Plötzlich ist das Kind krank. Oder der Babysitter. Es hat so viel geschneit, dass man nicht mehr vor die Tür möchte. Oder der Hund hat die Doktorarbeit, die man ursprünglich feiern wollte, gefressen. Gründe, warum man am Ende doch nicht am gebuchten Tisch Platz nehmen kann, gibt es zu Genüge. Schwieriger wird es jedoch, zu erklären, warum man die Reservierung nicht einfach storniert. Immerhin gebietet das die Höflichkeit. Doch nicht nur das. Schon ein kurzer Anruf oder ein einfacher Klick reichen aus, um Restaurantbetreiber unnötige Kosten für Personal und Lebensmittelplanung zu ersparen. Allerdings nur, sofern dies rechtzeitig geschieht.
No-Shows als No-Go
Klar, No-Shows – also Gäste, die reservieren aber ohne abzusagen nicht erscheinen – sind grundsätzlich kein neues Phänomen. Doch es ist eines, das offenbar immer mehr in Mode gerät. Nach der Wiedereröffnung der Gastronomie nach den Corona-Lockdowns begann die Zahl der „Restaurant-Schwänzer“ allerdings kontinuierlich zu steigen. Das geht unter anderem aus einer Schweizer Studie hervor, die zu dem Ergebnis kommt, dass sich die Quote der No-Shows seit April 2021 verfünffacht hat.
Immer mehr Gastronomen sehen sich daher gezwungen, aktiv zu werden. Sich bewusst dagegen zur Wehr zu setzen. Und das nicht nur in der Schweiz. Sternekoch Grant Achatz aus Chicago etwa nimmt keine Reservierungen mehr an, sondern verkauft Tickets für sein Restaurant „Next“. Ähnlich wie bei Konzerten, Fußballspielen oder Theaterveranstaltungen müssen diese im Voraus bezahlt werden. Andere Restaurantbesitzer versenden Erinnerungs-Mails oder SMS und verrechnen bei Nichterscheinen Strafgebühren, um die Anzahl der No-Shows zu reduzieren. Wieder andere vergeben Zeitfenster und fordern ihre Gäste auf, die Kreditkartendaten zu hinterlegen, um bei Nichterscheinen einen bestimmten festgelegten Betrag abzubuchen.
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Doppelter Schaden durch No-Shows
So wie Nick Suche. Auch er hat mit No-Shows zu kämpfen, speziell seit Corona. Der Kanadier ist Gründer und Eigentümer der Syndicate Hospitality Group (SHG). Dazu gehören die Shelter Cocktail Bar, das Orchard Restaurant und das Fortuna’s Row in Calgary „Die Gäste haben sich in der Pandemie daran gewöhnt, dass sie nicht auswärts essen gehen konnten oder Reservierungen kurzfristig stornieren mussten. Auch wenn wir seit längerem wieder den Normalbetrieb aufgenommen haben, hängt uns dieser Trend immer noch nach.“
Wie hoch die Einbußen durch No-Shows sind, lässt sich nur schwer beziffern, sagt er. Tatsache jedoch sei, dass sich die Kosten mit der Zeit summieren und dass es durch Gäste, die ihre Reservierungen nicht stornieren, immer schwieriger wird, Personal und Waren effizient einzusetzen. „Dass wir wegen No-Shows Gäste abweisen müssen, geht ebenfalls ins Geld. Und zwar sowohl kurz- als auch langfristig betrachtet. Einerseits weil der Tisch frei bleibt und andererseits, weil wir andere wieder heimschicken müssen. Dadurch kommen immer weniger Menschen spontan vorbei, um zu sehen, ob noch ein Tisch frei ist.“
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Sein Ansatz: Gäste des Orchards und des Fortuna’s Row müssen beim Reservieren eine Gebühr von zehn Dollar pro Person hinterlegen. Bei Erscheinen wird das Geld zurück überwiesen, bei Nichterscheinen behalten. „Die Anzahl der No-Shows konnte dadurch von fünf bis sechs Prozent auf 0,5 Prozent oder noch weniger reduziert werden“, freut sich Nick Suche. Und: Die meisten Gäste zeigen Verständnis für diese Maßnahme. Nur ein geringer Anteil bringt seinen Unmut durch negative Bewertungen, E-Mails, Anrufe oder auch durch persönliches Ansprechen zum Ausdruck.
(K)ein Fall fürs Gericht
Eines sei aber gesagt: In Kanada kommt man für eine No-Show noch verhältnismäßig glimpflich davon. In anderen Ländern verrechnen Gastronomen bei Nichterscheinen zum Teil saftige Strafgebühren. So auch im Amelia in San Sebastián, Spanien. Als drei Gäste im Sommer 2021 nicht erschienen, ohne abzusagen, wurden ihnen 510 Euro vom Konto abgebucht. Wobei man sich hier bereits kulant zeigte, denn laut der Restaurant Website beträgt die Strafgebühr 298 Euro pro Person. Einer der Gäste ging daraufhin vor Gericht, weil er der Meinung war, es handle sich um einen Irrtum. Hatte er doch im Hotel, das sich im selben Gebäude wie das Restaurant befindet, Bescheid gegeben und fälschlicherweise angenommen, man würde das Restaurant informieren. Nichtsdestotrotz erhielt der Gastronom Recht und der Gast bekam das Geld nicht zurück.