Man nehme Milch, Sahne, Zucker und ein Eigelb, mische alles und lege es in den Tiefkühlschrank. Nach ein paar Stunden ist das Ergebnis eindeutig: ein Fehlschlag! Das erhaltene Produkt ist steinhart und granulös im Mund. Wir wiederholen den Vorgang mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass wir die Masse während des Gefrierens ständig rühren (z. B. mit einer Eismaschine). Und siehe da: Herzlichen Glückwunsch! Das Ergebnis ist ein Speiseeis mit den bekannten sensorischen Eigenschaften wie dem charakteristischen Schmelz und einer cremigen, zarten und samtigen Konsistenz.
Gerührt. Nicht geschüttelt.
In beiden Fällen beginnt die Masse dort zu gefrieren, wo sie am kältesten ist, d. h. an den Rändern des Behälters. Gefrieren bedeutet, dass Wasser kristallisiert. Diese einzelnen, kleinen Kristalle wachsen dann langsam zu einer extrem festen Struktur heran, wie z. B. einem Eisblock. Im zweiten Fall bilden sich ebenfalls Kristalle. Diese werden aber von den Schaufeln der Eismaschine stetig vom Rand ‚abgekratzt‘ und der Masse verteilt. Gleichzeitig arbeiten die Schaufeln Luft mit ein, die die Fettmoleküle schnell einfangen und stabilisieren.
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Es bleibt eine dickflüssige Matrix aus Zuckerwasser und Fett zurück. Wenn das Ganze zu viskos wird, um gemischt zu werden (50 % des Wassers befinden sich noch in flüssiger Form), wird die Verfestigung einfach fortgesetzt. Eiscreme ist also letztendlich eine Kolloidstruktur aus Eiskristallen, einem fast festen Zucker-Wasser-Fett-Gemisch und fettstabilisierter Luft.
Größe der Eis-Kristalle maßgeblich für Mundgefühl
Das Gefühl im Mund hängt direkt von der Größe der Kristalle ab: Je kleiner die Kristalle sind, desto weicher und samtiger schmeckt das Eis. Damit die Kristalle klein bleiben, muss die Kristallisation möglichst schnell erfolgen. Überall in der Masse entstehen Kristalle, aber sie bekommen keine Zeit zu wachsen. Die Lösung: die Matrix muss so schnell wie möglich heruntergekühlt werden. Wie kann dies geschehen?
Chemiker haben eine Antwort gefunden: den Einsatz von flüssigem Stickstoff. Wenn flüssiger Stickstoff mit der Matrix gemischt wird, sinkt die Temperatur auf -196°C, was zu einem sofortigen Gefrieren mit extrem kleinen Kristallen führt (begleitet von einer beeindruckenden Dampfentwicklung). Einige Eisdielen haben die Zubereitung von Eis mit flüssigem Stickstoff zu ihrer Spezialität gemacht, wie beispielsweise das Whoop Whoop in Berlin oder Dr. Ice Cream in Hamburg.
Es ist Euch sicher nicht entgangen, dass einer der konstituierenden und unverzichtbaren Bestandteile von Eis Luft ist. Einige Eishersteller tricksen damit, um das Volumen des Endprodukts auf eine einfache und vor allem billige Art und Weise zu erhöhen. Einige Billigeisprodukte bestehen daher aus fast 50 % Luft…
Eis aus dem Kombidämpfer?
Eiscreme im iCombi erwärmen – eine verrückte Idee? Nein! Solange das Eis in einem wärmeisolierten ‚Behälter‘ verpackt ist, besteht kein Grund zur Sorge. Wenn dieser Isolator dann auch noch essbar ist (Biskuit als Boden, Umhüllung mit Baiser), entsteht ein wunderbares Dessert, das Omelette Surprise, welches im Französischen als Omelette Norvégienne oder im Englischen als Baked Alaska bekannt ist.
Vielen Dank an Dr. Grégory Schmauch und das RATIONAL Team Cooking Research für diesen spannenden Einblick in das Thema.