Es wäre spannend, einen Blick in die Zukunft werfen zu können, um zu erfahren, welche Veränderungen in der Ernährung auf uns zukommen und wie wir uns darauf vorbereiten können. Die renommierte Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler kommt diesem Wunsch mit ihrem Food Report schon sehr nahe. Serviert sie doch jedes Jahr die kommenden kulinarischen Entwicklungen und Konzepte im deutschsprachigen Raum.
Doch wie sieht es mit den Food Trends in den USA aus? Wie relevant ist Nachhaltigkeit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und welchen Einfluss haben Plattformen wie TikTok, Instagram oder Facebook auf den Speiseplan der US-Amerikaner? Antworten liefert Andrew Fordyce, seines Zeichens Food Service Experte, Food Trend Scout und EATrepreneur. Der gebürtige Südafrikaner kennt die Food-Szene auf allen fünf Kontinenten und ist stets auf der Suche nach neuen Trends und vielversprechenden Konzepten. Im Gespräch mit KTCHNrebel beschreibt er die wichtigsten Food Trends in den USA und verrät, wie er diese aufspürt.

Image: Alexander Heinrichs
Feingespür und Bauchgefühl für das Erkennen von Trends
„Trends entstehen durch das Zusammenspiel gesellschaftlicher Bedürfnisse, technologischer Fortschritte, kultureller Einflüsse und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen“, erklärt Andrew Fordyce. Bei der Suche nach neuen Entwicklungen bei Speisen und Getränken helfen ihm sowohl sein Bauchgefühl als auch seine sorgfältige Recherche und seine dreißigjährige Branchen-Erfahrung. Als Uni-Dozent hat er außerdem Zugang zu unterschiedlichsten Materialien und Studien. Was ihm aber am meisten zugutekommt, ist sein Netzwerk. „Ich habe zum Beispiel enge Kontakte zu Architekten, die Restaurants oft zwei bis drei Jahre im Voraus planen. Wenn man sich mit ihnen unterhält, bekommt man bereits einen ersten Eindruck davon, welche Food Trends auf uns zukommen könnten.“
Plattformen wie TikTok, Instagram und Facebook haben ebenso Einfluss auf das Esseverhalten der Menschen oder besser gesagt auf die Geschwindigkeit, mit denen Trends sich verbreiten. „Früher hat es oft 10 bis 15 Jahre gedauert, bis ein Trend von den USA nach Deutschland kam, heute geschieht das innerhalb von 3 bis 5 Jahren.“ Allerdings ist nicht jedes Restaurant oder Gericht, das im Internet gefeiert wird, auch in der Realität ein Hit. Umso wichtiger ist es daher, zwischen Hypes und echten, relevanten Trends zu unterscheiden.
Doch was sind nun die wichtigsten Food Trends in den USA, die gekommen sind, um zu bleiben? Und mit welchen Konzepten kann man 2025 im Land der unbegrenzten Möglichkeiten voll durchstarten? Ganz oben auf der Liste sieht der Food Service Experte südostasiatische Gerichte.

Image: RATIONAL AG
1) Pho & Co: Die Südostasiatische Küche erobert die USA
Während die südostasiatische Küche in den USA lange Zeit auf chinesische, japanische und thailändische Restaurants beschränkt war, sehnen sich die Amerikaner nun vermehrt nach Aromen, Zutaten und Gerichten aus ganz Südostasien, allen voran aus Ländern wie Korea, Vietnam und den Philippinen. Und auch indisches Essen wird in den USA immer beliebter, so die Einschätzung des Food Service Experten: „Das liegt unter anderem daran, dass immer mehr Führungskräfte, wie etwa der CEO von Google, aus Indien stammen, und viele weitere CEOs und CFOs von Unternehmen ebenfalls indische Wurzeln haben. Diese Einflüsse führen dazu, dass indisches Essen immer populärer wird.“ Soziale Medien und Streaming-Dienste sowie Kochshows oder Food-Dokumentationen aus Asien tragen ebenfalls dazu bei, dass dieser Food Trend in den USA weiterwachsen wird, sagt auch die National Restaurant Association für 2025 voraus. Während koreanische Rezepte wie Kimchi und Bibimbap oft durch würzige oder umami-reiche Aromen bestechen, werden vietnamesische Gerichte wie Pho oder Mì Quảng besonders geschätzt, weil sie leichter sind und mehr Gemüse enthalten.
2) Fermentiert und eingelegt
Mit dem Aufstieg der südostasiatischen Küche in den USA gewinnen auch die zugrundeliegenden Techniken und Zutaten dieser Kulturen an Bedeutung. Ein großes Comeback prophezeit die National Restaurant Association daher der Fermentation. Diese Methode, die ursprünglich entwickelt wurde, um Lebensmittel zu konservieren, bietet auch viele gesundheitliche Vorteile und verstärkt den Geschmack. Heute sind fermentierte Lebensmittel Bestandteil zahlreicher Gerichte, besonders oft kommen sie aber in der südostasiatischen Küche vor. Beispiele hierfür sind etwa Kombucha, Kimchi, Tempeh, Gochujang oder Miso, eine fermentierte Paste aus Sojabohnen, Getreide, Salz und dem Pilz Koji, die Suppen, Saucen und Dressings den so einzigartigen Umami-Geschmack verleiht. Dieser aufkommende Trend deckt sich mit einem anderen: der steigenden Beliebtheit koreanischer Steakhäuser. „Diese Restaurants kombinieren das gehobene Erlebnis eines traditionellen Steakhauses mit dem interaktiven Erlebnis des koreanischen Barbecues, bei dem eine Vielzahl von Gewürzen und Beilagen verwendet wird – viele davon eingelegt und fermentiert“, erklärt Billy Buck, Vice President of Culinary bei RATIONAL USA.

Image: AdobeStock
3) Value Deals – mehr Essen für weniger Geld
Ein weiterer der Food Trends in den USA, den Andrew Fordyce gerade beobachtet, sind sogenannte „Value Meals“ oder „Value Deals“ – also preiswerte Menüangebote. „Das ist typisch für Zeiten der Rezession. In solchen Phasen versuchen Unternehmen, Kunden mit Angeboten zu locken, in der Hoffnung, dass diese mehr konsumieren und etwa statt nur einem Getränk gleich zwei oder drei bestellen.“
Die ersten Value Meals tauchten Mitte des 20. Jahrhunderts auf. Damals wurden Fast-Food-Ketten immer populärer und versuchten, sich als preisgünstige Essensoption zu etablieren. Während der globalen Finanzkrise 2008 erlebten Value Meals einen erneuten Aufschwung und Verbraucher griffen wieder vermehrt auf günstige Angebote zurück. Heute bieten viele Fast-Food-Ketten, aber auch Supermärkte und Convenience Stores Value Deals an. Die Angebote beziehen sich aber nicht nur auf Fast-Food-Produkte, sondern auch auf vegane oder vegetarische Optionen. Value Meals sind also mehr als ein Marketinginstrument, sie sind auch eine Reaktion auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen, die sowohl Einfluss auf den Preis haben als auch die Art und Weise, wie Mahlzeiten konsumiert werden. Die Tatsache, dass dieser Food-Trend von anderen, wie jenem der globalen Küche, übertroffen wird, zeigt jedoch, dass immer noch eine gewisse Preisbereitschaft vorhanden ist, sofern das Essen überzeugt. „Value Meals erleben in den Vereinigten Staaten ein Comeback“, sagt Jonathan Hunt, Vice President of Key Account Sales bei RATIONAL USA. „Die Wiedereinführung des Value Meal Menüs durch McDonald’s spiegelt die derzeitige Marktsituation wider und zeigt, dass die Verbraucher mehr für ihr Geld haben wollen.
4) Insekten als nachhaltige Proteinquelle: Der neue Food Trend in den USA?
Noch in den Kinderschuhen steckt, zumindest in Amerika, der Trend zu essbaren Insekten, meint Andrew Fordyce. „Weltweit essen bereits etwa 2,8 Milliarden Menschen Insekten, und als Proteinquelle sind sie unglaublich gesund und nachhaltig. In Texas gibt es jetzt sogar eine riesige Insektenfarm.“ Was jedoch vor allem in der westlichen Welt für Vorbehalte sorgt, ist der Ekelfaktor. Allerdings mache man schon Fortschritte, sagt der Food Trend Scout. „Versuche zeigen, dass gemahlene Insekten etwa in einem Karottenkuchen sehr gut ankommen. Das beweist auch, dass die Akzeptanz von Insekten als Nahrungsmittel steigen könnte, wenn sie in einer weniger offensichtlichen Form angeboten werden.“ Nicht außer Acht lassen darf man jedoch die Tatsache, dass es sich hierbei immer noch um Tiere handelt, und deshalb auch die Art und Weise, wie man sie züchtet, tötet und womit man sie füttert, berücksichtigt werden muss.

Image: RATIONAL
5) Nachfrage nach nachhaltigen Konzepten steigt
Außer Frage steht jedoch, dass wir unsere Ernährungsweise ändern müssen, um den Planeten zu schützen. Dieses Thema rückt nun auch in den Vereinigten Staaten vermehrt in den Fokus, beobachtet Andrew Fordyce: „Heute ist Nachhaltigkeit eines der Top-Themen in der Gastronomie. Das war früher in Amerika nicht der Fall.“ Laut des Berichts „2025’s Most Disruptive Food & Beverage Trends“ von Tastewise ist das Interesse der Verbraucher an nachhaltigen Lebensmitteln und Getränken in den letzten zwei Jahren um 18,4 % gestiegen. Das Sustainable Food Barometer von Sodexo zeigt an, dass 72 % der Amerikaner finden, dass es dringend notwendig sei, nachhaltigere Ernährungsweisen zu übernehmen. Damit liegt Amerika immer noch hinter den anderen drei, in der Studie berücksichtigen Länder Brasilien (89 %), Frankreich (82 %) und England (73 %). Doch Nachhaltigkeit ist als einer der Food Trends in den USA im Wachstum begriffen und Branchenspezialisten gehen davon aus, dass das Interesse an Restaurants, die Nachhaltigkeitsmaßnahmen setzen, weiter zunehmen wird. Wie aus der Tastewise-Studie hervorgeht, legen Konsumenten hier besonders Wert auf die CO₂-Kennzeichnung von Lebensmitteln, regenerative Landwirtschaft und Bodenqualität sowie Transparenz hinsichtlich der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln. Dafür sind 55 % der Verbraucher auch bereit, tiefer in die Tasche zu greifen.
Andere aufkommende Trends
Hunt nennt einige weitere Trends, auf die man 2025 achten sollte.
- Gesunde Optionen – Die Verbraucher wünschen sich gesunde Menüoptionen, aber sie wollen auch ihren Horizont über Salat hinaus erweitern. Viele Restaurants beginnen, „Everything Bowls“ anzubieten, eine individuell anpassbare All-in-One-Mahlzeit, die als gesunde Alternative zu Sandwiches oder Burgern wahrgenommen wird.
- Getränke – Tequila und Mezcal nehmen in den Vereinigten Staaten nach wie vor einen wichtigen Platz auf den Cocktailkarten ein, und immer mehr Lokale führen ihr Angebot an alkoholfreien Getränken (NA) ein oder erweitern es. Dies spricht immer mehr Verbraucher an, insbesondere die Generation Z, da diese Generation nicht so häufig Alkohol konsumiert wie ältere Generationen.
Der ehemalige Business Development und Marketing Director hat seine Leidenschaft für Food zum Beruf gemacht. Heute arbeitet er nicht nur als freier Food-Journalist, sondern steht Gastronomen als Consultant zur Seite und bringt unter der Marke YUMMY trendfood & streetfood auch immer wieder selbst Produkte auf den Markt. So sind Insekten-Burger und -Bites bei ihm bereits seit fünf Jahren im Sortiment. Besonders leidenschaftlich widmet sich der gebürtige Südafrikaner jedoch seinen internationalen Food-Trend-Touren, bei denen er die neuesten und vielversprechendsten Konzepte aufspürt und so einen exklusiven Insider-Einblick in die innovativsten Restaurants weltweit bietet. Gemeinsam mit Christoph Müller und Markus Zeller hat er das Buch „The Leader of Managers“ herausgebracht, das sich an Unternehmer, Führungskräfte und Studierende in der Food & Beverage Branche richtet.