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Das neue Gold der Inka – Perus Küche zwischen lila Mais und Urwaldfisch

Von: Lesezeit: 4 Minuten
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Peruanische Küche? Ist das nicht bloß Meerschweinchen und Ceviche? Vielleicht auch. Aber mehr. Und vor allem ist die Peruanische Küche die ganz, ganz große Sache in der kulinarischen Welt. In den Metropolen schießen die Peruanischen Restaurants wie Pilze aus dem Boden, in New York, Paris, London isst man seit Jahren schon Ceviche, das peruanische Nationalgericht aus rohem Fisch in Zitrusmarinade.

Doch nun beginnt sich dort auch die raffinierte cocina novoandina, die Neue Anden-Küche, wie sich die Peruanische Nouvelle Cuisine nennt, zu etablieren und Michelin-Sterne einzuheimsen, wie das „Lima“ in London. Und auf der einflussreichen St.-Pellegrino-Liste der 50 besten Köche der Welt finden sich gleich drei Peruaner. Kein Wunder, ist ihre Heimat doch allein mit seiner umwerfenden klimatischen und landschaftlichen Vielfalt, die einen wahren Schatz an grandiosen Zutaten hervorbringt, ein wahres El Dorado für Köche und Foodies.

Limonade aus lila Mais

Violett, blau, rosa, gelb, rot, orange: In den Farben des Regenbogens schillern Perus Kartoffeln, über 2500 Sorten wachsen in diesem Wunderland, es gibt Dschungelschnecken, Urwaldranken, über 50 Maisarten zwischen kohlrabenschwarz und schillerndem hellrosé, es gibt Baumtomaten, Amazonas-Beeren, Kakao, Superfoods wie Maca-Wurzeln, Lucuma und Açai-Beeren. Und Limonade aus lila Mais. Oder Früchte wie die Gurkenmelone – die tatsächlich wie ein Mix aus Melone und Gurke schmeckt. Peru mit seinen 27 Klimazonen ist ein fruchtbarer Garten Eden zwischen Amazonas und Andengipfeln.

Indiana Jones mit Botanisiertrommel und Kochlöffel

Peru Martinez Chef

Image: Cesar del Rio

In Peru`s Hauptstadt Lima befindet sich das weltbekannte Restaurant „Central“. Hier zollt man diesen Klimazonen Respekt, dort sind die 17 Gänge des Degustationsmenüs nach Höhenmetern geordnet, Menu de Alturas, heißt es. Man beginnt bei -25 Metern mit dem Anglerfisch, taucht auf -5 Meter zur Percebesmuschel, bei 0 Meter gibt es Seeigel, dann geht es auf Amazonashöhe. Und später klettert man kulinarisch bei Bananenstaub und Alpakaherz die Anden hinauf. Virgilio Martinez, Michelin-Stern-gekrönt und 2018 zum besten Koch Lateinamerikas gewählt, heißt der Mann, der sich so etwas erdacht hat.

Peru Martinez Chef

Image: Gustavo Vivanco

Er hat ein eigenes Labor in seinem Restaurant, in dem Biologen und Köche die kaum bekannten Schätze aus dem Dschungel erforschen. Zur Zeit wird mit Bakterien aus einem Bergsee auf 4000 Metern Höhe experimentiert – Martinez benutzt sie zur Herstellung von Gelee-Perlen. Er reist wie ein kochender Indiana Jones regelmäßig mit seinem Team in Nebelwälder, auf Andengipfel, zu Urwaldstämmen. Zu Fuß, auf dem Esel, mit dem Auto, mit dem Boot. Um neue Zutaten für seine grandiosen, aufregenden, exotischen, kontrastreichen Gerichte aufzuspüren: essbare Rinden, seltene Chilis, vergessene Kartoffelsorten – oder Beeren und Kräuter, die botanisch nirgendwo erfasst sind. Es gibt in Peru noch Gegenden, in die bisher niemand, außer den indigenen Stämmen, die dort leben, vorgedrungen ist. Und es gibt noch weiße Flecken auf der kulinarischen Landkarte.

Perus Küche: Food-Revolution

Peru ist ein Paradies für Essens-Entdecker, mit einem unwahrscheinlich reichen Schatz an Zutaten und Kulturen, deren Neuentdeckung und Verschmelzung eine wahre Food-Revolution ausgelöst haben. Doch der Siegeszug der Peruanischen Küche ist kein Trend, keine Mode. Sondern eine Neuerung. Denn die Peruanische Küche ist gekommen, um zu bleiben.
Peruanisches Essen ist bunt (lila Kartoffeln!), leicht (roher Fisch!), extrem gesund (Amazonas Superfood!), ausgewogen (Quinoa!), extrem kontrastreich (Chili! Limone!) und vor allem unglaublich delikat. Und dank des gern dazu getrunkenen Pisco Sour auch sehr partytauglich.
Köche sind die neuen Superstars in Peru, kleine Jungs wollen nicht mehr Fußballweltmeister werden, sondern Köche, Medizinstudenten werfen ihr Studium hin, um Hochlandhasen zu beizen, Limonen zu fermentieren und Amazonasfisch auszunehmen.

Revolutionsführer Gastón Acurio

Begonnen hat alles mit Gastón Acurio, 51. Er kommt aus einer angesehenen Familie, studierte an Perus bester Universität Jura – brach dieses Studium jedoch ab, um nach Europa zu gehen und in Frankreich kochen zu lernen. In Paris besuchte er die altehrwürdige Kochschule Le Cordon Bleu, auf der er nicht nur in französischer Kochtechnik ausgebildet wurde, sondern auch seine spätere Frau kennenlernte, Astrid Gutsche, eine Deutsche. Gemeinsam eröffneten die beiden jungen Köche dann in Lima ein Restaurant, in dem sie anfangs französisch kochten, so hatten sie es schließlich gelernt. Doch weil es so schwierig war, im Peru der 90er Jahre an die Zutaten für die französische Küche zu kommen, begann Acurio, sich intensiv mit der Küche seiner Heimat auseinanderzusetzen. Und vor allem mit ihren Zutaten: die vielen Tomatensorten, der Fischreichtum im eiskalten Humboldtstrom und in den Urwaldflüssen, die kaum bekannten Kräuter und Ranken aus dem Amazonas. Er war wie vom Donner gerührt, als er verstand, welche kulinarischen Schätze zwischen Amazonas und Anden zu heben waren. Der junge Koch setzte eine Revolution in Gang. Gastón Acurio hat heute weltweit 40 Restaurants, eine Kochschule für benachteiligte Jugendliche und eine große Vision: „In 20 Jahren soll es in jeder Metropole der Welt neben einer Pizzeria ein peruanisches Fleischspießchen-Lokal Anticuchería geben, neben einem Burgerladen ein peruanisches Sandwich-Bistro Sanguchería, neben einer Sushi-Bar ein peruanisches Fischrestaurant Cevichería.“ Gastón Acurio hat dem Land eine kulinarische Identität gegeben, auf die sich die Peruaner stolz beziehen.

Anthropologie auf dem Teller

Peru Lima Central

Image: Cesar del Rio

Perus Küche ist aber nicht nur wegen ihres unwahrscheinlichen Zutatenreichtums so besonders, sondern auch wegen der vielen Kulturen, die in Peru zu Hause sind: Lange bevor die Inka nach Peru kamen, züchteten Andenvölker schon Cuy, Meerschweinchen, die man auch heute noch als Streetfood an jeder Straßenecke im Hochland gegrillt essen kann. Auch das Nationalgericht Ceviche ist uralt, die Menschen aus der Mochica-Kultur an der Küste sollen schon rohe Fische mit dem Saft von säurehaltigen Früchten wie der Maracuja vermengt haben. Zitronen und Limetten brachten die Eroberer dann aus Spanien, ihr Saft wurde wesentlicher Bestandteil der Ceviche-Marinade.

Nikkei: Japan meets Peru

 Chef Mitsuharu Tsumura

Image: Restaurant Maido Peru

Um 1900 gab es eine riesige Welle japanischer Immigranten, sie bestellten als Gastarbeiter Felder und Plantagen, sehr viele blieben im Land. Und arbeiteten später als Köche. Sie schenkten Peru die cocina Nikkei, die Fusion aus japanischem und peruanischem Kochen. Auf die Japaner geht die beste Zubereitungsform von Ceviche zurück: den Fisch nicht stundenlang marinieren, denn das macht ihn hart. Sondern ihn ganz kurz nur ziehen lassen, ihn vielleicht sogar erst am Tisch mit der leche de Tigre, der Tigermilch, wie man die Marinade aus Limette, Knoblauch, Chili und püriertem Fisch nennt, zu übergießen. Manche dieser Nikkei Köche verfeinern die leche de Tigre noch mit verschiedenen Aromen aus der japanischen Küche, mit Reisessig, Sojasauce, Sake und Ingwer. Und geben Flocken vom getrockneten Bonito dazu. „Maido“ heißt das bekannteste dieser Nikkei-Restaurants, es gehört Mitsuharu Tsumura, einem Peruaner mit japanischen Wurzeln, der in den USA studiert hat, in Japans Küchen hospitierte und sich dann der Nikkei-Küche zuwandte, die er mit Kreationen wie Oktopus auf Tofumus und Quinoa, Fischrogen-Ceviche oder Meerschweinchenconfit auf Gourmetniveau hob. Es brodelt und vibriert vor Innovation und Experimentierfreude in den Töpfen und Küchen Limas, der neuen kulinarischen Kapitale.

Image: Restaurant Maido Peru

Und Gastón Acurio? Wird vielleicht nicht mehr so viel zum Kochen kommen in nächster Zeit. Er wird als künftiger Präsident des Landes gehandelt.

 

Tipp:
• Virgilio Martinez auf Instagram
• Chef’s Table Folge über Virgilio Martinez on Netflix

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