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Hey good lookin’!

Von: Lesezeit: 3 Minuten

Bis ins kleinste Detail durchkonzeptionierte Restaurants – die Metropolen der Welt sind voll davon. Doch oftmals machte der Gestaltungswille vor der Bekleidung des Personals halt. Das ändert sich nun.

Die Bühne gehört den Speisen. Diese Überzeugung ist Grundlage einer alten Tradition: In Gastronomie und Hotellerie hat man sich möglichst neutral zu kleiden. Mögen die Architektur und Inneneinrichtung auch unterdessen wilde Blüten treiben und die spektakulärsten Speisetempel hervorbringen – bei der Arbeitskleidung hört der Spaß auf. Oder? In Zeiten der zunehmenden Vermischung kreativer Einflüsse haben Gastronomen jetzt tatsächlich auch die Kleidung ihres Personals als Distinktionsmerkmal entdeckt. Musik, Kunst, Mode, Architektur, Design und Kulinarik durchdringen einander mehr und mehr. Der Blick über den Tellerrand, der disziplinübergreifende Austausch, führt dazu, dass die Welt der Kellner und Kellnerinnen zunehmend von Schwarz-Weiß auf Farbe umgestellt wird. Und von formloser Berufsbekleidung aus Polyester auf nachhaltig produzierte Designerstücke.

Cuisine meets Couture

Das Münchner Restaurant Tantris wird nicht nur für seine Haute Cuisine geliebt, sondern genießt auch seines retrofuturistischen Interieurs wegen Kultstatus. Und seit einigen Monaten gerät der Weg von der Küche in den Speisesaal zum Catwalk. Das Design-Duo Talbot Runhof, in der Branche besonders für elegante Abendroben bekannt, entwickelte für die Mitarbeiter eine Gastro-Kollektion, die verschiedene Elemente der farbgewaltigen Einrichtung des Zwei-Sterne-Lokals aufgreift – darunter den Blumenvorhang aus der 70er-Jahre-Damentoilette, der wohl ebenso oft bei Instagram gepostet wird wie das berühmte Lauchpüree mit Kaviar und Nussbutter. Nun rankt sich rosaroter Klatschmohn auf weitschwingenden Kleidern, auf eleganten Hemden und femininen Blusen. Dazu kombiniert man marineblaue Röcke und Hosen mit rotem Galonstreifen.

Bis zu fünf Outfits konnten die Angestellten wählen, und sie können die Einzelteile ganz nach Gusto kombinieren. Dank Maßanfertigungen sitzt die auffällige Garderobe wie angegossen. Schwere Tabletts werden mit einer Jeansschürze mit Lederriemen getragen, Stickfliegen und Krawatten nehmen das Orange der Wandteppiche auf, und die gleichfarbigen Sneakers sind mit den Schriftzügen „Affendurst“ und „Bärenhunger“ bestickt. Obwohl der Trend zur customized Kellnerkleidung noch jung ist, im Tantris hat er bereits Tradition: In den 80er Jahren entwarf Heinz Oestergaard eine Kollektion für das Restaurant.

High-end Workwear aus Paris

„Mich hat immer gewundert, dass Kellnerkleidung oft so wirkt, als hätte sie mit dem Restaurant nichts zu tun.“ Der Däne Morten Thuesen hat sich mit der italienischen Designerin Letizia Caramia auf Berufsbekleidung für Restaurants und die Hotellerie spezialisiert. Früher arbeiteten sie für Isabel Marant und Alexander McQueen, heute betreiben sie das Pariser Atelier Older. Thuesen und Caramia gelten als die Shootingstars der Fine-Dining-Szene. „Wir gestalten unsere Schürzen mit genauso viel Liebe wie früher die Abendkleider“, sagt Thuesen. Doch ihr Ehrgeiz beschränkt sich nicht nur auf die Optik. Die Older-Gestalter haben ein Material aus Biobaumwolle und recyceltem Polyester entwickelt, das fleckabweisend, bio-organisch, atmungsaktiv und bügelfrei ist. Das Design geht hier also Hand in Hand mit höchstmöglichem Trage- und Pflegekomfort.

Einer der ersten Kunden war das Noma in Kopenhagen. Für das Noma-Team entwarf das Duo rustikale Trägerschürzen und kragenlose Opa-Hemden, die sich gut ins Massivholzambiente des weltberühmten Restaurants einfügen. Inzwischen liest sich die Kundenliste wie ein Who’s who der Gastro-Welt: Die Gastronomie in der Londoner Tate Modern gehört genauso dazu wie das Les Grands Verres im Pariser Palais du Tokyo und das neue norwegische Unterwasserrestaurant Under. Doch der gute Geschmack hat seinen Preis: Knapp 100 Euro kostet eine Latzschürze aus Paris.

Understatement und Nachhaltigkeit

Das geht auch günstiger, findet ein deutsches Unternehmer-Trio: Kaya & Kato bieten eine solche Schürze für weniger als ein Viertel dieses Preises an. Understatement und Nachhaltigkeit, so ließe sich die Botschaft der Kölner Company zusammenfassen. Die Kollektion aus schlichten Kochjacken und das große Schürzensortiment überzeugt durch stilvolles Design. Und auch Kaya & Kato setzen auf Umweltbewusstsein. Die Rheinländer produzieren ihre Arbeitskleidung nämlich aus Meeresmüll. Hohe Qualität, faire Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit sind in der Gastronomie ja ohnehin zu Buzzwords geworden, und in Sachen Beschaffung haben viele Restaurants den Schwenk schon vollzogen. Über die Arbeitskleidung der Angestellten wurde noch zu wenig nachgedacht. So sehen es die Köpfe hinter Kaya & Kato, Stefanie und Stefan Rennicke und Lillo Scrimali.

Die Rennickes haben einen Background in PR, Beratung und Entwicklungshilfe vorzuweisen, Lillo Scrimali ist in seinem zweiten Leben ein erfolgreicher Musikproduzent. Allesamt sind also branchenfremd, dafür aber mit großem Elan bei der Sache. Zunächst experimentierten die drei Überzeugungstäter mit Baumwollprodukten. Doch es stellte sich heraus, dass diese zu sehr unter dem häufigen und aggressiven Waschen litten. So verlegten sie sich schließlich auf eine Mischung aus Biobaumwolle und Polyester. Erstere stammt aus Kirgisien und dem Nordwesten Ugandas, Letzteres von einem spanischen Anbieter, der die Faser aus gesammeltem Meeresmüll herstellt.

Customized Workwear für Küche und Gastraum ist auf dem Vormarsch. Doch im Tantris musste sich so mancher Gast erst einmal an die Veränderung gewöhnen. Hier erntete man schon Shitstorms für den Modemut. Nicht anders im Münchner Bayerischen Hof, der den belgischen Designer Dries Van Noten zurate zog, um das Personal modisch einzukleiden. Auf der anderen Seite bekommt die Geschäftsleitung im Tantris immer wieder positive Rückmeldungen. Ob man die Teile der Gastro-Kollektion irgendwo kaufen könne? Leider nicht, lautet dann die Antwort. Die sei exklusiv – für das Personal.

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