„Von herzhaften Kebabs bis hin zu süßen Köstlichkeiten wie Baklava – jede Speise erzählt ihre eigene Geschichte und ist Ausdruck unserer Gastfreundschaft und kultureller Identität.“ Wenn Elif Oskan die türkische Küche beschreibt, dann als eine Facette aus Aromen und Geschichten. Nicht nur geschmacklich unentbehrlich, sondern auch tief in ihrer Kultur verwurzelt, sind es insbesondere Gewürze wie Isot, Pul Biber und Sumach, die ihr am Herzen liegen.

Image: Charlotte Fischli
Restaurant Gül – türkische Küche neu interpretiert
Elif Oskan, bringt im Restaurant Gül im Stadtkreis 4 mit ihrem Konzept der „Nouvelle CÜISINE“ frischen Wind in die traditionelle türkische Gastronomie. Die Nouvelle Cuisine im klassischen Sinne wird meist mit der französischen Küche in Verbindung gebracht, letztlich beschreibt sie aber die moderne Interpretation traditioneller Kochtechniken und -zutaten. Dieser Ansatz betont nicht nur die Ästhetik der Speisen, sondern auch die Verwendung leichterer Zubereitungsmethoden und neuartige Kombinationen von Zutaten.
„In meiner Küche bedeutet das, dass ich traditionelle Rezepte auf eine Art und Weise präsentiere, die sowohl die Geschichte als auch die zeitgenössischen Geschmäcker anspricht“ sagt Oskan. „Die Nouvelle CÜISINE – mit einem Augenzwinkern an die Vorliebe für Umlaute in der türkischen Sprache und in Referenz an mein Kochbuch ‚CÜISINE‘ – erlaubt es mir, die Grundlagen der türkischen Gastronomie zu respektieren, während ich gleichzeitig Raum für Innovation und Experimentierfreude schaffe“.
Elif Oskan‘s kulinarische Karriere
1990 war Elif Oskan im Alter von sieben Monaten mit ihren Eltern aus Südostanatolien in die Schweiz gekommen. Ihre Liebe zur Gastronomie begann in der Küche ihrer Mutter, wo sie die Aromen und Techniken der türkischen Küche entdeckte. „Die türkische Küche war schon immer die Grundküche in unserem Zuhause“, erzählt die heute 34-Jährige. Nach einer fundierten Ausbildung im Hotel Sonne in Küsnacht am Zürichsee sammelte sie wertvolle Erfahrungen in renommierten Restaurants wie dem Mesa in Zürich und dem Drei-Sterne-Restaurant The Fat Duck von Heston Blumenthal in Bray bei London. Dort traf sie auf Markus Stöckle, ihren Lebens- und Geschäftspartner, mit dem sie 2018 das Restaurant Ros eröffnete, gefolgt vom Restaurant Gül ein Jahr später. Sie gelten heute als das kulinarische Traumpaar Zürichs.
Ein zentrales Element der Kochphilosophie von Elif Oskan ist die Verwendung regionaler Zutaten. Im Restaurant Gül wird Wert auf die Nutzung lokaler Ressourcen und saisonaler Produkte gelegt. „Wir beziehen viele Gewürze und Tomaten- sowie Paprikasalças von Kleinproduzenten in der Türkei“, erklärt Oskan. Ihr Vater, liebevoll Baba genannt, spielt hier übrigens ebenfalls eine wichtige Rolle: Seine „Zucchettis“ aus dem eigenen Garten werden über dem Holzkohlegrill zubereitet – ein Beispiel für den familiären Bezug zur Kulinarik.

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Nouvelle Cüisine – Innovativ, klassisch, perfekt gestaltet
Ihre Kreationen überraschen Gäste mit innovativen Kombinationen – etwa beim Iskender Kebab, bei dem Lammfleisch durch saftiges Alpstein Poulet ersetzt wird, wie Elif Oskan erzählt: „Ein gutes Beispiel für diese Experimentierfreude ist meine Interpretation von einem sehr traditionellen Gericht, dem Iskender Kebab. Dabei bewahre ich die grundlegenden Elemente wie Joghurt, Butter und Tomatensalça und vereine sie in einer leichten, fruchtigen Sauce. Gleichzeitig erlaube ich es mir, das klassische Lammfleisch mit saftigem Alpstein Poulet zu ersetzen. Für die sonst üblichen Brotwürfel, die das saucige Gericht begleiten, verwende ich stattdessen einen türkisch gewürzten Mix aus Panko (japanische Brotkrümel). Bei meinem ersten Versuch war Markus so begeistert, dass ich das Gericht kurzum Marküs Bayıldı nannte und es als Hommage so auf die Karte setzte.“
Für Oskan spielt aber auch die Präsentation ihrer Gerichte eine entscheidende Rolle: „Der Geschmack ist das Fundament eines gelungenen kulinarischen Erlebnisses.“ Ein perfekt gestalteter Teller sowie die sorgfältige Auswahl an Gläsern und Besteck tragen dazu bei, das gesamte Erlebnis zu bereichern.

Image: Charlotte Fischli
Tradition geht neue Wege
Wie viele Köche sieht sich auch Elif Oskan Herausforderungen gegenüber – doch diese betrachtet sie als Chancen zum Wachstum. Sie ist überzeugt davon, dass die türkische Küche in einer globalisierten Welt weiterhin an Popularität gewinnen wird: „Aktuell erlebt sie einen deutlichen Aufschwung. Kulinarischer Tourismus, Michelin-Auszeichnungen und die Aufnahme in die 50 Best-Liste tragen dazu bei, dass die türkische Kulinarik weltweit mehr Anerkennung findet. Trotzdem bleibt die Türkei stark regional geprägt, ähnlich wie die Schweiz. Diese Vielfalt ist eine Stärke, aber auch eine Herausforderung, da sich die Küche auf lokale Ressourcen stützt und somit nicht zwingend auf internationale Popularität angewiesen ist. Dennoch bin ich überzeugt, dass die türkische Küche, wenn sie weiter gefördert und global präsentiert wird, noch mehr an Beliebtheit gewinnen kann.“
Elif Oskan bewahrt mit ihrem Ansatz nicht nur die Tradition der türkischen Küche, sondern geht auch neue Wege, um diese für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. Ihre Nouvelle CÜISINE, die sie neben ihrem Restaurant auch in ihrem Kochbuch verwirklicht, ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie man kulturelle Wurzeln respektiert und gleichzeitig Raum für Innovation schafft – ein kulinarisches Erlebnis voller Überraschungen.