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Reffen Streetfood Markt: die ganze Welt auf einer Insel

Von: Lesezeit: 4 Minuten
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Streetfood ist in aller Munde. Eines der prominentesten Beispiele, weil im Gastro-Eldorado Kopenhagen beheimatet, ist Reffen – der größte Streetfood-Markt Nordeuropas, der hier im Mai 2018 seine Pforten öffnete.

Auf der Insel Refshaleøen, von der der Name des Outdoor-Marktes sich ableitet, teilen sich über 40 verschiedene Mini-Restaurants und Start-ups eine 10.000 Quadratmeter große Industriebrache am Wasser. Von Juni (bedingt durch die Covid-19 Situation) bis Ende Oktober tummeln sich hier Tausende Einheimische und Touristen. Hinter den Kulissen: Der Gastronom Jesper Møller, der zuvor in der dänischen Hauptstadt schon mit einem ähnlichen Projekt auf der Insel Papiroen von sich reden gemacht hatte. Die dort gewonnenen Erfahrungen haben Møller geholfen, mit Reffen eine florierende Food-Stall-City zu gründen. Und das Potenzial des Projekts scheint noch lange nicht ausgereizt.

Es gibt zwei Möglichkeiten, von der Kopenhagener Innenstadt auf die Insel Refshaleøen zu kommen. Entweder man nimmt den Weg über Land – die Hafeninseln sind dank der Inderhavnsbroen, der Inneren Hafenbrücke, inzwischen gut zu erreichen – oder man setzt mit dem Boot über. Für Food Lover empfiehlt sich die Tour über Land mit dem Fahrrad, eine gemütliche Viertelstunde, in der man en passant beim legendären Noma und der Zero-Waste-Institution Amass vorbeischauen kann.

Jesper Møller ist der Gründer von Reffen einer florierenden Food-Stall-City.

Jesper Møller / Image: Rolands Varsbergs Reffen PR

Reffen liegt ein bisschen versteckt hinter einer großen Kletterhalle, doch die Pilgergrüppchen hungriger und neugieriger Streetfood-Liebhaber weisen den Weg. Den Eingang bilden, ganz stilecht, zu einem Tor gestapelte Container. Auf dem kleinen Vorplatz wartet Brandis Brandsdottir, eine junge Isländerin, und gibt erste Orientierung. „Wir haben Reffen in zwei Bereiche aufgeteilt“, erklärt die lebhafte Brünette, seit Beginn Teil des Reffen-Organisationsteams um Jesper Møller, wo sie im Bereich Kommunikation arbeitet. „Hier am Eingang sind wir im sogenannten ‚Village‘, wir stehen hier also quasi auf dem Dorfplatz. Zum Wasser hin erstreckt sich die ‚Main Street‘. Dort stehen die größeren Container.“

Kulinarische Weltreise

Beim Rundgang durchs ‚Village‘ wird klar: Dieses Food-Dorf ist ein Kosmos für sich. In den rustikalen, meist in liebevoller Handarbeit bemalten Ständen warten neben ghanaischem Erdnussbutter-Eintopf, jamaikanischem Kokosnuss-Hühnchen und französischen Steak-frites auch türkisches Shawarma und italienische Porchetta-Sandwiches. In den Gängen löst ein verführerischer Duft den nächsten ab. Zwischen den Food-Ständen sind kleine Läden und Werkstätten zu entdecken: der Shop eines nachhaltigen T-Shirt-Labels, eine Glasfabrik, in der Flaschen zu hübschen Einrichtungsgegenständen recycelt werden, eine Mini-Tortilla-Bäckerei und ein Tattoo-Studio.

Reffen ist weit mehr als ein Food-Dorf - vielmehr ist es urbaner Spielplatz, Experimentierfeld, Innovationshub, Treffpunkt für Gleichgesinnte und Kulturort.

Image: Rolands Varsbergs Reffen PR

„Wir haben 40 Stände hier und Konzepte aus 18 Nationen“, erklärt Brandsdottir und führt uns zu einem der über den ganzen Markt verteilten Gemeinschaftstische. „Das Schöne ist: Die Leute kommen nicht nur zum Essen hier raus, sondern sie bleiben auch gerne stundenlang. Hier vertreibt dich niemand von deinem Platz.“ Diese Großzügigkeit ist Teil des Konzepts. Denn Reffen ist auch urbaner Spielplatz, Experimentierfeld, Innovationshub, Treffpunkt für Gleichgesinnte und Kulturort. „Heute Abend beispielsweise zeigen wir in Zusammenarbeit mit der Kopenhagener Oper ‚La Bohème‘. Die Aufführung wird zwölf Stunden dauern, also bis morgen früh!“ Auch im Rahmen des Kulturhafenfestival und des Fotofestivals fanden hier schon Aktionen statt. Möglichst viel zum kulturellen Leben der Stadt beizutragen ist ein Ziel, das sich Jesper Møller auf die Fahnen geschrieben hat.

Einer für alle, alle für einen

Hinter der besonderen Atmosphäre auf dem Markt verbirgt sich noch ein weiterer Grund: Die aufwändig gestalteten, individuell verzierten Stände sind ein Sinnbild dafür, wie viel Herzblut in die einzelnen Mini-Restaurants fließt. Nicht zuletzt in die Zubereitung der Speisen. „Bei der Auswahl der Pächter haben wir uns viel Zeit genommen“, erzählt Brandsdottir. Aus 200 Bewerbern, die uns eine gastronomische Idee, aber auch ein visuelles Markenkonzept vorstellten, haben wir 80 zum Gespräch eingeladen. 60 Ausgewählte haben sich dann einem Koch-Contest gestellt. So wurden die 40 endgültigen Start-ups ermittelt.“

Ein durchaus aufwändiges Verfahren. Was treibt Jesper Møller an? „Als Jesper vor einigen Jahren sein eigenes Restaurant gründen wollte, hatte er große Schwierigkeiten, Geld von der Bank zu bekommen. Er hat es zwar dann aus eigener Kraft geschafft, aber nach dieser Erfahrung wuchs in ihm der Wunsch, anderen Gastronomen bei der Existenzgründung zu helfen. Und ein Business auf einem Streetfood-Markt ist nun einmal das perfekte Experimentierfeld für Start-ups“, erklärt Brandsdottir. „Wir stellen die Container zur Verfügung, die mit Strom- und Wasseranschlüssen versehen sind. Da es in Dänemark eine recht teure Angelegenheit ist, eine Schanklizenz zu bekommen, betreiben wir auf dem Gelände zudem zehn eigene Bars, die wir je nach Andrang öffnen. Die Food-Stall-Betreiber – oft sind es ja One-Man- oder One-Woman-Shows – konzentrieren sich also voll und ganz auf ihre Gerichte. Promotion und Business-Beratung zählen wir ebenfalls zu unseren Aufgaben.“

Draußen und Drinnen

Auf zehn Jahre ist der Pachtvertrag von Reffen befristet, anderthalb davon sind inzwischen verstrichen. „Unser Plan ist es, die Stände alle drei Jahre an neue Streetfood-Companies zu vergeben. Drei Jahre haben die Betreiber also Zeit, um zu erproben, ob das eigene Konzept greift, und um etwas Geld zur Seite zu legen und eine eigene Alkohollizenz zu beantragen. Wenn wir wie geplant alle drei Jahre etwa 40 neuen Projekten Starthilfe geben, hätten wir insgesamt über 150 jungen Gastronomen geholfen. Das motiviert uns.“

Der Street-Food-Markt Reffen in Koppenhagen vereint Konzepte aus über 18 Nationen.

Image: Rolands Varsbergs Reffen PR

 

Gibt es auch Pläne, das Projekt auszuweiten? Das Potenzial wäre da. Die Reffen-Büros sind in der großen Industriehalle auf demselben Gelände untergebracht, dort hat Møller auch noch eine Fläche von 1000 Quadratmetern angemietet. Diese Fläche auszubauen und ebenfalls für den Markt zu nutzen, dies haben sich Jesper Møller und die Reffen-Crew für die nächste Saison auf die Agenda geschrieben.

Jesper Møller
Jesper Møller führte lange Jahre das Restaurant Julian im dänischen Nationalmuseum, bevor er sich mit seinem Restaurant Toldboden selbstständig machte. Mit seiner Organisation Copenhagen Street Food initiierte er den ersten Streetfood-Markt auf der Hafeninsel Papiroen. Sein Nachfolgeprojekt Reffen eröffnete Møller im Mai 2018, zeitgleich mit einem zweiten Kopenhagener Streetfood-Markt an der Inneren Hafenbrücke namens The Bridge Street Kitchen. Diesen Markt betreibt Møller gemeinsam mit den Machern des Restaurants Noma.

 

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