute genauere Zahlen und können diese besser vergleichen. Es gibt auch ein paar wirklich tolle Produkte, aber die Entwicklung schreitet nur sehr langsam voran.“

Trendforscherin Hanni Rützlers Meinung zum Zero Waste Trend

Image: Julietta-Kunkel

Verstärktes Bewusstsein für Nachhaltigkeit

Die Krisen der vergangenen Jahre, sprich: die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die extreme Trockenheit im Süden Europas, sowie die Lieferkettenproblematik und die hohe Inflation haben das Problem zweifellos verstärkt. Gleichzeitig führten sie aber auch dazu, dass das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung gewann.

Allerdings reicht es nicht, nur die Konsumenten in die Pflicht zu nehmen, sagt die Expertin. Gefordert seien vor allem auch die Lebensmittelwirtschaft und die Politik. Denn die Verschwendung von Lebensmitteln ist nicht nur in Anbetracht der hungernden Bevölkerung verwerflich. Nahrungsmittel, die nicht konsumiert werden, beschleunigen auch den Klimawandel, weil sie, wie Rützler im Food Report schreibt „zu unnötigen CO2-Emissionen, Land- und Wasserverbrauch und Biodiversitätsverlust führen.“ Der Zero-Waste Trend stellt daher, im Gegensatz zu Re-use Food, die gesamte Lebensmittelkette von der Landwirtschaft über die Lebensmittelindustrie bis hin zum Handel und der Gastronomie in den Mittelpunkt und kann so als Weiterentwicklung gesehen werden.

Zero Waste in der Gastronomie – Mission Possible

Als eines der ersten abfallfreien Restaurants weltweit machte das Silo in der englischen Küstenstadt Brighton von sich reden. Bereits seit 2014 setzt man dort ausschließlich auf saisonale Produkte sowie lokale Produzenten. Dadurch kommt man ganz ohne Zwischenhändler aus. Und ohne Verpackungen. Denn die Waren werden in Mehrwegbehältern geliefert. Was nicht unverpackt gekauft werden kann, macht man selbst. Etwa in der hauseigenen Brauerei, Rösterei und Bäckerei.

 

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Gegessen wird von Tellern, die in ihrem vorigen Leben Plastiktüten waren, getrunken wird aus Marmeladegläsern. Doch nicht nur kulinarisch wird Zero Waste hier gelebt, auch die Einrichtung besteht aus Upcycling- und Recycling Möbeln.

Und der nachhaltige Umgang mit Lebensmitteln findet immer mehr Nachahmer. „Speziell in Nordeuropa gibt es einige Zero Waste Gastronomien, die, je nachdem, was die Saison und die Region hergeben, entscheiden, was gekocht wird. Fixe Speisekarte gibt es keine, das ist Teil des Konzepts“, erzählt die Food-Trend-Expertin.

Less Food Waste bis 2030

Mittlerweile haben sich auch große Lebensmittelhändler dem Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung verschrieben. Die 10 x 20 x 30 – Initiative ist ein Zusammenschluss von zehn der weltweit größten Lebensmittelhändler und -anbieter, die jeweils 20 ihrer Lieferanten dazu verpflichtet haben, Lebensmittelverluste und -abfälle bis 2030 zu halbieren. Die Ingka-Gruppe, IKEAS größter Einzelhändler, zählt zu den Vorreitern dieser Initiative. Ihr gelang es bereits 2022 als erstes globales Unternehmen die Lebensmittelverschwendung in ihren Restaurants in 32 Märkten um 54 Prozent zu reduzieren. Damit beweist die Ingka-Gruppe, dass das UN-Ziel 12.3, das auf eine weltweite Halbierung der Lebensmittelabfälle im Handel und auf Konsumentenebene abzielt, durchaus zu erreichen ist.

verschiedene Lebensmittelabfälle in einer Mülltonne

Image: Fotolia | highwaystarz

Aus Zero Waste wird Circular Food

Noch einen Schritt weiter geht der Circular Food-Trend, der als Fusion der beiden vorangegangenen Trends gesehen werden kann. Dabei versucht man nicht nur, Müll zu reduzieren oder zu vermeiden, sondern Abfall erst gar nicht entstehen zu lassen und den Blick auf den gesamten Produktzyklus unserer Lebensmittel zu richten. „Ein Beispiel sind Öle, die aus den Kernen von Trauben gemacht werden. Hier werden Reste nicht mehr als Waste, also als Abfallprodukt wahrgenommen, sondern als wertvolle Ressource, die in den biologischen Kreislauf zurückgeführt wird“, erklärt Hanni Rützler. So entstehen mittlerweile sehr spannende neue Ideen, wie man Food Waste nicht nur als Tierfutter oder für Biogasanlagen verwenden kann, sondern zu neuen Lebensmitteln verarbeitet.

Die Schweizer Brauerei Locher aus Alpenzell etwa stellt unter der Marke Brewbee aus den Nebenprodukten des Brauprozesses Pizza, Müsli, Chips, ja, sogar Fleischalternativen her. Und sorgt damit dafür, dass Hopfen und Malz nicht verloren sind. In den Niederlanden hingegen, gibt das Unternehmen PeelPioneers, das 2016 gegründet wurde, Orangenschalen eine zweite Chance. Bis dahin war es üblich gewesen, die Reststoffe, die tonnenweise in Saftpressen landeten, einfach zu verbrennen. Heute verarbeitet PeelPioneers sie in Europas größter Schalenfabrik unter anderem zu Bindemitteln und Ölen. Die Lebensmittelindustrie verwendet diese für Produkte wie Bier, Limonade, Muffins oder Schokolade, sie kommen aber auch in Kosmetika oder Waschmittel zum Einsatz.

 

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Das sind jedoch nur einige Beispiele für den vielversprechenden Zero Waste und weiterentwickelten Circular Food-Trend. In Zukunft wird man uns hoffentlich noch viel mehr innovative Lösungen auftischen, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern.

 

Food Report 2024:
„In Krisenzeiten entstehen keine neuen Food Trends“, sagt Hanni Rützler, Autorin des alljährlich erscheinenden „Food Reports“. Sie bleiben aber in Bewegung, entwickeln sich weiter, spiegeln die Herausforderungen unserer Zeit wider und zeigen Lösungen auf. An dieser Stelle servieren wir Euch daher häppchenweise die Food Trends aus dem aktuellen Food Report 2024.

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