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Bugs statt Bunny – wie Insekten die Gastronomie revolutionieren

Von: Lesezeit: 3 Minuten
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Bangkok: Ein kleines Restaurant, versteckt im Hinterhof – dunkle Fassade, bronzefarbenes Logo, Metalljalousien. Innen versprĂŒhen große Leuchter, hohe Decken und dunkles Holz ebensoviel Industrial-Vintage-Charme wie die ausgeblichenen Perserteppiche und zusammengewĂŒrfelten HolzstĂŒhle.

Der Duft nach GewĂŒrzen hĂ€ngt in der Luft, auf schlichten Tellern kommt der geballte Geschmack: frische Ravioli mit frittierten Zwiebelringen und getrockneten Tomaten an einer Kurkuma-Safran-Soße. Ein Biss und das feine Aroma von frischem Krebsfleisch kitzelt den Gaumen – ein Geschmack, den der GelbrandkĂ€fer nun mal so an sich hat. Der Name des Restaurants: Insects in the backyard. Hier werden Krabbeltiere zu haute cuisine. Und die GĂ€ste feiern es.

Das Konzept gilt nicht nur in diesem Hinterhof in Bangkok als selbstverstĂ€ndlich. FĂŒr ĂŒber zwei Milliarden Menschen weltweit sind Insekten ein vollkommen probates Nahrungsmittel, denn die kleinen Krabbler sind reich an Protein, das wiederum ein wichtiger Baustein in der menschlichen ErnĂ€hrung ist. Im europĂ€ischen Raum nimmt man Proteine noch anders auf. Foodtrend „Nachhaltigkeit“? Klar, gerne. Wenn aber der Trend plötzlich acht Beine hat, werden selbst die probierfreudigsten Food-Enthusiasten zurĂŒckhaltend. Zu ungewohnt, zu eklig, zu Dschungelcamp. Ein paar Start-ups haben allerdings das riesige Potenzial der KĂ€fer-Kost erkannt und begegnen dem Ekelfaktor mit innovativen Snackkreationen – von Bug-Burgern bis Larven-Nudeln.

Start-ups setzen auf das große Krabbeln

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Image: Bugfoundation

Knuspriges Brötchen, knackige Tomate, saftiger Patty: Burger gehen ja irgendwie immer. Das wissen auch die GrĂŒnder von Bugfoundation und haben einen Weg gefunden, Insekten Fast-Food-tauglich zu machen. Deutschlands erster Insektenburger lĂ€sst Ă€ußerlich ĂŒberhaupt nichts von seinen Zutaten erkennen, besteht aber zur HĂ€lfte aus Buffalowurm-Sojaprotein. Bugfoundation vertreibt seine Burger mittlerweile in großen Supermarktketten, beliefert Restaurants in Belgien und ist auf dem Sprung in die deutsche Gastronomie. Außen Burger, innen KĂ€fer: Die Hemmschwelle fĂ€llt mit der Optik.

Und genau da liegt die Erfolgsstrategie. Insekten werden sonst maximal im Thailand-Urlaub probiert und taugen fĂŒr eine Anekdote, die man spĂ€ter bei einem Bier erzĂ€hlt: „Ihhh! Das könnte ich nicht!“, so oder Ă€hnlich dĂŒrften die Reaktionen der Zuhörer meist klingen. Diesen Mutproben-Charakter wollen die Verfechter der Insekten-ErnĂ€hrung umkehren. Es geht darum, Insekten als normal und selbstverstĂ€ndlich in den Speiseplan zu integrieren. Mit kreativen Gerichten und ungewöhnlichen Kompositionen wird der Ekelfaktor aufgelöst.

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Image: Gourmet Grubb

Übrig bleibt der Geschmack – wie das Beispiel Gourmet Grubb zeigt. Das junge Unternehmen aus Kapstadt stellt unfassbar gutes Eis her. Vollmundige Schokolade, butterzarte Peanut-Butter und wĂŒrziger Chai Latte: Die Sorten sind cremig, wahnsinnig aromatisch und…aus  Soldatenfliegen hergestellt. EntoMilk nennt sich das und soll die Einstellung zur Insektenkost revolutionieren. Kein Zucker, keine Carbs, hoher Proteingehalt und eine geballte Ladung Mineralien – es könnte so schön sein, wenn da nicht dieser Gedanke an die Schwarze Soldatenfliege wĂ€re. Gourmet Grubb geht selbstbewusst damit um und etabliert das KĂ€fereis als Lifestyle, inklusive werbewirksamer Promi-Testimonials wie Angelina Jolie und Nicole Kidman. Der Erfolg spricht fĂŒr sich. Das Eis aus EntoMilk erobert Social Media gerade im Sturm.

Krabbeln fĂŒr den Weltfrieden

Insekten als Super Food – die Strategie funktioniert zunehmend besser. Vorreiter sind derzeit die USA und Asien, andere LĂ€nder ziehen langsam nach. Aus gutem Grund: Die ErnĂ€hrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) plĂ€diert seit Jahren fĂŒr die Verwendung von Insekten als Lebensmittel und die Argumente sind konsequent einleuchtend. Insekten bieten hochwertige Proteine und NĂ€hrstoffe, wie Zink, Magnesium und Eisen. Die Aufzucht ist deutlich klimaschonender als die der meisten anderen Nutztiere: GrashĂŒpfer benötigen zwölfmal weniger Futter als Rinder, um dieselbe Menge an Proteinen zu erzeugen, und nur halb so viel wie Schweine oder GeflĂŒgel. Zudem brauchen sie deutlich weniger Wasser. Der Vorteil in Sachen Platzbedarf erklĂ€rt sich von selbst, eine effiziente Insektenzucht ist ziemlich kompakt und auch im urbanen Raum gut umzusetzen.

Neben dem Potenzial zum Super Food und trendigen Eiskreationen könnten Insekten außerdem ein weitaus ernsteres Problem lösen: Im Kampf gegen den Welthunger bieten die Krabbeltiere die Möglichkeit, eine große Menge Menschen und Tiere zu versorgen. Gleichzeitig können durch Sammeln und Zucht der Insekten ArbeitsplĂ€tze dort geschaffen werden, wo sich kaum andere Optionen bieten.

Heute Grillen? Alles eine Sache der Gewöhnung

Immerhin: In einer großangelegten Umfrage des Bundesinstituts fĂŒr Risikobewertung konnten sich 40 Prozent der Befragten vorstellen, Insekten zu essen. 10 Prozent wĂŒrden sogar regelmĂ€ĂŸig KĂ€fer, WĂŒrmer und Co. in ihren Speiseplan einbauen.  (Source)

Die Ekelgrenze sinkt zwangslĂ€ufig mit der Verarbeitung. Die wenigsten wollen der Grille vor dem Verzehr noch einmal tief in die Augen schauen. Verarbeitet als Burger, frittiert oder pulverisiert lĂ€sst sich das schon sehr viel besser verkraften. Und die Geschichte lehrt uns: Was heute Abscheu hervorruft, kann bald schon als Delikatesse gelten. Vor gut 30 Jahren galt auch Sushi noch als Ekelfood und konnte nur wenige begeistern. Zum Siegeszug der japanischen Röllchen muss man nicht viel sagen. So kann sich der Geschmack einer ganzen Gesellschaft Ă€ndern! Wer sich mal einen Tintenfisch oder eine Garnele aus der NĂ€he betrachtet hat, weiß, was gemeint ist. Da wirken MehlwĂŒrmer ja geradezu putzig.

Alles eine Sache des Trainings. Es muss ja nicht sofort die Tarantel sein (schmeckt wie Fisch und gibt’s in der Dose). Wie wĂ€re es zum Einstieg mit grĂŒnen Ameisen, die an prickelnde Zitrone erinnern? So mancher KĂ€fer ĂŒberzeugt auch mit Bacon-Aroma oder frischer Minze – das Potenzial fĂŒr die Gastronomie ist riesig!

Seit Januar 2018 gelten Insekten in der EU als Novel Food und dĂŒrfen nach vorheriger PrĂŒfung vertrieben werden. (Source)  Ob es in Zukunft statt Buffalo-Wings dann eher Buffalo-WĂŒrmer geben wird, sei dahingestellt. In puncto Nachhaltigkeit und NĂ€hrwert können die knusprigen KĂ€fer jedenfalls punkten. Geschmacklich eröffnen Insekten in der KĂŒche eine ganz neue Vielfalt. Gute GrĂŒnde, um mal die FĂŒhler danach auszustrecken.

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