Der 100. Geburtstag ist Grund genug, mehr über Hiltons Restaurant- und Barkonzepte zu erfahren. Deshalb hat sich KTCHNrebel mit Christian Gradnitzer, Senior Director of F & B Operations bei Hilton EMEA, getroffen.
Vom bescheidenen Österreich bis ins gastfreundliche Asien
KTCHNrebel: Herr Gradnitzer, wir würden Sie gerne unseren Lesern vorstellen. Was ist Ihr Hintergrund? Und was ist Ihre aktuelle Stelle bei Hilton?
Christian Gradnitzer: Ich bin in Österreich aufgewachsen. Meine gastronomische Karriere begann 1993 mit meiner dreijährige Ausbildung im Kurhotel Warmbaderhof in Kärnten. Ich kam aus bescheidenen Verhältnissen, meine Mutter hatte ein eigenes Restaurant, mein Vater einen Bauernhof. Schon als Kind habe ich gelernt, wie wichtig das Konzept „vom Erzeuger zum Verbraucher“ ist, insbesondere wenn es um die Beschaffung von Zutaten und das Kochen ging. Seitdem hat mich meine Karriere in der Gastronomie um die ganze Welt geführt. Ich habe lange Zeit in Asien gearbeitet bis ich 2017 als Senior Director for Food & Beverage Operations für die Region EMEA zu Hilton kam.
KTCHNrebel: Mit all Ihren internationalen Erfahrungen, was für eine Art von Koch sind Sie – traditionell, extravagant, Nouvelle Cuisine?
Christian Gradnitzer: Meine Ausbildung in Österreich ist die Grundlage, darauf aufbauend habe ich bei meinen Auslandsaufenthalten jede Menge Neues gelernt: von der französischen Küche bis zu Techniken wie Backen, Metzgern und das Wursthandwerk. Nach meinen ersten fünf Jahren als Koch bin ich auf Reisen gegangen, damals entdeckte ich meine Liebe für die Nouvelle Cuisine. Im Laufe der Jahre habe ich meinen eigenen Stil entwickelt, indem ich Aromen aus unterschiedlichen Regionen der Welt zusammengebracht habe. Dabei haben mir mein Wissen und meine Erfahrung mit anderen Kulturen natürlich sehr geholfen. Seitdem ist gutes Essen für mich das Zusammenspiel verschiedener Aromen, gepaart mit Leidenschaft. Ich hatte das Glück, in unglaublich guten Restaurants arbeiten zu dürfen und dabei über 50 Restaurantkonzepte zu gestalten, die alle für einen spezifischen Markt entwickelt wurden.
Das Geheimnis von Hilton: Leidenschaft und Vision
KTCHNrebel: Was ist das Erfolgsgeheimnis von Hilton?
Christian Gradnitzer: Einfach ausgedrückt ist es eine Mischung aus leidenschaftlichen Mitarbeitern, die von einem ausgeprägten Engagement und der Vision angetrieben werden, konsequent gehobene Gastfreundschaft zu leben. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch alle Hilton-Marken.
KTCHNrebel: Hat sich die Erwartungshaltung Ihrer Kunden in den letzten Jahren verändert?
Christian Gradnitzer: Eigentlich nicht. Nur der Zweck ihrer Reisen und die Art der Fortbewegung sind andere. Außerdem sehen wir eine vielfältigere Bandbreite an Reisenden. Darum muss man Eigeninitiative zeigen, um die unterschiedlichen Geschmäcker zu identifizieren und zufriedenzustellen.
KTCHNrebel: Welche F & B-Konzepte bieten Sie Ihren Gästen an?
Christian Gradnitzer: Wir bei Hilton F & B glauben nicht an allgemeingültige Lösungen. Wir konzentrieren uns vor allem auf die Planung und Gestaltung marktspezifischer F & B-Konzepte. Darüber hinaus bieten wir zwölf Konzept-Prototypen an, die insbesondere bei Neuentwicklungen und Renovierungen genutzt werden.
KTCHNrebel: Welche Trends beobachten Sie in Ihrer Branche in Bezug auf F & B-Services?
Christian Gradnitzer: In den letzten Jahren erfreuten sich schnelle, zwanglose Restaurants wachsender Beliebtheit, sie zeigen bis heute langfristige kommerzielle Erfolge. Bei Hilton arbeiten wir ständig an Entwicklungen, die drei bis fünf Jahre in die Zukunft reichen müssen. Einige der aktuellen Trends sind hyperlokale, vom Koch angestoßene, zwanglose Konzepte, bei denen regionale Zutaten und einfache Menüs eine zentrale Rolle spielen. Die Interessensbereiche bei Hilton sind die Reduzierung von Lebensmittelabfällen, Produkte aus der Region und Umweltfreundlichkeit. Wir entwickeln außerdem effiziente Verfahren, bei denen ganze Menüs mit wenigen modernen Küchengeräten zubereitet werden können.
Die Antwort auf die aktuellen Herausforderungen: Minimaler Aufwand – maximale Produktivität
KTCHNrebel: In den letzten 100 Jahren haben sich die Serviceleistungen von Hotels verändert – was hat sich in der Hotelküche, also «back of house», getan? Zum Beispiel hinsichtlich der Speisenzubereitung und Produktionsabläufe?
Christian Gradnitzer: Unser Team arbeitet an der Optimierung der Arbeitsabläufe, der Raumnutzung und der Geräteausstattung in der Küche, um Produktivität, Energieeinsparung und Personalplanung zu verbessern. Wir setzten auf zielorientierten Service, enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten sowie Küchen, die ohne Koch betrieben werden können. Als weltweite Kette haben wir an jede unserer Hotel-Marken andere Anforderungen. Für uns ist es wichtig, einen einheitlichen Service anzubieten, der unseren Markenstandards entspricht, egal, wo wir uns befinden. Darum arbeiten wir mit Partnern zusammen, die unsere innovative Vision teilen. Partner, die uns eher mit Gesamtkonzepten als mit einzelnen Bausteinen unterstützen.
KTCHNrebel: Welche Vorstellung haben Sie von einer digitalisierten Küche?
Christian Gradnitzer: Digitalisierung ist die Zukunft und wir müssen einfach dranbleiben. Restaurants und Hotels verändern sich, sie erweitern ihre Speisekarten, selbst wenn sie nur ein Küchengerät haben. „Wie?“, höre ich Sie fragen. Indem sie neue Geräte verwenden: Combi-Dämpfer. Combi-Dämpfer fordern Köche dazu auf, ihre Geräte auf neue, unkonventionelle Arten zu verwenden. Sie sind eine große Bereicherung für jede Küche: Sie sind vielseitig, zuverlässig und vereinen neueste Technologie in nur einem Gerät. Geräte, die Platz sparen, weil sie multifunktional sind und dazu vernetzt werden können, sind die Zukunft und das Beste, das uns passieren kann.
KTCHNrebel: Wenn Sie die Küchenlösungen von vor 20 Jahren mit heute vergleichen. Was ist der Hauptunterschied?
Christian Gradnitzer: Die Anbieter von Küchen- und Kochlösungen sind heute ein One-Stop-Shop so wie Staples für die Bürobranche, man braucht nur noch einen Anbieter. Derzeit sind die meisten davon Hersteller, die versuchen, externe Technologien in ihr eigenes Portfolio zu integrieren.Dabei ist es zwingend notwendig, dass die Hersteller wissen, was in der Küche gebraucht wird. Eigentlich sollte es andersrum sein: Die Gerätetechnologie sollte den Produktionsprozess revolutionieren, ihm zumindest neue Anregungen geben und den Erfahrungen der Nutzer Rechnung tragen. Insgesamt sollten Hardware und Software ein nahtloses, intuitives Erlebnis bieten. Denn eine stärkere Interaktion zwischen dem Küchenteam und dem technologiegesteuerten Kochsystem ist der Schlüssel zu einem effizienteren Betrieb.
KTCHNrebel: Als Chefentwickler für neue F & B-Konzepte haben Sie viele Ernährungstrends mitgemacht. Was konnten die Gäste vor 20 Jahren auf einer Speisekarte finden und welche Gerichte sind heute in Mode?
Christian Gradnitzer: Trotz einiger Innovationen in der kulinarischen Szene hat sich im Grunde genommen wenig geändert. Jedem kulinarische Angebot gehen Trends voraus, die aber wiederum auf guten, alten Regeln basieren. Heute ist definitiv ein „Weniger ist mehr“-Ansatz sehr beliebt, und wir sehen, dass Klassiker erneut in den Mittelpunkt rücken. Vom Erzeuger direkt zum Verbraucher und regional beschaffte Zutaten haben definitiv Priorität – infolge des Wandels zu umweltbewussten Lebensmittelphilosophien und Ernährungsgewohnheiten.
KTCHNrebel: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben – und viel Spaß bei den Jubiläumsfeierlichkeiten!