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Massive Respect

Von: Lesezeit: 4 Minuten
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Eine Kreative Naturgewalt vor dem Herd: Keiner verbindet Genie und Wahnsinn so gekonnt wie UK-Exportschlager Ryan Clift, Mastermind und Küchenchef des Tippling Club in Singapur.

„Ich brauche neue Feinde, die alten sind meine Fans geworden“ – dieser Spruch schmückt das WhatsApp-Profil von Ryan Clift und scheint exemplarisch für den Küchenchef und Eigentümer des vielfach ausgezeichneten Tippling Club in der pulsierenden Metropole Singapur zu stehen. Clift verkörpert mit irreführenden Bad-Boy-Vibes, kreativ-genialem Wahnsinn und mitreißender Kompromisslosigkeit ohne Zweifel das Real Wild Child der internationalen Gastro-Hood. Ein Image, das der smarte 40-Jährige zwar nicht bewusst pflegt, aber mit dem er gerne ein wenig kokettiert. Und mit dem ihm eigenen Humor und britischer Höflichkeit wieder ad absurdum führt. Beim erklärten Hip-Hop-Fan ist jedenfalls nie gewiss, was als Nächstes kommt.

Ich brauche neue Feinde, die alten sind meine Fans geworden.<span class="su-quote-cite">Ryan Clift</span>
Chef ryan clift

Image: RollingPin | Helge O. Sommer

Bereits seine Karriere startete der Charismatiker erstaunlich früh und unerwartet kitschig, nämlich mit 13 Jahren als Tellerwäscher im Sternerestaurant Bel on the Green in seiner Heimatstadt Devizes in Wiltshire. Nach Stationen bei Koch-Kapazundern wie Marco-Pierre White, Peter Gordon, Emmanuel Renaut und Raymond Capaldi verschlug es Clift 1999 nach Down Under, wo er bei Shannon Bennett Chefkoch im Vue de Monde wurde, dem gefeierten Nummer-eins-Restaurant Australiens. Ab diesem Zeitpunkt war für den Querdenker Clift klar, dass er seinen eigenen, einzigartigen Style kreieren wollte. Zur vollen Entfaltung brachte er diesen in seinem 2008 eröffneten Restaurant Tippling Club. Mit seiner Küche, die aktuell Platz 31 in der Asia’s-50-Best-Restaurants-Liste belegt, staubte er schon unzählige Awards ab.

 

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Kein Wunder, Ryan Clift hebt das Food-Cocktail-Pairing auf ein neues Level. Er erfindet Geschmackskombinationen, Aromenzusammenstellungen und gemeinsam mit seinem Barchef eigens auf die Gerichte abgestimmte Cocktails, die einen beinahe wieder gläubig werden lassen. Mit seinem enormen Kreativpotenzial legt der Mastermind des Tippling Club jedenfalls die kulinarische Messlatte hoch.

Alle Klarheiten ausgeräumt

Einen Küchenrebellen wie Clift sieht man im Geiste wie wild in seiner Testküche im Tippling Club experimentieren, im Tempo einer Fliege auf Zuckerlösung, das nicht vorhandene Haar wie elektrisiert zu Berge stehend, dabei ohne Unterlass Hip-Hop-Tunes summend. Aber nope, Fehlanzeige. Bei Clift trifft das kreative Genie auf die Akribie eines Labortechnikers, der sich zur Entspannung knifflige mathematische Rätsel ausdenkt. Seine Küchenphilosophie, die Clift als extrem simpel beschreibt, spiegelt sich grafisch auch im Logo des Tippling Club wider.

 

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Für jedes seiner Gerichte legt der Küchenboss eine sogenannte Mindmap an, in der immer eine Zutat im Mittelpunkt steht und mit einer einzelnen Linie dargestellt wird. Davon gehen weitere Linien ab, die jeweils dazu passende Zutaten und mögliche, darauf abgestimmte Küchentechniken symbolisieren. So weit, so logisch, oder? Und da Clift eine ausgesprochene Aversion gegen jegliche Form von Nachahmung hegt – „Es ist nicht kreativ, jemand anderen zu kopieren“ –, darf sein Team nicht nur seinen Senf zu den kulinarischen Neuschöpfungen dazugeben, sondern muss es sogar:

„Wir analysieren jedes neue Gericht ganz genau und wenn nur einer aus meinem Team sagt, er hat das so schon in einem anderen Restaurant oder in einer Zeitschrift gesehen, landet es im Müllkorb und wir beginnen von vorne.“

Auch Küchentrends sind dem laut Eigendefinition „Verfechter von Originalität und Einzigartigkeit“ zuwider, die Bewegung, die beispielsweise das noma kopiert hat, hasst er regelrecht.

Verteufelt gut

Der Tippling-Club-Masterchef ist auch nur glücklich, wenn er in seiner Testküche steht und an innovativen Projekten arbeiten kann. „Das ist wie eine Männerhöhle für mich, wo ich mit dem neuesten Top-Equipment spielen kann“, schmunzelt der 40-Jährige. Denn um seine kreativen Ideen leichter Realität werden zu lassen, wird er dank seines Renommees von diversen Unternehmen mit ihren neuesten küchentechnischen Gimmicks beliefert. Dementsprechend hoch ist auch der kulinarische Output: Alle drei Monate werden im Tippling Club rund 80 Prozent des Menüs gewechselt. Und das bedeutet viel Arbeit. Denn in Clifts Flagship-Restaurant werden neben einem rein vegetarischen offiziell zwei weitere Menüs angeboten, das Classic und das Gourmet. Als Überraschung für seine Gäste gibt es zusätzlich die Snack-Karte, aus der neun bis zehn weitere Gänge gewählt werden können, sowie die sieben bis acht Gänge starken Sweet Treats, die vor den Desserts offeriert werden. In Summe kann das Gourmet-Menü bis zu 28 Gänge umfassen.

Angesprochen auf Signature Dishes verzieht Clift nur das Gesicht: „Ich mag die Zuschreibung ‚Signature Dish‘ nicht. Die anderen Gerichte sind dann beleidigt, wenn es einen Star unter ihnen gibt. Meine Gerichte sind nun mal wie meine Kinder. Man kann da keinen Favoriten haben, das wäre nicht fair.“

 

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Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Die im Grunde einfache Kreation aus pochierten Muscheln – saisonbedingt entweder Jakobs- oder schottische Schwertmuscheln – in einer Knoblauchsuppe mit Petersiliencracker, frischem Knoblauch und wilden Kräutern der Marke Eigenanbau steht bereits seit acht Jahren auf der Speisekarte. Offensichtlich hat Daddy Clift doch ein Liebkind.

Erfrischend unangepasst

Nicht nur die Kreationen seiner Gerichte folgen einer präzisen Mindmap, auch Clifts Leben verläuft getaktet wie eine Atomuhr. Allerdings eine, die permanent unter Strom steht. Zwischen seiner Wahlheimat Bali und dem Tippling Club in Singapur reist der Ausnahmekönner jeden Monat hin und her und jettet so nebenbei um den Globus, um seine Kochphilosophie bei Gastro-Events wie den CHEFDAYS, der Madrid Fusion oder der Gastronomika in San Sebastián unter die Foodie-Crowd zu bringen.

Zudem betreibt er inklusive des Tippling Club fünf Restaurants – das Ding Dong, die Open Farm Community, die Open Door Policy (jetzt ‚the Butcher’s wife‚) und das Grow –, wo der Fokus großteils auf Nachhaltigkeit und local farming liegt. Zum Drüberstreuen veranstaltet er noch diverse Pop-ups im asiatischen Raum. Ob der Mann je schläft? „Nein“, gibt er lapidar zur Antwort. „Die Leute fragen mich manchmal, wie ich so kreativ sein kann. Und ich gebe dann dem Schlafmangel die Schuld.“

Kreativ ist Ryan Clift aber auch in puncto neuer Restaurant-Konzepte. Derzeit tüftelt er mit seinem Barchef Joe Schofield an einer Art Weiterentwicklung des Tippling Club. Ein absolutes Liebhaber-Projekt Clifts, über das er aber noch nicht viel verraten will, außer: Es soll 2018 an mehreren Standorten weltweit eröffnen, in Bezug auf Food und Drinks multisensorischer als der Tippling Club werden und mit jeweils etwa zehn Sitzplätzen im Restaurant und 15 an der Bar intimer gestaltet sein.

Von Revoluzzern wie Ryan Clift lebt die Gastroszene. Gut, dass er bereits für Nachwuchs gesorgt hat. Zum einen gingen die Küchenchefs seiner diversen Restaurants schon durch die Clift’sche Schule und zum anderen zeigen seine beiden kleinen Söhne schon großes Interesse am Küchengeschehen. „Mein älterer Sohn konnte bereits mit neun Monaten einen weißen von einem schwarzen Trüffel unterscheiden. Beim schwarzen rümpfte er die Nase und beim weißen lächelte er“, verrät der stolze Vater mit einem Augenzwinkern. Das Clift-Gen wird also in jeder Hinsicht weitergegeben. Gut so.

Globetrottender Goalgetter
Der gebürtige Brite Ryan Clift arbeitete sich vom Tellerwäscher zum gefeierten Küchenchef und Multigastronomen hoch. Der 40-Jährige, der seine Küchenkarriere im Alter von 13 startete, verdiente sich seine Sporen unter anderem bei Starköchen wie Peter Gordon, Emannuel Renaut und Shannon Bennet. Seit 2008 sorgt er mit seinem Tippling Club in Singapur für Furore, mit dem Clift unzählige Preise gewann und aktuell auf Platz 31 der Asia’s 50 Best Restaurants gerankt ist. Neben seinem Flagship-Gourmettempel betreibt der umtriebige Kreativkopf die Restaurants Ding Dong, Open Farm Community, Open Door Policy und Grow.

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