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Japanische Konbinis – Die kleinsten Servicezentralen der Welt

Von: Lesezeit: 4 Minuten

Eat and shop around the clock. Japanische Konbinis sind weit mehr als multifunktionale Servicezentralen. Sie haben längst auch kulturelle Bedeutung. Und sie halten ein erstaunliches Spektrum an Speisen bereit.

Kaum vorstellbar in diesen Zeiten, in denen Sperrstunden und Lockdowns unseren Alltag bestimmen – aber es gibt sie und es wird sie wieder geben, die Städte, die niemals schlafen, in denen das Leben rund um die Uhr pulsiert. Die japanische Hauptstadt Tokio ist eine solche Stadt und für ihre facettenreiche Gastrokultur sowie für ihren ausgezeichneten Service bekannt. Zum einen finden sich in der 24/7-Metropole unzählige Restaurants, in denen die Küche nie kalt wird. Ein weiteres – und sehr weit verbreitetes – Phänomen sind die dortigen Convenience Stores, in Japan ‚Konbini‘ genannt. Diese Läden bieten nicht nur weit mehr Produkte als jede vergleichbare Anlaufstelle der westlichen Welt. Sie trumpfen nicht nur mit einem ganzheitlichen Service-Angebot auf. Ihre Allgegenwart und die Vielfalt ihrer Dienstleistungen machen sie zu Orten von kultureller und sogar literarischer Bedeutung.

‚Convenience Store Woman‘ heißt der Roman, für den die japanische Schriftstellerin Sayaka Murata 2016 mit dem Akutagawa-Preis ausgezeichnet wurde. Darin erzählt die Autorin die Geschichte von Keiko Furukura, einer Arbeiterin in einem namenlosen Lebensmittelladen, die aufgrund ihres Status als unverheiratete 36-Jährige mit einem Arbeiterjob Schwierigkeiten hat, einen Platz in einer traditionellen Gesellschaft zu finden. Der wahre Star des Außenseiterinnen-Romans ist jedoch der Convenience Store selbst.

Das Essensangebot von C-Stores wird zunehmend angenommen.

Image: AdobeStock CrispyMedia

Maximaler Service auf minimalem Raum

Möchten Sie Pakete versenden? Ihre Skier für den Wochenendurlaub ins nächste Skigebiet transportieren lassen? Duschen und frische Unterwäsche kaufen? Etwas für Ihr Kultur(er)leben oder für die Gesundheit tun? Ihre Geldgeschäfte regeln? Tickets für den ÖPNV kaufen? Einen erotischen Manga oder ein Konzertticket besorgen? Oder ist Ihnen nach einem warmen Essen? Im Konbini bleibt keiner dieser Wünsche unerfüllt. Und das rund um die Uhr. Lawson, 7-Eleven und Family Mart heißen die Big Player der Servicestoreszene – sie sind aus dem japanischen Alltag nicht wegzudenken. Und: Kulinarisch können sich die Miniatur-Waren- und Wirtshäuser sehen lassen. Denn der Japaner lässt seine Esskultur ungern auf der Türschwelle zurück, bloß weil es mal ein bisschen schneller gehen muss. Auch wenn Platz, zumindest in Tokio, Mangelware ist, halten die Konbinis ein erstaunliches Spektrum an Speisen bereit.
Klassiker in den schmalen Gängen sind beispielsweise die Dorayakis, Sandwiches aus zwei Eierpfannkuchen, meist zusammengehalten von süßer roter Bohnenpaste. Sie werden flankiert von Sandwiches nach westlichem Vorbild, Sandos genannt, akkuraten Dreiecken aus Weißbrot, die am liebsten mit Tamago, dem japanischen Eiersalat, gefüllt sind. Ebenfalls dreieckig, aber auf Reisbasis, sind die Onigiri, die wahlweise mit Thunfisch und Mayo oder Seetang und Sojasauce kommen und in Nori, sprich Seetangpapier, eingewickelt sind. Bentos heißen die größeren Boxen, in denen ganze Mahlzeiten Platz finden. Eine Portion Nudeln neben etwas Fisch und eingelegtem Gemüse oder das sogenannte Donburi, eine Reisschale, die gerne mit dünnen Streifen von mariniertem Rind- oder Schweinekotelett belegt ist. Die Konbini-eigene Mikrowelle bringt auch diese Komplett-Gericht schnell auf Temperatur.

"Food to go"- Angebote erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.

Image: AdobeStock | foodandcook

In den Wintermonaten befinden sich in der Nähe der Kassen heiße Metalltöpfe mit Oden, einem traditionellen Eintopf, in dessen Brühe Tofu, Eier, Fischfrikadellen oder Daikon-Rettich ziehen. Lawson ist darüber hinaus für seine Brathähnchen bekannt, die vor Ort zubereitet und mit einer dampfend heißen Schüssel Instant-Ramen oder Yakisoba, den gebratenen Buchweizen-Nudeln, angeboten werden. Zum Nachtisch gibt es eine Mochiko, eine gesüßte Paste aus klebrigem Reis, oder eine der unverzichtbaren Matcha-Süßigkeiten. Auch die Getränke dürfen im Minimarkt der Genüsse natürlich nicht fehlen. Sake, Shōchū, Wein und Bier, aber auch Vitaminpräparate und Drinks, die dem Alkohol entgegenwirken, wie das Ukon no Chikara, ein Getränk auf Kurkuma-Basis, sind in reichlicher Auswahl vorhanden – hier hat 7-Eleven die Nase ganz weit vorn.

Kulinarische Entdeckerkultur

Ken Mochimaru, Leiter der Unternehmenskommunikation von Lawson, schätzt, dass die 1.463 Tokioter Läden seines Unternehmens jeweils 3.500 verschiedene Artikel führen. Jeden Monat kämen 100 neue hinzu. „Ziel der Konbinis ist es, ein One-Stop-Shop für alle Haushaltsbedürfnisse zu sein, und diesem Ziel ist man heute näher denn je – angesichts der soziologischen Entwicklung“, sagt Mochimaru. Ein gutes Beispiel sei die Bento Box. „Vor dem Aufstieg der feministischen Bewegung in Japan in den 1970er Jahren wurde in der traditionellen Familie mehr gekocht“, erklärt er. Nun entschieden sich immer mehr Menschen für einfach zu verzehrende Mahlzeiten. ‚Nakashoku‘ steht auf den Bento Boxen, ‚Mahlzeit zum Mitnehmen‘. „Der Grund, warum Lawson sich auf Nakashoku konzentriert, lässt sich mit der Zunahme der Zahl der Doppelverdiener-Haushalte erklären. Wenn beide Partner arbeiten, bleibt viel weniger Zeit zum Kochen, und das Mitbringen von Bentos oder Fertiggerichten nach Hause ist eine viel bequemere Lösung. Es hilft, den Zeitaufwand für das Essen zu minimieren und das Abwaschen zu vermeiden.“ Ein Markt, der floriert und den Status des Convenience Stores als wesentlichen Bestandteil des täglichen Lebens festigt.

Mittlerweile bieten auch Supermärkte "food to go" bzw. "take away" Essen an.

Image: AdobeStock | arayabandit

In ‚Convenience Store Woman‘ lässt Autorin Sayaka Murata ihre Heldin Keiko Furukura ihre Philosophie erklären. „Ein Lebensmittelladen ist nicht nur ein Ort, an dem Kunden praktische Notwendigkeiten kaufen“, so die Protagonistin. „Es muss ein Ort sein, an dem sie sich amüsieren können und Freude daran haben, Dinge zu entdecken, die ihnen gefallen.“ Das mag in westlichen Ohren überromantisiert klingen. Doch zweifellos hat der ein oder andere Ortsfremde die lokalen lukullischen Besonderheiten darüber entdeckt, dass er in einem Konbini einmal nicht nach der bewährten Packung Chips gegriffen hat. In diesen winzigen Servicehubs versteckt sich ein ganzes kulinarisches Universum.

Weitere Informationen:
Webinar Serie: How food to go will drive future retail formats

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