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China als Blaupause – Was kommt nach der Krise?

Von: Lesezeit: 3 Minuten

Wer braucht noch Abenteuer? Europa lockert den Lock down von Tag zu Tag ein wenig mehr und schon jetzt ist klar: Nichts wird mehr so sein wie es einmal war. Aber wie wird es sein? Das kann niemand mit Sicherheit sagen, aber man kann sich in der Welt umschauen und beobachten, wie es die anderen machen.

Das macht beispielsweise HILL, Meinungsforschungsinstitut und Teil des internationalen Werbenetzwerks von Hakuhodo, und verfolgt von Shanghai aus, wie die Chinesen mit der Krise umgehen. Mit diesen Daten und Erkenntnissen arbeitet unter anderem Uwe Lucas, Diplom-Psychologe und Leiter Strategic Planning bei Hakuhodo Deutschland, der mit KTCHNrebel über die besondere Situation sprach.

In drei Schritten durch die Krise

Wie nehmen Menschen eine Krise überhaupt wahr? Vereinfacht gesagt in drei Schritten. Schritt 1 ist die Panik: Eine ungewohnte, nicht kalkulierbare, mit nichts vergleichbare Situation versetzt den Menschen in Panik. Damit wird sein Fluchtinstinkt aktiviert. Und das ist auch gut so, etwa wenn ein Tiger oder ein schnelles Auto auf einen zukommt. Es ist aber nicht gut, wenn ein unsichtbares Virus die Menschheit bedroht. Denn dann kommt es zum Tunnelblick, keine neuen Lösungen sind in Sicht. Bis es zu Schritt 2 kommt: die Gewöhnung. Der Mensch ist flexibel und passt sich schnell den veränderten Bedingungen an. In diesem Fall ist es der Lockdown, das Social distancing. Die Leichtigkeit der Anpassung kommt daher, dass wir glauben, nach ein paar Tagen, Wochen oder Monaten ist alles vorbei und wir können in unser altes Leben zurück. Aber irgendwann kommt Schritt 3: die Erkenntnis, dass wir nicht in die gleiche Realität zurückkommen. Wird aus dem Kontrollverlust der Rausch des Positiven? Ob es gut oder schlecht wird, wird die Zeit zeigen. Oder vielleicht jetzt schon China?

Uwe Lucas im Interview, Hakuhodo Deutschland

Uwe Lucas, Diplom-Psychologe |Image: Hakuhodo Deutschland

China als Blaupause

China ist der restlichen Welt in Sachen Corona ein paar Wochen voraus und daher einen Blick wert. Aus der fortlaufenden Studie von HILL zitiert Uwe Lucas: „Die Coronakrise hat viele Chinesen zu der Einsicht gebracht, dass sie ihr Leben grundsätzlich verändern wollen.“ Immerhin 57 % der Befragten möchten zum Beispiel eine neue Sprache lernen, Beziehungen zur Familie vertiefen, mit Workout oder dem Kochen beginnen. Letzteres verwundert

auf den ersten Blick, denn Lucas weiter: „55 % der befragten Chinesen haben das Ausgehen und Essengehen mit Familie und Freunden während des Lock downs am meisten vermisst. Dicht gefolgt von Reisen mit 49 %.“ Folglich sieht Uwe Lucas im Außer-Haus-Geschäft nach der Krise das größte Wachstumspotenzial. Aber nicht als Unterhaltungsindustrie, sondern als Möglichkeit, die sozialen Kontakte zu pflegen, denn der Schwerpunkt verlagert sich auf die Familie, die nächsten Bezugspersonen, um mit ihnen gemeinsame Zeit zu verbringen. „Macht die Musik leiser“, ist ein Satz, der nach Meinung von Uwe Lucas demnächst öfter in der Gastronomie fallen wird.

Zeit, das eigene Leben zu hinterfragen

Und noch ein Phänomen konnten die Meinungsforscher bei HILL feststellen: Hada Dan Jiki. Das beschreibt den Trend chinesischer Frauen, ungeschminkt durch den Lockdown zu gehen und die Zeit für die Regeneration ihrer Haut zu nutzen, die durch dekorative Kosmetik mitgenommen ist. Jetzt stehen pflegende Produkte im Vordergrund. Und damit wird auch deutlich, dass nicht mehr das äußere, oberflächliche Erscheinungsbild wichtig ist. Vielmehr werden sich die Entscheidungskriterien ändern, die Menschen denken über ihr eigenes Leben nach. Sie werden nicht unbeschwert aus der Krise herauskommen, schlussfolgert Lucas. Was wiederum dahin leitet, dass bereits vor der Krise enge Bezugspersonen anschließend umso wichtiger wären.

Die Krise als Beschleuniger

Bei chinesischen Frauen (und aller Voraussicht nach nicht nur bei ihnen) findet ein Umdenken statt. In rasantem Tempo. „Der Lockdown beschleunigt Tendenzen, die bereits vorher erkennbar waren“, so Lucas. Er geht sogar davon aus, dass in der Küche die schnellste Anpassung stattfinden wird. Weil Gastronomen schon immer mit dem Risiko des Misserfolgs leben mussten, wissen sie, was zu tun ist, um Trends zu setzen. Vielleicht geht es ja in Zukunft in der Gastronomie nicht um Ablenkung, sondern um Quality Time. Es kann laut Lucas durchaus passieren, dass der gleiche Inhaber einen neuen Namen für sein Lokal wählt, weil sich auch sein Konzept nach der Krise ändert. Eben weg von der lauten Musik hin zu Möglichkeiten des sozialen Austausches.

China als Blaupause - Was kommt nach der Krise?

Image: Rational

Kulinarische Erlebnisse mit Ritual

Distanz wird auch in Zukunft geschätzt werden, zusammen mit einer neuen Verbundenheit, die höherwertig ist. Verbindlichkeit wird zu einem Wert des Zusammenlebens, was wiederum seine Neuorganisation zur Folge hat. Natürlich werden die Menschen gewisse Rituale nicht missen wollen, denn das Bewährte gibt Halt. Aber es muss eine neue Komponente hinzukommen, neue Nischen der Freude und des Spaßes müssen entstehen. Denn wir haben alle zum ersten Mal gezeigt, dass wir als globale Menschengemeinschaft zusammenhalten und einen Sieg davontragen können. Globalisierung ist nicht länger wirtschaftlich gesteuert, sondern emotional. Und deswegen haben 57 % der Chinesen vor, ihr Leben zu ändern. Und nur 9 % der Briten wünschen sich, dass wieder alles so wird, wie es war.

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