Vor beinahe 20 Jahren eröffnete, 2004 im Herzen des Madison Square Parks ein kleiner Hotdog-Stand. Rund ein Jahrzehnt später kürt das Time-Magazine seinen Betreiber Danny Meyer zu den 100 erfolgreichsten Menschen der Welt. Seine auf diesem unscheinbaren Stand begründete Burger-Systemgastronomie Shake Shack bedroht selbst Giganten wie McDonalds oder Burger King.
Shake Shack eine nicht unumstrittene Erfolgsgeschichte
Das Geheimnis des Shake Shack-Erfolgs liegt zum einen im Fast-Casual-Prinzip, bei dem frische und gesündere Produkte auf schnellen Service treffen. Zum anderen löste Meyer eine einst unlösbare Gleichung: Die QSR-Burger-Läden vereinen Fast Food mit Feel Good-Ästhetik und garnieren mit gutem Gewissen.
Die Unternehmenspolitik der global expandieren Restaurant-Kette gilt insgesamt als progressiv, die zugehörige Personalpolitik ist dabei nicht unumstritten.
So geriet Meyer bereits in die Kritik, weil er die Abschaffung von Trinkgeldern anstrebte oder Mitarbeiter mit Apple-Watches ausstatte, die zu schnellerem Service animieren sollten. Doch selbst der von vielen als Revolutionär der Fast-Food-Welt gefeierte Gastronom kann sich einem der größten Probleme nicht entziehen: Mitarbeiter sind heute begehrte Mangelware.
Mit der 4-Tage Woche gegen Fachkräftemangel
Die Gastronomie steht mit dem immensen Fachkräftemangel vor einer beträchtlichen Herausforderung – Employer Branding und die Notwendigkeit, gefundene Mitarbeiter zu halten, werden zum unbedingten Gebot. Shake Shack zieht Konsequenzen aus dem Fachkräftemangel der Gastronomie und setzt sich mit der Work-Life-Balance auseinander: Das QSR-Konzept erwägt den Sprung in die 4-Tage-Woche.
Der Mangel an Fachpersonal ist eine gastronomische Gretchenfrage
Der Fachkräftemangels ist eine globale und in allen Sparten der Gastronomie vertretene Problematik.
Vereinigte Staaten von Amerika
Während in den letzten Jahren die Rekrutierung von Arbeitskräften bereits eine sehr große Herausforderung für die Branche darstellte, hat sich diese Situation nun eindeutig zugespitzt. Laut dem State of the Restaurant Industry 2022 Report der National Restaurant Association erwarten etwa 50 % aller Betreiber von Fullservice-, Fast-Casual- und Quickservice-Restaurants, dass die Rekrutierung und Bindung von Personal im Jahr 2022 ihre größte Herausforderung sein wird.
Deutschland
Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Tripadvisor-Befragung unter deutschen Hoteliers und Gastronomen: Hier benannten bereits 2018, 70 Prozent den Fachkräftemangel als dringlichste Herausforderung. Allein in der deutschen Systemgastronomie waren zu der Zeit rund 5.000 Stellen offen. Laut statistischem Bundesamt ging die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Gastronomie in 2021 um 23,4 Prozent, also um fast ein Viertel im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 zurück.
Vereinigtes Königreich (UK)
Nach Angaben des Office for National Statistics waren im Zeitraum von Januar bis März 2022, 164.000 Stellen im Gastgewerbe im Vereinigten Königreich unbesetzt. In einer weiteren britische Studie gaben 64 % der befragten Restaurants an, dass sie nicht genügend Bewerber mit den erforderlichen Qualifikationen finden würden. Mit anderen Worten: Das Problem ist nicht nur ein Mangel an Personal, sondern auch ein Mangel an Ausbildung und Fähigkeiten.
Erhöhung der Work-Life-Balance als Schlüssel für den Personalmangel
Wenig zuträglich ist an beiden Fronten ein negativ behaftetes Image, das hohe Belastung und lange sowie unregelmäßige Arbeitszeiten in der Gastronomie zu einer Art Naturgesetz erklärt. Über einen längeren Zeitraum gehen diese Faktoren zulasten von Körper und Psyche, setzen aber auch dem sozialen Leben zu. Ausreichende Work-Life-Balance wird eben zum schwierigen Unterfangen, wenn sich Arbeitszeitmodelle und Urlaubsmöglichkeiten nach Wünschen und Freizeit der Gäste richten. Die erschwerte Suche nach Mitarbeitern und qualifiziertem Nachwuchs für Gastronomie-Jobs definiert akuten Handlungsbedarf: Employer Branding muss lernen, die positiven Anreize zu betonen, aber auch weitere zu schaffen. Ein Weg könnte es sein, bei der Gestaltung von Arbeitszeiten in der Gastronomie neue Wege zu bestreiten. Die 4-Tage-Woche trägt das Potenzial, die personelle Schicksalsfrage zu beantworten.
Die 4-Tage-Woche: von entlasteten Mitarbeitern und glücklichen Gästen
Die 4-Tage-Woche wäre eine große Chance für eine Branche, die am Ruf hoher Belastung krankt. Denn selbst gute Löhne für sichere Arbeitsplätze mit hoher Wertschätzung könnten nur locken, wenn das Privatleben nicht zur Randnotiz verkommt. Die Reduktion der Arbeitszeit in einer 4-Tage-Woche schafft Raum für mehr Work-Life-Balance und glücklichere Mitarbeiter. Dass diese Gleichung auch aus unternehmerischer Sicht aufgehen kann, wird häufig nicht wahrgenommen, da sie keine berechenbare Wirkung mit Sofort-Effekt zeigt. Für Gastronomen, die Mitarbeiter halten und finden wollen, indem sie Arbeitszeitmodelle hinterfragen, sind sie dennoch spürbar.
Glückliche und entspannte Mitarbeiter sind motivierter und haben damit unbestreitbar positive Effekte auf Gäste und Unternehmen. In dieser angenehmen Atmosphäre erhöht sich die Kundenbindung, die letztlich zu höheren Umsätzen führt.
Wer sich noch nicht an diese zugegebenermaßen nicht unerhebliche Veränderung zur 4-Tage-Woche gewöhnen kann, hat jedoch andere Möglichkeiten. Positive Effekte durch verbesserte Arbeitszeitmodelle lassen sich im Zweifelsfall auch mit „kleineren“ Mitteln realisieren. Teilzeitkräfte, Jahresarbeitszeitkonten, versetzte Dienstarbeitszeiten oder die schlichte, doch konsequente Einbindung von Personal in die Dienstplanung tragen zur Entlastung bei.
Mit seinen Filialen in der Glitzerstadt Las Vegas folgt Shake Shack nun dem Beispiel der Sterneküche des Maaemo in Norwegen, dem 21212 in Edinburgh und den Aloha Hospitality-Filialen Alabamas. Sie alle versuchen Mitarbeiter zu halten und zu finden, indem sie die Arbeitszeit reduzieren. Vor dem Hintergrund sinkender Ausbildungszahlen und des Fachkräftemangels braucht es diesen akuten Aktionismus. Lösen sich Gastronomen von alten Denkmustern zum Arbeitszeitmodell, könnten nicht nur Mitarbeiter auf den Geschmack der 4-Tage-Woche kommen.