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Vincent Crepel: „Meine Küche soll Menschen auf die Reise schicken”

Von: Lesezeit: 4 Minuten

Im Restaurant „Terre” in Cork hat es Vincent Crepel mit französischer Technik, asiatischen Aromen und irischer Gelassenheit zu einem Stern gebracht.

Zum ersten Mal in seinem Berufsleben fühle er sich frei und mit sich selbst im Reinen, sagt Vincent Crepel. Vielleicht sei das der Grund, warum der Guide Michelin seine Küche im Restaurant „Terre” in Cork im Süden Irlands in diesem Jahr mit einem Stern ausgezeichnet hat – nur sechs Monate nach der Eröffnung. „Denn an meiner Arbeit habe ich im Grunde nichts verändert.”

Der 39-Jährige stammt gebürtig aus den französischen Pyrenäen und absolvierte seine Ausbildung im Baskenland. Doch an nur einem Ort zu verweilen und noch dazu in Frankreich, das kam für den talentierten Chef nicht in Frage. Er wollte mehr. Suchte die Herausforderung und Inspiration und arbeitete unter anderem im mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten „Arzak” in San Sebastian, im „Hotel de Ville Crissier” in der Schweiz und bei André Chiang in Singapur, bevor er 2014 sein erstes eigenes Restaurant, das „Porte 12” in Paris eröffnete. „Die DNA meiner Küche ist französisch”, so Crepel. „Gleichzeitig war es mein größtes Glück, dass ich nach meiner Ausbildung kaum in Frankreich gearbeitet habe.” Nur so habe er seine besondere Handschrift zwischen klassisch französischer Technik, asiatischen Aromen und japanischer Reduziertheit entwickeln können.

Sternekoch Vincent Crepel

Image: Terre – Vincent Crepe

Crepel: Ein Chef mit klarer Linie

Nun also Irland. Die Ruhe der Abgeschiedenheit und die Natur zwischen grünen Wiesen, zerklüfteten Felsen und der Weite des Meeres habe ihn dort – im Vergleich zur urbanen Intensität und Schnelllebigkeit von Paris – sofort zur Ruhe kommen lassen, beschreibt der Chef seine neue Heimat. Und, das spürt man – es scheint als sei er wirklich angekommen.

Auch dass es – ebenso anders als in der französischen Hauptstadt – kaum kulinarische Konkurrenz gibt, habe ihm geholfen, einen neuen Fokus, eine klare Linie, eben seinen eigenen Stil zu finden. Das bestätigt auch ein Blick auf seine Teller. Die Gerichte im „Terre” – Chawanmushi mit Steinkrebs, Kaviar und Knochenbrühe, Hummer mit gefüllten Artischocken, Meerfenchel und Kaffirlimetten-Consommé oder Wagyu mit Gersten-Koji – sind nun ganz minimalistisch konzentriert auf das Produkt.

Wie kam es dazu, fragt man sich vielleicht? Das habe zum einen mit seinem Alter zu tun, glaubt Vincent Crepel: „Natürlich habe ich mit 20 nicht so gekocht wie heute.” Als junger Küchenchef tendiere man dazu, einen Teller mit Können, Wissen, Technik und Aromen vollzupacken, heute konzentriere er sich aufs Wesentliche. „Die Technik muss da sein, aber ich möchte sie nicht sehen.”

Vincent Crepel's Restaurant Terre

Image: Barry Murphy Photography

Terre: einzigartiges Speiseerlebnis dank herzlicher Gastfreundschaft und herausragenden Produkten

Zum anderen habe er in Irland Produkte zur Verfügung, die so hochwertig sind, dass sich eine andere Herangehensweise fast von selbst verbiete. Gemüse und Kräuter baut Crepel selbst im Garten des „Terre” an, welches sich im Castlemartyr Resort in einem prunkvollem Herrschaftshaus aus dem 17. Jahrhundert befindet. Fisch und Meeresfrüchte bekommt er täglich frisch aus dem Atlantik direkt vor der Haustür, das lokale Fleisch in herausragender Qualität bezieht er von lokalen Produzenten und natürlich kommt auch der berühmte irische Whisky des Öfteren zum Einsatz in seiner Küche. Zubereitet wird schließlich alles auf dem offenen Feuer und am Tisch in Interaktion mit dem Gast gefinished. Der Umgang mit den Flammen habe ihn das Kochen noch einmal ganz neu gelehrt, sagt Vincent Crepel.

Vincent Crepel bezieht seine Zutaten vorallem regional

Veau Parisien | Image: Terre – Vincent Crepel

Feuer, Rauch, Hitze – das ergibt ein ganz wunderbares Umami.Vincent Crepel

Neben der Natur und den Produkten hat sich der Franzose in seiner neuen Heimat aber auch von der irischen Offenheit und Gastfreundschaft anstecken lassen. Im „Terre” wird jeder Gast persönlich und mit Namen begrüßt. Das schafft von Beginn an Vertrautheit. Vor dem Start des insgesamt dreieinhalbstündigen Menüs geht es beim Aperitif auf eine Tour durch die offene Küche, gefolgt von einer Demonstration und Herkunftsbeschreibung der rohen Zutaten, die später auf den Tellern der Gäste landen.

Vincent Crepel in seiner Küche im Terre

Image: Barry Murphy Photography

Vincent Crepel: „Keiner soll sich dumm fühlen“

Ziemlich ungewöhnlich könnte man meinen, doch der Chefkoch hat ein klares Ziel vor Augen: Verständnis für die Arbeit seines Teams und die Produkte der lokalen Produzenten zu schaffen. Und was noch viel wichtiger ist durch die Interaktion auch die Berührungsängste der Gäste mit der Sterneküche abbauen.

In den Restaurants, in denen er zuvor gearbeitet hatte, sei Fine Dining meist eine recht steife Angelegenheit gewesen, berichtet Vincent Crepel. „Ich möchte, dass sich niemand für einen Besuch bei uns verstellen muss oder sich dumm fühlt.” Ziel sei es nicht nur, ein besonderes Erlebnis zu schaffen, sondern eine entspannte Atmosphäre auch für Menschen, die mit den Codes der Spitzengastronomie nicht vertraut sind.

Der Eingang in Vincent Crepels Küche

Image: Barry Murphy Photography

„Klassisch kochen kann jeder mit der entsprechenden Ausbildung”, sagt Vincent Crepel. Im „Terre” interessiere ihn diese Kategorie deshalb nicht mehr.

Sein Konzept möchte er in Zukunft weiter vorantreiben – noch enger mit lokalen Produzenten zusammenarbeiten, besser werden, tiefer graben. „Ich wünsche mir, dass das ,Terre‘ in Zukunft eine kulinarische Destination wird, ein Grund, warum Menschen sich auf Reisen begeben.”

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