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Urban Food: Wie Landwirtschaft zu Stadtwirtschaft wird

Von: Lesezeit: 3 Minuten
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Die Nahrungsmittelproduktion rückt in Zukunft näher an die Konsumenten heran – direkt in die Städte, die Supermärkte und Restaurants. Frischer und lokaler geht’s nimmer!

Städte sind kulinarische Zentren. Hier treffen lebendige, hippe Gastroszenen auf junge, urbane Bevölkerungen, die auch beim Essen aufgeschlossen und experimentierfreudig sind. Zudem ist das Bewusstsein für Themen wie den Klimawandel, Biodiversität, Tierwohl oder gesunde Ernährung besonders unter urbanen Lebensstilen besonders stark ausgeprägt. Neue Gastrokonzepte oder Start-ups, die diese Themen aufgreifen und in neue Angebote, Produkte und Services umsetzen, fallen auf fruchtbaren Boden.

Moderne Städter legen Wert auf qualitative Nahrungsmittel und achten auf Herkunft, Produktionsbedingungen und Nachhaltigkeit. Sie nutzen den eigenen Balkon, um in kleinem Rahmen Kräuter und Gemüse zu ziehen oder schließen sich in Initiativen wie Foodcoops zusammen. Kommunen stellen vermehrt städtische Flächen für Urban-Gardening-Projekte zur Verfügung oder pflanzen Obstbäume statt Ziersträucher. Architekten und Stadtplaner schaffen bewusst Raum für städtische Landwirtschaft, indem sie große Dachflächen zu Rooftopfarmen machen und mögliche Synergieeffekte, wie etwa die Nutzung von Abwärme naheliegender Anlagen, mitdenken. In Shanghai plant man gar einen ganzen Stadtteil, in dem der Anbau von Gemüse kultiviert und zelebriert werden soll.

Mehr als Kleingärtnerei

Tropfen auf den heißen Stein, wenn man an die Ernährung Millionen von Menschen denkt, aber Ausdruck eines urbanen Spirits, der für ein Umdenken steht. Die Natur soll zurück zu den Menschen, die Nahrungsmittel wieder transparent, ohne lange Transportwege und zig Zusatzstoffe dort produziert werden, wo sie auch konsumiert werden. Und das ist künftig für die meisten – laut Schätzungen der Vereinten Nationen bis 2050 über zwei Drittel der Weltbevölkerung – die Stadt. „Urban Food ist mehr als urbane Landwirtschaft, mehr als idyllische Schrebergärten. Es sind die Städte, in denen sich unsere Esskultur und folglich auch die Art und Weise unserer Lebensmittelproduktion verändern“, schreibt Expertin Hanni Rützler in ihrem Food Report 2020. „Urban Food steht für ein neues Bewusstsein und eine daraus entstehende Bewegung, die substanzielle Alternativen für unser Ernährungssystem entwickelt.“

Vertical Farming

Image: Plenty

Völlig neue Alternativen bieten vor allem die Technologien, die bereits heute als Nischenphänomene für Furore sorgen. Sie ermöglichen nicht nur eine effiziente Nahrungsmittelproduktion in Städten, Rützler zufolge verändern sie land- und gartenwirtschaftliche Berufsbilder ebenso wie traditionelle Vorstellungen von Natur und Nahrungsmitteln.

Die großen Hebel neuer Technologien

Vielleicht werden sich nachfolgende Generationen verwundert die Augen reiben, wie ineffizient und ressourcenintensiv die Menschheit über Jahrhunderte hinweg ihre Nahrungsmittel produzierte. Sieht man sich die Ausbeute technologisch optimierter vertikaler Indoor-Farmen an, liegt dieser Verdacht nahe. Meist in geschlossenen Kreisläufen werden Nahrungsmittel unter Laborbedingungen gezüchtet. Licht-, Wasser-, Nährstoffzufuhr, etc. werden automatisch genau auf die Bedürfnisse der Pflanzen abgestimmt. So gedeihen Obst, Gemüse und Co. prächtig, unabhängig von Jahreszeit und Witterung, ohne den Einsatz von Pestiziden und Dünger.

Die Indoor-Farmen des amerikanischen Start-ups Plenty, das sich strategisch clever in der Nähe von Gastronomiebetrieben platziert hat, kommen etwa mit einem Bruchteil der Energie- und Wassermenge aus, die für den herkömmlichen Anbau von Obst und Gemüse benötigt wird, und erreichen gleichzeitig bis zu 350 Mal mehr Ertrag pro Quadratmeter als traditionelle Landwirtschaft. Die Pilzfarmen von Smallhold ähneln optisch einem Kühlschrank und finden ihren Platz in den Kellern von Restaurants oder direkt in Supermärkten. Sie produzieren 40 Mal so viel wie traditionelle Pilzfarmen. Die Cooltainer von Agricool lassen im Herzen von Paris ganzjährig Erdbeeren sprießen – dank Hydrokultur bei minimalem Wasser- und Energieverbrauch und völlig ohne Erde.

Plenty Tigris Propagation Space

Image: Plenty

Wie nahe sich Produktion und Verzehr von Salat kommen können, zeigt die Berliner Good Bank, das weltweit erste Vertical-Farm-to-Table-Restaurant. Der Salat, der dort aufgetischt wird, wächst an vertikalen Farmen im Gastraum. Hingucker, aus denen täglich knapp 100 Salatköpfe geerntet werden. Lange Kühlketten, Transportwege und Verpackungsmüll – Fehlanzeige! Die Vision der Betreiber: Irgendwann alle verwendeten Lebensmittel autark zu produzieren.

Vielleicht dann mit in Salzwassertanks gezüchteten Garnelen. Oder Pflanzen, Fischen und Insekten, die sich in einem System vernetzter Cubes gegenseitig beim Wachsen unterstützen. Oder mit Algen in hängenden Gärten. Alles Zukunftsmusik, die heute auch schon im deutschsprachigen Raum gespielt wird. In wenigen Jahren könnten zudem die ersten Fabriken entstehen, in denen Hühner-, Schweine- und Rindfleisch sowie Fisch durch Methoden der Zellkultur produziert werden, stellt Rützler in Aussicht. In zehn bis zwanzig Jahren könnten solche Systeme zu wirklich relevanten Faktoren bei der Versorgung der urbanen Bevölkerung werden und die Landwirtschaft zur Stadtwirtschaft machen.

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