Ihr Browser ist veraltet. Es kann sein, dass nicht alle Funktionen dieser Websites angezeigt werden. Wir empfehlen, einen dieser Browser oder Versionen zu verwenden Mozila Firefox oder Google Chrome

Connect
To Top

Angebot und Nachfrage: Die Wiederherstellung der globalen Lebensmittelversorgungsketten

Von: Lesezeit: 4 Minuten
Nächster Artikel Müllvermeidung mit Genuss

Während sich die Welt allmählich von der Pandemie erholt, halten die Verwerfungen in den globalen Lieferketten die gesamte Gastronomie in Atem – und stellen Restaurants vor massive Probleme.

Die Gastronomiebranche war in den vergangenen Jahren von so mancher schweren Krisen gebeutelt. Klimawandel, coronabedingte Lockdowns oder der damit verbundene Personalmangel sind nur einige Beispiele, die diese unruhigen Zeiten prägen.

Leeres Restaurant aufgrund von Personalmangel bedingt durch Corona

Image: Shutterstock | artjazz

Doch nun, da sich die Welt langsam von der globalen Pandemie erholt, wird die ohnehin angeschlagene Branche noch durch ein weiteres Problem belastet: die Störungen in den Lieferketten. Sie entstehen u. a. durch die fortlaufenden Gesundheitskontrollen, die im Zuge der Pandemie eingeführt wurden und die Lieferungen von Lebensmitteln und Grundstoffen behindern.

Laut einer Umfrage des US-Gaststättenverbands National Restaurant Association vom September waren 95 % der Restaurantbetreiber in den USA in den letzten drei Monaten von Lieferverzögerungen oder Engpässen bei wichtigen Lebensmitteln und Getränken betroffen. Weitere 75 % waren wegen dieser Lieferkettenprobleme gezwungen, ihre Speisekarte umzustellen.
Ob Schnellrestaurants, Casual Dining, Fast-Casual oder Edelgastronomie, ob Hotels, Sport, Bildung, Gesundheitswesen oder Geschäftswelt – es gibt im Grunde kein Segment in der Gastronomie, das von den Komplikationen der Lieferketten verschont geblieben ist. „Im Foodservice sind praktisch alle Bereiche erheblich betroffen“, meint William Bender FCSI, Gründer und Leiter der Gastronomieberatungsfirma W.H. Bender & Associates. Knappe Vorräte oder Lieferverzögerungen betreffen alle Produkte und Dienstleistungen, die von Betreibern und Verbrauchern benötigt oder nachgefragt werden.“

So musste etwa McDonald’s im August bekanntgeben, dass Milchshakes und Tafelwasser in England, Schottland und Wales nicht verfügbar sind. Der US-amerikanische Fast-Food-Riese steht damit nicht allein da – auch die Hühnchen-Imbisskette Nando‘s hat wegen fehlender Waren vorübergehend Filialen geschlossen. Die koreanische Fast-Food-Kette Lotteria wiederum musste Pommes frites durch Käsesticks ersetzen und KFC in den USA hat wegen der unterbrochenen Logistikkette seine Chicken Wings von der Speisekarte gestrichen. Das Problem ist also buchstäblich weltumspannend.

Aktuell sind Chicken Wings in einigen Restaurants Mangelware

Image: AdobeStock | Brent Hofacker

Der Teufelskreis

Von dieser Krise ist kein Glied in der Gastronomie-Lieferkette verschont geblieben, erklärt Karen Malody FCSI, Gründerin und Präsidentin der Foodservice-Beratungsfirma Culinary Options in Portland (Oregon).

„Betroffen ist jedes einzelne Rädchen, das für den Betrieb in der Gastronomie erforderlich ist. Dazu zählen auch die Verpackungsunternehmen, die weder Lebensmittelbehälter herstellen können, noch geeignete Mitnahme-Behälter liefern“, erläutert sie weiter.

In der Versandhalle stapeln sich die Pakete aufgrund mangelnder Lieferfähigkeit der Komponenten

Image: RATIONAL AG

„Das Vertriebsnetz ist wegen des Fahrermangels unterbrochen und die Hersteller von Waren und Lebensmitteln sind vielfach personell unterbesetzt. In der Summe erleben wir dann Engpässe bei lebenswichtigen Gütern. Oftmals kommen die Betreiber kaum mehr an Reinigungsmittel, die inzwischen aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen unverzichtbar sind. Das alles treibt die Preise auf allen Ebenen in die Höhe, und am Ende der Fahnenstange stehen die Verbraucher, die mehr bezahlen müssen. Das ist ein Teufelskreis.“

Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der weltweit dramatisch zunimmt. „Man muss in aller Deutlichkeit feststellen, dass die Versorgungslage der Beschäftigten in der Gastronomie einen kritischen Punkt erreicht hat“, so Malody.

Der Brexit verschärft die Krise

Während die Welt nach der schmerzlichen, schier endlosen Pandemiephase und den einzelnen Lockdowns langsam wieder auf die Beine kommt, hatten Restaurants überall auf dem Globus mit erheblichen Lieferverzögerungen zu kämpfen. Doch nirgendwo war es so schlimm wie in Großbritannien nach dem Brexit.

Der Austritt der Briten aus der EU brachte zahlreiche Komplikationen an den Grenzen und in Zoll- und Visaangelegenheiten mit sich. Da nicht genügend Lkw-Fahrer verfügbar sind, können Lebensmittel nicht ausgeliefert werden, und wegen des Mangels an saisonalen Arbeitskräften bei der Obst- und Gemüseernte (denn mehr als 200.000 europäische Arbeitskräfte sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt) verderben tonnenweise Frischerzeugnisse.

Personalmangel verhindert die Verschiffung der Waren per Containerschiff und damit die Aufrechterhaltung der Lieferketten

Image: Shutterstock | Avigator Fortuner

Es fällt in der Tat schwer, den aktuellen Herausforderungen für den gesamten Foodservice-Sektor etwas Positives abzugewinnen. Die Geschäfts- und Gewerbebetreiber, Führungskräfte und Manager, mit denen Bender gesprochen hat, kämpfen nach eigenen Aussagen immer noch ums Überleben. „Man ist nur damit beschäftigt, bis zum Ende der Schicht oder der Woche durchzuhalten. Eine Besserung der Lage erwarten sie erst Mitte 2022“, so Bender.

Die Risse in den Lieferketten haben dagegen einige Entwicklungen beschleunigt, die sich bereits vor der Corona-Pandemie abgezeichnet hatten. Als Reaktion auf die Klimakrise gehen Köche immer mehr dazu über, eng mit lokalen Erzeugern zusammenzuarbeiten und Rohstoffe mit kürzeren Transportwegen einzusetzen. So ist in jedem Fall eine dauerhafte Versorgung sichergestellt – ebenso wie das Einkommen der Landwirte.

Ein Beispiel dafür ist Eneko Atxa, Chefkoch des Drei-Sterne-Restaurants Azurmendi Spain in Bilbao, der die meisten Erzeugnisse für seine Küche aus regionalen Quellen bezieht.
„Diese Art von Kreislaufwirtschaft liegt in der Gastronomie derzeit voll im Trend, aber für mich war es schon immer sinnvoll, mit Menschen aus unserem nächsten Umfeld zu arbeiten, denen wir täglich begegnen“, erklärt er dazu.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Azurmendi Restaurant (@azurmendi_atxa)

Auch wenn es derzeit kein Patentrezept für die Probleme gibt, so rät Malody den Betreibern zumindest zu einer mehrgleisigen Strategie. „Zum einen sollte man eng mit den Lebensmittelhändlern zusammenarbeiten. Darüber hinaus sollten die Speisekarte reduziert und vermehrt Zutaten eingesetzt werden, die verlässlich verfügbar sind, also auch neue Produkte, mit denen man sich zuvor nicht befasst hat“, sagt sie. „Und lieber die Betriebszeiten insgesamt kürzen, um optimale Leistungen während der tatsächlichen Servicezeiten zu ermöglichen. Planen Sie mit allen Lieferanten im Voraus, um mit den verfügbaren Produkten kalkulieren zu können, und stimmen Sie Angebot und Personal entsprechend darauf ab. Kündigen Sie den Beteiligten Ihren voraussichtlichen Bedarf an.“

Koch muss seine Menükarte aufgrund von Lieferengpässen kürzen

IMAGE: AdobeStock | SYDA PRODUCTIONS

Nach Benders Ansicht braucht die Branche einige größere Veränderungen und muss die aktuellen Probleme stets im Blick haben. „Die Gastronomie wird sich auf intelligente, sinnvolle Konzepte sowie betriebliche Veränderungen beim eigenen Standort, bei den Abläufen, der Marke und natürlich der Personalführung einstellen müssen“, so Malody. „Wir müssen alle Gewohnheiten, Umgangsformen und Verfahren neu ausrichten, Vertrauen dafür schaffen und letztlich transparent vorleben, um die Sicherheit des Personals, Lebensmittelsicherheit, Hygiene sowie Reinigungs- und Desinfektionsstandards hundertprozentig zu gewährleisten.

Trotz all der frustrierenden Erlebnisse und Hemmnisse sollten die Betreiber nach Malodys Ansicht vor allem positiv bleiben und dem Personal besondere Aufmerksamkeit schenken. „Nie war das Bedürfnis nach Gemeinschaft, positivem Umgang und solidarischem Miteinander so groß wie heute“, sagt sie abschließend.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More in Food Management