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Phänomen Pop-Up-Restaurant: Wenn Genuss zeitliche Grenzen hat

Von: Lesezeit: 4 Minuten

Kurz eingerichtet, dann wird angerichtet: Pop-Up-Restaurants liegen auch weiterhin im Trend und locken selbst gastronomische Größen zum kurzzeitigen Rendezvous. Das plötzliche Auftauchen der kulinarischen Begegnungsorte bietet aufstrebenden Start-Ups wie gestandenen Gastronomen nicht zuletzt Chancen, weil das Phänomen so wandelbar ist. Im Kölner LADEN EIN zeigt ein stationäres Pop-Up-Restaurant, wie viel Wirkung im eigentlichen Widerspruch liegt.

Die Pop-Stars der Domstadt

Ein Tresen vor offener Küche, schwarze Lampen, schlichte Holzbänke entlang einer begrünten Wand: Die Einrichtung ist minimalistisch an diesem Ort – die Geschmackswelt ist es nicht. Denn hier im Kölner LADEN EIN ist der Name seit gut drei Jahren Programm. Die ehemalige Metzgerei bildet heute die kulinarische Bühne für ein buntes Potpourri aus Gastgebern, die einander im zweiwöchigen Turnus den Kochlöffel abgeben. Gäste, die sich an den Tischen nach Art stylisher Bierzeltgarnituren niederlassen, genießen Tacos oder Ramen, mal Burger, mal Dim Sum. Von einheimischen Knödeln bis hin zu den Köstlichkeiten aller Herren Länder reicht die gastronomische Reise des LADEN EIN, der in diesem Jahr einen Platz in den Empfehlungen des Gault-Millau eroberte.

Das Pop-Up Restaurant in der Domstadt spielt sein erfolgreiches Tischlein-wechsle-dich nach etwas anderen Regeln als seine Artgenossen. Während Gastronomen mit Pop-Up-Restaurants sonst in kurzzeitig verlassene Locations einziehen, lädt LADEN EIN in Köln zum stationären Restaurant-Sharing. Angehende Start-Ups können ihr Gastronomie-Konzept und Besitzer von Food-Trucks die Vorzüge eigener vier Wände erproben, während etablierte Restaurants den lokalen Markt oder neue Ideen erkunden. Das LADEN EIN profitiert, wie auch andere Pop-Up-Restaurants und -stores, im Gegenzug von etwas, das Gastronomen sonst eher ein Ärgernis ist: Die Verknappung, in der die kulinarischen Entdeckungen der Gäste nur von kurzer Dauer sind, wird zum Erfolgsantrieb.

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Kölner Pop-Up Restaurant LADEN EIN | Image: LADEN EIN

Dänisch Down Under: Gastspiele auf Sterne-Niveau

Als wohl prominentester Pop-Up-Pionier gilt René Redzepi. Der gastronomische Missionar des Kopenhagener Noma entfloh mit seinem Team vor zwei Jahren dem frostigen Norden und gab ein zehnwöchiges Gastspiel Down Under. Für umgerechnet rund 330 Euro (485 australische Dollar) erlebten die Gaumen der Gäste in Sydney ein kulinarisches Kuriositätenkabinett mit gewohnt avantgardistischer Redzepi-Signatur. Knietief habe der Däne dafür an der Seite von Aborigines im Schlamm der Mangroven nach Muscheln gegraben und Buschtomaten von Outback-Sträuchern gepflückt.

Zurück in der Küche bestrich er karamellisierten Hühnerfond mit Krokodilfett, platzierte das hauchdünne Resultat auf Meeresfrüchten, bestreute Mangos mit Ameisen und servierte Schneekrabben in Känguru-Fond. An der Erfüllung seines Ziels, identitäre Aromaschätze Australiens zu heben und bislang Unbeachtetes als Verblüffendes zu zelebrieren, gab es nach zwölf Gängen keine Zweifel mehr.

Das Pop-Up am Pazifik war nicht das erste, in dem Redzepi mit dem kulinarischen Konzept der Vergänglichkeit kokettierte. So gastierte er mit einem Noma-Ausläufer bereits vier Wochen in Tokio und lockte damit Foodies aus aller Welt. Erfolgreich war er in beiden Fällen: Sein australisches Pop-Up-Restaurant war innerhalb weniger Minuten restlos ausgebucht. Dass ein solches Gastspiel von Weltrang jedoch nicht zwangsweise auf die andere Seite des Globus führen muss, bewies das „Louis – by Thomas Martinin Hamburg.

Seinen Ableger präsentierte das Team um Sternekoch Thomas Martin 2018 in nur knapp zehn Kilometern Entfernung zur gastronomischen Heimat, dem Jacobs Restaurant im Hotel Louis C. Jacob. Grund für das Gastspiel gegenüber der Elbphilharmonie war der geplante Umbau des Jacobs Restaurant. Das Team nutzte diesen als Möglichkeit zur Erprobung neuer Geschmackswelten, und so wurden Gerichte wie zum Beispiel „Ceviche vom Loup der Mer, Zitrone, Avocado, Koriander“ im Sharing-Prinzip statt der üblichen französischen Klassiker serviert. Genau in dieser Möglichkeit, Gastronomie-Konzepte, Standorte und kulinarische Ideen zu testen, liegt die Magie der Pop-Up-Restaurants.

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Pop-Up Restaurant Louis – by Thomas Martin in Hamburg | Image: Louis – by Thomas Martin

Metamorphosen der Küche auf Zeit

Die Begeisterung für Foodtrucks, Jumping-Dinner, Street Food und Co. offenbart der Gastro-Szene schon lange die Dringlichkeit von mehr Agilität. Es gilt, den Anflug von Langweile zu besiegen, der Gäste ergreift, die aus dem schier unendlichen Fundus kulinarischer Möglichkeiten schöpfen. Der anhaltende Erfolg von Pop-Up-Restaurants bietet die Aussicht auf einen kreativen Ausflug mit Perspektive. So prophezeit der Online-Händler expondo den Teilzeitrestaurants auch in diesem Jahr weiteren Aufwind. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Gastronomie-Konzept sich wandelbar zeigt.

So können Pop-Up-Restaurants an den verwegensten Orten auftauchen oder kurzzeitig einzelne Food-Trends hochleben lassen. Sie können an Veranstaltungen geknüpft sein oder in Form von Restaurant-Sharing an Orte. Die geteilte Nutzung gibt es derweil nicht nur in der Art des LADEN EIN Köln, sondern auch saisonal und tageszeitabhängig. Einen gemeinnützigen Pop-Up-Ansatz servierte DasLux42 in München. Hier kochte Sternekoch Andreas Schweiger im Winter 2018 ein Vier-Gänge-Menü, dessen Zutaten allesamt von Lidl gestellt wurden. Allein in der ersten Woche konnte die Charity by Discounter damit rund 22.700 Euro für gemeinnützige Organisationen sammeln. Doch in welcher Form sich Pop-Up-Restaurants auch darreichen – sie alle setzen auf den Effekt von Vergänglichkeit und Neugier, um überdrüssige Foodies wieder an Tische zu locken.

 

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Seestern mit Kardamomtoffee und Safran, gebratene Kabeljauhaut mit Schokolade und Gewürzen. by Noma | Image: Ditte Isager

Temporär zu Tisch: Erfolgsrezept für Gastronomen?

Dieser Effekt hält nicht nur für hungrige Kostgänger Aussichten bereit. Ein Pop-Up-Restaurant lässt sich eben auch dann verwirklichen, wenn der finanzielle Rückenwind ein wenig schwächelt. Angehende Start-Ups können den Markt für ihre Ideen sondieren, bevor sie den Sprung in die dauerhafte oder stationäre Gastronomie wagen. Dabei lassen sich Ausrüstung, Organisation und Kulinarik erproben, ohne dass teils lähmende Risiken und immense Investitionen zum Verzicht treiben. Ähnliche Beweggründe ziehen auch gestandene Gastronomen in den Bann eines pop-ulären Ausflugs. Wenn es Neuerungen zu testen gilt, bieten Pop-Up-Restaurants den idealen Nährboden.

Auf der kulinarischen Seite ermöglichen Pop-Up-Restaurants einen wertvollen Blick über den Tellerrand. Im gastronomischen Feldversuch können neue Gerichte und Geschmackswelten sowie ihre Wirkung auf Gäste ausgelotet werden. Doch die temporäre Roadshow funktioniert nicht nur als konzeptioneller Impulsgeber, sondern auch aus unternehmerischer Sicht. So bieten Pop-Up-Restaurants die Möglichkeit, auch außerhalb der üblichen Gefilde überzeugend zu werben. Doch was wird aus einem guten Gastronomie-Konzept, dessen Ende von Anfang an geplant war? Eine Antwort darauf geben beispielsweise die einstigen LADEN EIN-Gastgeber in der Mashery Hummus Kitchen. Sie servieren die cremigen Spezialitäten nach ihrem temporären Auftritt im Pop-Up nun im eigenen Laden – stationär und hoffentlich ganz ohne Zeitdruck.

 

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