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Wortmagie oder klare Fakten – Der perfekte Ton für die Speisekarte

Von: Lesezeit: 4 Minuten
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Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das gilt nicht nur für den Gast sondern auch für den Küchen- und Restaurantchef. Was kommt auf die Speisekarte und wie. KTCHNrebel hat sich umgehört, wie wichtig die Gestaltung einer Menükarte als appetitmachende Visitenkarte eines jeden Restaurants ist. Und das sei gleich gesagt: Nicht nur das Sternerestaurant auch der Burgerladen präsentiert mit dem Wording auf der Karte wortwörtlich seine Gastrophilosophie und wofür er steht.

Wie also formuliert man seine Menü-Ideen heutzutage am wirkungsvollsten? Wie bringt man den Gast schon bei der (Online-)Reservierung kulinarisch zum Träumen – und zwar einen Traum, der beim Besuch in Erfüllung gehen muss. Denn eines ist klar: Wenn die Speisekarte und das, was das Gast auf dem Teller findet, nicht zusammenpassen, ist Enttäuschung vorprogrammiert.

KTCHNrebel hat Sascha Barby, VP Live Customer Experience bei der Rational AG, dazu ausgefragt. Barby kennt sich nicht nur aus Managementsicht mit der Thematik bestens aus; er hat auch selbst ein Restaurant geführt und entscheiden müssen, ob sich eine „Masque de Porc roulé“ als Vorspeise verkaufen lässt oder nicht. (Es sei verraten, dass die Röllchen aus der Schweinemaske, also der Haut des Kopfes, reißenden Absatz fanden.)

Minimalismus — Speisen pur

Die Anforderungen an Inhalt, Design und Sprache einer Speisekarte sind hoch. Das gilt für jede Art der Gastronomie vom Fine Dining über Casual Dining bis hin zur System- und Fast Food Gastronomie. Wie viele Gerichte gehören ins optimale Angebot? Was ist zu viel Auswahl, was zu wenig? Welche Informationen verlangt der Gast, und welche möchte der Küchenchef preisgeben? In welcher Tonalität sollen sie präsentiert werden? Bei allem, was die Speisekarte offenbart, muss das Restaurant-Team die Erwartungen und Reaktionen seiner Gäste vorausdenken. Jede Speisekarte hat ein immenses Potential: Sie kann den Gast einladen, mit Freude sein Essen zu bestellen, oder ihn schon zu Beginn seines Restaurantbesuches so abschrecken, dass ihm die Lust aufs Ess-Erlebnis unverzüglich vergeht.

Generell, so Sascha Barby, möchte der Gast heute am liebsten in Ruhe gelassen werden. Das heißt für die Speisekarte: Minimalismus ist im Trend! Lesen will der Gast zu Hause – oder nebenbei auf dem Smartphone. Die Bestellung des Essens soll sich effizient gestalten und nicht durch viel Tamtam unnötig kompliziert werden.

„Weniger ist Mehr“

Auch der kanadische Küchenchef Michael Robbins hat sich zur Eröffnung seines Restaurants „AnnaLena“ in Vancouver 2015 alle Mühe gemacht: Die Location gesucht, Logo und Namen kreiert und selbstverständlich ein individuelles Konzept entwickelt und getestet, was er seinen Gästen kochen wird. Nur, genau das muss er ihnen natürlich beschreiben – so überzeugend wie möglich. Denn bei allem schönen Design soll auch seine Speisekarte vor allem eins: verkaufen.

 

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Michael´s Devise für seine Neueröffnung war und ist „Weniger ist mehr“! Er wollte sein Angebot nicht hinter Worten verstecken sondern klar und direkt sagen, was auf den Teller kommt. Aktuell erwartet seine Gäste ein wöchentlich wechselndes Mehrgängemenü bestehend aus saisonalen und lokalen Produkten.

Das Menü des AnnaLena ist für Sascha Baby ein gelungenes Beispiel. Der Gast verlangt heute nach klaren Informationen: welches ist die Hauptkomponente eines Gerichts, wie ist sie zubereitet und welche Beilagen gibt es dazu. Barby ist überzeugt „Je reduzierter, ja geradezu simpler die Informationen umso besser. Wer mehr wissen möchte, fragt den Service. Das ist sogar besonders gewünscht. Jeder, der eine Bestellung entgegennimmt, sollte die Gerichte unbedingt selbst gut kennen, am besten sogar probiert haben, und sich mit dem Gast darüber unterhalten können. Das weckt Vertrauen und schafft Nähe zum Kunden.“

Selbst in der gehobenen französischen Gastronomie ist dieser Trend angekommen. Auf der Karte des Restaurants Ganymed in Berlin stehen sachlich knapp zur Wahl: „Octopussalat, Limonenfenchel, Schwarze Sesamcreme“ oder „Nudeln mit gebratenen Riesengarnelen in Ricard-Tomaten-Sauce“. Man lese und staune: Das Le Faubourg formuliert ähnlich dem kanadischen Beispiel noch prägnanter „RIND – Brust, Karotte, Porto Bello, Rotwein, Speck“ und RIND Rücken & Herz, Sellerie, Bohne, Rauch“. Selbst hier muss also der Gast nicht den Langenscheidt oder Googleübersetzer bemühen, um französische Speise-Bezeichnungen zu verstehen. Er bekommt keine Rätsel serviert, sondern Qualität.

Besondere Qualitäten und Zutaten übrigens sollte eine moderne Speisekarte durchaus hervorheben: „Bretonischer Steinbutt per Hand geangelt“ gibt es nicht allerorts. Das muss der Gast wissen, denn die besondere Zutat steht für den besonderen Anspruch des Küchenchefs und rechtfertigt einen höheren Preis gegenüber herkömmlichem Fang aus der Ostsee.

Auch ein besonderer Ton, der zum Konzept passt, ist erlaubt. In vielen Start Ups wird die Speisekarte zum Teil des Gastrotainments: Der Chef erzählt von seinen Ideen, seiner Foodphilosophie, seiner Lieblingsmusik und und und…

Bio, vegan und regional: Die Menükarte und das Klima

Egal, ob in der Sternegastronomie oder beim Casual Dining im englischen Pub, beim Heurigen, in der italienischen Pizzeria oder im amerikanischen Burgerladen auf die Verwendung regionaler Zutaten darf ein Restaurant auf der Speisekarte explizit hinweisen – und stolz darauf sein. Büffelmozzarella aus der Region, Rind aus Südtirol oder Gemüse aus dem eigenen Garten.

Wie beim Einkauf im Fischladen oder an der Fleischtheke im Supermarkt interessiert sich der Gast im Restaurant immer mehr für die Herkunft seiner Mahlzeit. Während vor einigen Jahren, das argentinische oder US-Beef für Qualität standen, spielt heute das Umweltgewissen beim Fleischkonsum eine große Rolle. Wer will schon im Steakhouse seinen CO2-Footprint vergrößern? Die bekannte Food-Expertin Hanni Rützler fasst den Trend mit dem Satz zusammen „Wir definieren uns mehr und mehr darüber, was wir essen – und vor allem, was wir nicht essen.“

Sascha Barby im KTCHNrebel Interview zum tema speisekarten

Sascha Barby

Das Stichwort Nachhaltigkeit wirkt daher auch beim Essen immer stärker. Das kommt nicht von ungefähr: Immerhin gehen 31 % des gesamten Treibhausgase weltweit aufs Konto der Ernährung. Das ist mehr als durch Mobilität und Wohnen zusammenkommt. (Quelle: Erfolg mit V. Janika Kleine, Albert Schweitzer Stiftung). Die Antwort vieler Restaurants auf den Wunsch der Gäste, sustainable zu schlemmen, sind vegetarische und vegane Angebote. Die Zeiten, in denen sich diese auf einer Extra-Karte versteckt wiederfanden, sind lange vorbei, denn auch Flexitarier wählen oft die klimafreundlichere Alternative. Deshalb sind Hinweise auf Eaternity-Meals oder den sogenannten Klimateller dem bewussten Gast sehr willkommen. Der Klimateller ist ein Prädikat des deutschen Bundesumweltministeriums. Gastronomen können seit Februar 2019 ihre Gerichte prüfen und zertifizieren lassen.

Ob sich dieser Trend durchsetzt und der Klimateller bald auf vielen Speisekarten steht? Restaurantchefs, die ihr Ohr am Markt haben, werden es entscheiden.

Mit diesen Tipps und Ideen gestaltest du Deine Speisekarte ansprechend:
  1. Finde deinen individuellen Ton
    Dieser sollte zu deinem Konzept und deiner Zielgruppe passen! Wer ist deine Zielgruppe? An ihr orientierst du dich bei der Gestaltung deiner Speisekarte. Ein junges Burger-Publikum braucht eine schlichte, moderne Sprache, der Gast im gutbürgerlichen Ambiente erwartet weiterhin bekannte Gerichte und eine bodenständige Ansprache auf der Karte und natürlich will der Gast im Sternerestaurant am Ende doch den gewissen Kick des Besonderen auf dem Menü finden.
  2. Weniger ist mehr
    Das gilt für die Auswahl an Speisen generell, aber auch für die Informationen, die du dazu auf deiner Menükarte gibst. Der Gast muss wissen, welche Zutaten verarbeitet werden. Ergänzt durch Hinweise auf die Herkunft und selbstverständlich den Preis.
  3. Klar und übersichtlich
    Achte auf eine klare übersichtliche Form und gib der Speisekarte einen roten Faden, also nicht mal blumig, mal prägnant. Das irritiert nur unnötig.
  4. Weniger ist mehr – auch bei der Speisenauswahl
    25 verschiedene Hauptgerichte vermitteln nicht den Eindruck von frischer Zubereitung und Qualität.
  5. Lass deine Speisekarte sprechen
    Last but not least: Zeig´ mit deiner Speisekarte, wer du bist und wie gut du bist – ohne ausdrücklich zu sagen „Ich bin toll“!

 

Achtung bei virtuoser Klangkreativität!

Barby kennt auch die Don´ts einer erfolgreichen Speisekarte. Hier eine Liste der wichtigsten:

  1. Bloß keine blumigen Drumherum-Beschreibungen, keine Anhäufung von Adjektiven, vor allem solcher, die doch immer nur dasselbe ausdrücken.
  2. Achtung bei vermeintlich trendigen Bezeichnungen: Ein „Cappuccino von Steinpilzen“ für eine Steinpilzsuppe ist mittlerweile so out, dass die Gäste schon beim Lesen der Vorspeisen einschlafen…
  3. Speisen, die die Küche selbst bewertet, wecken Argwöhn: Deshalb keine Anhäufung vermeintlich appetitanregender Adjektive. Ob ein Gericht lecker, schmackhaft oder gar außergewöhnlich ist, beurteilt der Gast am liebsten selbst.
  4. Verzichte auch auf fremdsprachige Umschreibungen, die ohnehin die wenigstens Gäste verstehen.
  5. Der passende lockere Ton auf der Karte eines Szenelokals oder eines In-Treffs ist großartig, aber keine versucht lustigen Sprüche, keine eigenen Wortkreationen, bei denen keiner mehr weiß, was auf den Tisch kommt. Kurz gesagt: Kreativität ist beim Küchenchef gefragt, nicht auf der Speisekarte.

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