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Der Gastro Gouverneur

Von: Lesezeit: 6 Minuten

Er ist einer der erfolgreichsten Gastronomen weltweit – und in den USA Kult. Warum 70 Betriebe, 5000 Mitarbeiter und Jahresumsätze in dreistelligen Millionenbeträgen für Wolfgang Puck erst recht ein Grund sind, neues zu wagen – und was Harvard damit zu tun hat.

Fame, Fame, Fame

Ohne einen Cent an Erspartem ging der Kärntner Wolfgang Puck Mitte der 1970er ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten – und ist heute Herr über ein gastronomisches Imperium der absoluten Extraklasse. Mit seinem 1982 eröffneten Spago am legendären Sunset Boulevard schrieb Puck internationale Gastronomiegeschichte. Nicht nur machte ihn seine dort servierte Gourmet-Pizza zu Amerikas unumstrittenem Topchef. Noch heute feiert ganz Hollywood nach der Oscarverleihung im Spago, bei der Puck zwar jährlich für die Stars aufkocht –
gleichzeitig aber mittlerweile zu den größten unter ihnen gehört: Ein Stern am Walk of Fame von Los Angeles, ein Auftritt als Zeichentrickfigur in den Simpsons und siebenmaliger Gewinner des James Beard Foundation Awards sind nur einige Auszeichnungen, die Puck absahnte.

Berühmte Pizza mit geräuchertem Lachs - Wolfgang Puck's Restaurant Spago

Smoked Salmon Pizza at Spago / Image: Wolfgang Puck Fine Dining Group

Was Amerika für Gastronomen attraktiver macht als Europa, warum Köche nicht mehr nur hinter dem Herd stehen sollten und welches seiner Restaurants als einziges rote Zahlen schreiben darf – das alles und noch vieles mehr verrät Wolfgang Puck im großen Exklusiv-interview.

 

Wolfgang, du bist mit deinen gut 70 Betrieben und über 5000 Mitarbeitern hauptsächlich in den USA vertreten. Ist Europa als Standort für einen Gastronomen deines Formats wirklich so unattraktiv?

Wolfgang Puck: Sagen wir so: In Amerika ist es meines Erachtens einfacher. Die Amerikaner dinieren ja verhältnismäßig früh, so gegen 18 Uhr. In europäischen Ländern wie Spanien, Italien oder Frankreich ist das bekanntlich anders. Das heißt, in meinen Restaurants kann ich oft mit mindestens zwei Besitzungen pro Abend rechnen. Das ist wirtschaftlich natürlich interessanter. Außerdem kommt es in Europa ja immer noch vor, dass in einer Küche 40 Angestellte arbeiten, von denen 30 nichts bezahlt bekommen. Das kannst du in Amerika einfach nicht bringen. Dazu kommt, dass ich in Los Angeles wohne. Diese Stadt ist einfach weit, weit weg von allem. New York beispielsweise wäre näher, da bräuchte ich nach Europa nur sechs Stunden mit dem Flugzeug. Deswegen war für mich von Anfang an klar: Ich eröffne den Großteil meiner Restaurants in Amerika, dann brauche ich nicht die ganze Zeit in der Weltgeschichte herumzureisen. Im Zuge der Wirtschaftskrise war es dann aber unvermeidlich. In mindestens fünf Lokalen in Los Angeles und Las Vegas haben wir ein Drittel unserer Kunden verloren. Da habe ich dann in London und Singapur jeweils ein Cut by Wolfgang Puck eröffnet, weil man damals nur in Europa und Asien expandieren konnte.

Da stellt sich die Frage: Wie wichtig ist es, als Multigastronom in seinen Betrieben Präsenz zu zeigen?

Puck: Ich hatte früher einen Chef und einen Direktor, die für mich überall herumgefahren sind und in all meinen Betrieben jedem gesagt haben, was er wie zu tun hat. Natürlich meinten sie dann, sie bräuchten noch mehr Leute, um alles kontrollieren zu können. Da habe ich irgendwann gesagt: Sicher nicht. Ich habe ja jüngst einen Management-Studiengang an der Harvard University absolviert. Dort habe ich gelernt und verstanden, dass nicht alles zentralisiert sein sollte. Für mich hieß das, dass jeder Chef und jeder Manager sein eigenes Lokal angetraut bekommt, ob das jetzt in Singapur oder Istanbul ist, die müssen das dann führen, als wäre es ihr eigenes Lokal. Das Wichtigste daran: Sie sind gewinnbeteiligt. Ich setze dabei nur die scharfen Grenzen, die sie nicht überschreiten können. Wenn jetzt ein Koch in London, sagen wir, die besten Perlhühner und Wachteln hat, dann soll er das machen, auch wenn ich die von L.A. aus nicht unter die Lupe nehmen kann. Die können schon selber sagen, was sie machen wollen. Sonst müsste ich ja jedem in verschiedenen Ländern sagen, was er zu kochen hat, das bringt ja nichts. Mein Küchenchef in Singapur beispielsweise ist schon sehr lange dabei und 42 Jahre alt. Den braucht man nicht babysitten. Ich muss dazu sagen, dass auch die neuen Technologien da enorm weiterhelfen. Mit den Leuten vom Cut in London beispielsweise kommuniziere ich regel-
mäßig über Skype. Da sage ich ihnen genau, was ich will. Der entscheidende Punkt dabei: Ich vertraue ihnen so sehr, dass ich ihnen auch sage: Macht es nicht nur, wie ich will, sondern auch, wie ihr wollt, wenn das besser ist. Schlussendlich läuft es auf Folgendes hinaus: Du musst gute Leute einstellen, die du gut bezahlst. Basta.

Innenansicht des Cut Restaurants in Singapore

CUT Singapore / Image: Wolfgang Puck Fine Dining Group

Von Fast Food bis zu Fine Dine deckst du mit deinen Betrieben das gesamte gastronomische Spektrum ab. Wie kann man sich betriebswirtschaftlich so ein Imperium vorstellen? Ernähren die rentablen Fast-Food-Betriebe die Fine-Dine-Restaurants?

Puck: Ganz und gar nicht, und zwar aus einem einfachen Grund: Jedes Geschäft muss für sich selbst profitabel sein. Auch meine Fine-Dine-Restaurants.

Sind sie das wirklich?

Puck: Natürlich, sonst müsste ich sie schließen. Ich habe nur einen Betrieb, einen kleinen, mit zehn Sitzplätzen. Der heißt The Rogue. Da verlieren wir Geld, aber der ist für uns wie ein Versuchslabor: Da kommen nur meine Köche von verschiedenen Lokalen aus London oder aus Singapur oder von wo auch immer, die kochen dort, das sind gestandene Köche. Dann sind noch zwei junge Köche dort eingestellt, das sind insgesamt vier Köche, die für zehn Leute kochen. Aber da muss immer etwas Neues her, und nichts, was wir bereits in unseren anderen Lokalen haben, die müssen immer etwas Neues kreieren. Wir haben dort auch immer die neuesten Geräte und Maschinen, es ist eine Art Versuchslabor. Also alles, was wir in  Zukunft machen möchten. Das ist der einzige, der nicht rentabel ist, alle anderen Betriebe müssen wirtschaftlich ertragreich sein.

Und was tut Wolfgang Puck, wenn ein Betrieb nicht rentabel ist?

Puck: Dann schließe ich ihn, ganz einfach. 1990 beispielsweise habe ich in Kalifornien eine Brauerei eröffnet. Ich erinnere mich, damals in Villach gab’s die Brauerei und daneben das Gasthaus. Ich dachte mir: So etwas mache ich jetzt auf eine moderne Art in Amerika. Das Gasthaus hat richtig gut funktioniert, ich hatte sogar einen Fleischer aus München, der für Weißwürste und Charcuterie gesorgt hat. Das Problem mit der Brauerei: Wir hätten eine Million Kisten Bier im ersten Jahr verkaufen sollen, das war die Kalkulation im Business-Plan. Verkauft haben wir schlussendlich nur 30.000. Ich wollte wirklich eine Marke aus diesem Bier machen. Aber es hat nicht funktioniert. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass mein Braumeister das Bier nicht pasteurisiert hat. Dadurch sind die Flaschen schlecht geworden. Nach zwei Jahren habe ich gesagt, ich schmeiß ihn raus, nur hat er 50 Prozent Anteil am Betrieb gehabt, so wie ich. Er wollte nicht gehen. Darauf habe ich gesagt: Gut, dann gehe ich – und sperre zu. Das war’s.

Wolfgang Puck bei der Arbeit

Image: Wolfgang Puck Fine Dining Group

Die Gastronomie ist eine Branche, in der es vergleichsweise hohe Insolvenzraten gibt. Viele scheitern an diesem hochkomplexen Unterfangen. Was hast du als Gastronom richtig gemacht – oder anders gefragt: Was machen alle anderen falsch?

Puck: Zum Beispiel, wenn das Restaurant kein Geld macht, man aber noch eine Fernsehsendung macht und Vorträge hält oder so – dann ist es ja in Ordnung, wenn das Geld von dort kommt und man mit einem Gewinn aussteigt. Als Gastronom wie auch als Unternehmer muss man immer, wirklich immer, bescheiden sein. Sodass man seine Fehler einsieht, weil durch die lernt man ja viel mehr als durch die Erfolge. Beispiel: Ich habe vor Kurzem bemerkt, dass ich noch etwas lernen kann, und bin dann auch nach Harvard. Ich verwende ja keinen Computer und habe alle Arbeiten mit der Hand geschrieben. In der heutigen Welt dreht sich alles um ein Vielfaches schneller als in der alten Zeit. Jeder weiß ständig, was los ist auf der Welt. Aber ein Geschäft zu führen, da kommt es auf viele Dinge an, die heute nicht mehr so selbstverständlich sind. Es geht um die eigene Persönlichkeit, aber auch um jene von anderen, die einen umgeben – und wie man damit umgeht, das ist für mich eine weitaus größere Herausforderung als das Kochen.

1982 hast du das Spago eröffnet. Wie sehr hat sich die Gastronomie als Business seit damals verändert?

Puck: Als ich nach Amerika gekommen bin, war Kochen ja kein Beruf. Wenn du jemandem gesagt hast, du bist Koch, hat er dich angeschaut wie einen Pfuscher, der alte Autos verkauft. Das hat sich natürlich verändert. Koch kann heute ein sehr angesehener Beruf sein. Ich glaube, dass man heute mehr machen muss, als nur in der Küche zu stehen. Dass man wirtschaften muss. Und dass man auch mehr als nur ein Lokal führen kann. Ich dachte mir damals: Die Four Seasons Hotels, wenn die 60 Hotels haben, warum können wir nicht 20 Restaurants machen? Obwohl Restaurants sehr kompliziert sind, wahrscheinlich komplizierter als Hotels, aber trotzdem: Am Ende sind wir nur so gut wie unser letztes Essen. Und das letzte Essen kann ich oder auch jemand anderes machen.

Innenansicht von Wolfgang Puck's Spago Restaurant

Spago / Image: Wolfgang Puck Fine Dining Group

Du hast vor Kurzem einen 50-Jahres-Vertrag für ein neues Restaurant unterschrieben. Kannst du uns darüber schon etwas verraten?

Puck: Das ist wirklich eine große Geschichte. Mein Freund Frank Gehry, der berühmteste Architekt unserer Tage, hat das Guggenheim Museum in Bilbao und die Louis Vuitton Foundation in Paris gebaut, und er wird auch unser neues Restaurant bauen. Es wird direkt am Meer liegen, in Malibu. Es wird eine neue Version des Spago werden, mehr kann ich noch nicht verraten. Jetzt steht ein Restaurant dort, das sieht aber grauslig aus, da habe ich gesagt: Das reißen wir alles ab und bauen ein super Beach-Haus. Frank ist ja jetzt schon 90 Jahre alt, deswegen habe ich auch so viel Vertrauen in ihn, dass er da nicht irgendetwas hinbauen wird. Vor allem: Frank hat jetzt in diesem hohen Alter mehr Projekte als noch vor 30 Jahren. Der baut von Seoul über Paris, alles Milliardenprojekte. Der hat noch so eine Leidenschaft, wenn ich bei ihm bin, zeigt er mir alles und hat dabei so eine Liebe und eine Passion für seinen Beruf, das ist unglaublich.

Wann wird das Restaurant eröffnet?

Puck: Das dauert ziemlich lange, weil am Meer die ganzen Genehmigungen und Baupläne extrem lange brauchen. Wir hoffen, Anfang nächsten Jahres mit dem Bau beginnen zu können.

Wie hoch sind die Investitionskosten für so ein Projekt?

Puck: Sie liegen momentan bei ungefähr 35 Millionen. Aber es wird sich lohnen, zumindest für meine Kinder. Denn es ist nicht nur gut für unsere Brand, es ist auch gut für uns, dass wir immer etwas Neues machen, immer etwas Neues versuchen.

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