Wie man die Zubereitung eines Schnitzels digitalisieren kann, einen Combi-Dämpfer so intelligent macht wie die Menschen, die davor stehen, und wie die Welt auch in der Großküche jeden Tag ein bisschen schlauer wird, darüber sprach KTCHNrebel mit Dr. Peter Stadelmann, seit 2014 Vorstandsvorsitzender der Rational AG und seit 2018 auch Head „Digital Customer Solutions“.
Herr Stadelmann, bei einem Hersteller von Combi-Dämpfern rechnet man nicht unbedingt damit, als erstes auf Digital Customer Solutions zu stoßen. Was ist das?
Das ist ein Team bei Rational, das sich ausschließlich mit der Digitalisierung von Großküchen beschäftigt. Hier geht es uns nicht nur um unsere Geräte wie den Combi-Dämpfer SelfCookingCenter oder das multifunktionale VarioCookingCenter. Hier betrachten wir ganze Küchenprozesse und überlegen uns, an welchen Stellen man mit Software intelligenter arbeiten kann, um effizienter zu werden. Da geht es nicht allein ums Kochen, sondern um die Verzahnung verschiedener Bereiche. Wie wichtig uns dieses Thema ist, sieht man daran, dass wir Personen, die früher über mehrere Prozesse – so nennen wir unsere Teams und Einheiten – im Unternehmen verteilt waren, zu einer schlagkräftigen Gruppe zusammengefasst haben. Es ist unsere klare Absicht, mit diesen digitalen Dienstleistungen ein weiteres Geschäftsfeld aufzubauen.
Sie sagten: Intelligenter arbeiten. Bei Rational hört man des Öfteren das Schlagwort Intelligenz. Können Sie kurz erklären, was man in Ihrem Unternehmen darunter versteht?
Intelligenz im Zusammenhang mit unseren Geräten bezieht sich wie beim Menschen auf Fähigkeiten. Je intelligenter etwas ist, umso mehr kann es. Ein SelfCookingCenter ist mit Sensoren ausgestattet, die jederzeit den Zustand des Garguts und damit den Garfortschritt erkennen. Dieser wird ständig mit dem vom Koch oder von der Köchin festgelegten Wunschergebnis verglichen. Unsere Garintelligenz, also unsere Software, regelt den Garprozess punktgenau dahin. Das schafft den ineffizienten Überwachungsaufwand ab oder reduziert ihn deutlich. Und es macht die Qualität unabhängig von Fachwissen. Auch ich als Nicht-Koch kann so ganz unterschiedliche Speisen immer perfekt garen.
Vor ungefähr zwei Jahren haben Sie in einem Interview das SelfCookingCenter mit dem autonomen Fahren verglichen. Sehen Sie das heute immer noch so?
Ja, mit dem SelfCookingCenter können wir „autonom kochen“, weil es intelligent ist.
Vergleichen Sie eine analoge Kamera von, sagen wir, 1980. Sie hatte einen Belichtungsmesser. Mit den Einstellungen von Blende und Verschlusszeit haben Sie dann variiert, bis die Belichtung passte. Und optische Anzeigen im Sucher halfen Ihnen, scharf zu stellen. Nach 36 Aufnahmen war der Film voll und die Bilder sahen Sie erst nach einigen Tagen. Heute stellen Kameras vollautomatisch Schärfe und Belichtung ein, sie erkennen den Aufnahmekontext und Gesichter, korrigieren rote Augen beim Blitzen, stabilisieren das Bild, wenn Sie wackeln, speichern Datum, Zeit und die GPS-Daten der Aufnahmen und zeigen Ihnen die Bilder sofort. Eine digitale Kamera ist also um Welten intelligenter. Dadurch können auch Nicht-Profi-Fotografen viel bessere Aufnahmen machen. Es kommt noch besser: Sie brauchen dazu heute gar keine Kamera mehr, das alles geht heute mit einem Smartphone. Zurück zum Auto. Das Auto der Zukunft wird intelligenter und kann deswegen irgendwann voll autonom fahren. Alles und alle können transportiert werden, ohne dass ein Mensch mit Führerschein im Auto sitzt. Stellen Sie sich vor, was das bedeutet.
Braucht autonomes Kochen dann immer noch einen Koch? Wenn ja, wäre Ihr SelfCookingCenter keine Antwort auf den Fachkräftemangel.
Das SelfCookingCenter nimmt dem Koch das Garen ab, nicht das komplette Kochen. Natürlich braucht man noch jemanden, der sagt, welche Speise wie gegart werden soll. Danach muss man nur noch den Anweisungen folgen, die einem das SelfCookingCenter und das VarioCookingCenter geben. Um es ganz einfach zu machen, haben wir „MyDisplay“ entwickelt. Der User sieht dann nur noch Bilder oder Icons auf dem Display, meinetwegen Croissants, und muss nur noch das Bild antippen und auf die Anweisungen warten. So kommen auch angelernte oder fachfremde Kräfte immer zu ein und demselben Ergebnis. Ein gutes Beispiel sind Bäckereien, da gibt es sehr viele ausgebildete, aber fachfremde Kräfte. Mit MyDisplay können Sie kinderleicht jede Menge leckere Snacks produzieren – ohne Fachkräfte.
Die Generationen Y und Z sind auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Und haben andere Ansprüche an ihren Arbeitsplatz als ihre Eltern. Hat Rational dafür eine Lösung?
Erstmal glaube ich, dass ein SelfCookingCenter die Attraktivität des Arbeitsplatzes in der Küche erhöht. Routinearbeiten werden abgenommen, sogar die Reinigung übernimmt ein SelfCookingCenter selbst. Das heißt, ein gutes Stück unliebsame Arbeiten sind dank Automatisierung und Digitalisierung mit einem intelligenten Gargerät einfach delegiert. Eine Küche mit einem unserer Geräte ist eine moderne Küche. Das wollen Generation Y und Z. Da herrscht auch eine andere Stimmung als in Küchen mit Steinzeit-Equipment. Es gibt weniger Stress, Arbeitszeiten können eingehalten werden, weil unsere intelligenten Gargeräte dafür sorgen, dass alles gelingt, weil sie mit hoher Garleistung schneller garen, oder weil sie beispielsweise mit der Übernachtgarung Arbeiten abnehmen. Auch ein Erfolg, der ohne Digitalisierung nicht möglich wäre.
Apropos Digitalisierung: Bestellsoftware, Bestell-Kiosk, Service-Roboter, Gäste-Transponder, Gäste-Tracking. So digital geht es im Front of House zu. Und wie steht es um das Back of House?
ConnectedCooking heißt auch da seit 2017 die Antwort von Rational. Das ist die cloudbasierte Internetplattform, über die Rational-Geräte vernetzt werden. Der Koch oder Küchenleiter oder wer auch immer kann nun das SelfCookingCenter und das VarioCookingCenter über Smartphone, Tablet oder PC bedienen und überwachen. Nur beladen und entnehmen müssen Sie noch selbst – aber Ihr Smartphone teilt Ihnen das mit. Gleichzeitig haben Sie Ihre Hygiene-Daten unter Kontrolle, können Ihre Rezepte von einem Gerät auf das andere übertragen und das Gerät ruft sich seinen Servicetechniker sogar selbst, wenn Sie es zulassen. Mit der ConnectedCooking-App haben Sie vom Sofa aus alles im Blick.
KI-Systeme können in kürzester Zeit große Mengen an Daten analysieren sowie Muster und Abweichungen feststellen. Und das sogar genauer als der Mensch. Müssen wir jetzt damit rechnen, dass ein Roboter unser Menü zubereitet?
Zubereiten vielleicht irgendwann schon, aber nicht „entwerfen“. Wir wollen mit Hilfe intelligenter Geräte die Küche befähigen, alles einfacher zu machen, effizienter zu arbeiten, den Grad der Standardisierung zu erhöhen. Der Roboter hat keine Geschmacksknospen, er kann nicht riechen, dafür kann er angelernte Tätigkeiten beliebig oft und lang wiederholen, ohne Urlaub zu nehmen oder krank zu werden. So können sich der Koch und die Köchin auf die Kreation, das Kreieren, das optisch perfekte Anrichten und Abschmecken konzentrieren.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Geht es dem Rational-Drehknopf an den Kragen?
Er ist eines unserer Wiedererkennungsmerkmale. Auch bei unseren Geräten wird sich die Bedienung auf Dauer verändern müssen. Augmented Reality, Sprachsteuerung, Bewegungsmelder, vieles ist vorstellbar. Aber es muss auch küchentauglich sein. Hitze, Dampf, Fett und Lärm aushalten. Wie man es von Rational gewohnt ist, bringen wir natürlich nicht irgendwas auf den Markt, sondern nur solche Innovationen, die funktionieren und unseren Kunden einen Nutzen bringen.
Herr Stadelmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.