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Anton Schmaus: Koch der Nationalmannschaft – Kreativ aus der Komfortzone

Von: Lesezeit: 6 Minuten

Anton Schmaus zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Köchen Deutschlands. Dass er sich neben seinem eigenen Gastro-Imperium auch kulinarisch um die Herren des Deutschen Fußballnationalteams kümmert, ist ein Gewinn für alle Beteiligten.

Im Prinzip war ja alles angerichtet: ein bestens eingeführter Landgasthof im Bayerischen Wald, 13 Generationen lang seit 1769 im Familienbesitz, das Talent und die Begeisterung für gutes Essen. Doch Anton Schmaus wollte den väterlichen Betrieb im beschaulichen Städtchen Viechtach nicht in 14. Generation übernehmen. Zu groß waren die Träume und Ambitionen des heute 43-jährigen Sternekochs, der sich selbst augenzwinkernd als „niederbayerischen Sturschädel“ bezeichnet: „Für meine Eltern war die Entscheidung damals sicher härter als für mich selbst. Aber immerhin hatten sie mich so erzogen, dass man etwas nicht nur deshalb tut, weil es einfacher wäre. Sie haben mir den gesunden Ehrgeiz eingepflanzt, immer wieder neue Herausforderungen zu suchen und mit großem Willen meinen eigenen Weg heraus aus der Komfortzone zu suchen.“

Storstad Restaurant Inneneinrichtung

Image: MIchael Krug

Essen muss glücklich machen

Anton Schmaus ist Koch und Gastgeber aus Leidenschaft. Er ist im Gasthof der Eltern aufgewachsen, mit zehn Jahren kam er ins katholische Internat im Kloster Metten – und erkannte dort, wie er sich in seinem Kochbuch „Anton Schmaus kocht“ erinnert, einen wesentlichen Unterschied: „Zu Hause hatte ich gelernt, wie gutes Essen schmeckt. Jetzt musste ich das Essen manchmal einfach aushalten“. Noch wichtiger für sein weiteres Leben war aber wohl, dass ihn die straff durchgetakteten Tagesabläufe und streng geregelten Essenszeiten jene Disziplin lehrten, die ihm später als Küchenchef gute Dienste leisten sollte: „Man härtet ab. Das Internat bescherte mir eine gewisse Robustheit, Dinge durchzuziehen und durchzuhalten, auch wenn der Weg mal steil, steinig und rutschig wird.“

Mittlerweile ist Anton Schmaus einer der bekanntesten Gastronomen Deutschlands – und das nicht nur, weil sein Storstad seit der Eröffnung 2015 durchgängig mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist. Denn daneben ist er seit 2017 als Chefkoch der deutschen Fußballnationalmannschaft für die Verpflegung von Kai Havertz, Florian Wirtz, Jamal Musiala & Co. verantwortlich: „In dieser Funktion geht es nicht nur darum, möglichst gesund zu kochen. Es braucht ein Gespür für die richtige Mischung aus ernährungsphysiologischen Erkenntnissen und Soulfood: Essen muss glücklich machen!“

Gerade bei der Heim-Europameisterschaft im Sommer 2024 sei der Küche eine wichtige Aufgabe zugekommen, erzählt Anton Schmaus im Gespräch mit KTCHNrebel: „Es gibt natürlich exakte Pläne, wann die Spieler was zu essen bekommen sollen, um ihre maximale Leistungsfähigkeit abrufen können. Du musst aber auch mithelfen, die Stimmung hochzuhalten. Gerade bei einem Turnier, bei dem du mehrere Wochen beisammen bist, kannst du zum Beispiel den Brokkoli nicht jeden Tag blanchiert oder gedünstet servieren. Hin und wieder schadet es nicht, ihn in Tempura-Teig zu backen. Und ein Kaiserschmarren kann zwischendurch sowieso immer ein Lächeln in die Gesichter zaubern.“

Angerichtete Fischspeise im Sternerestaurant von Anton Schmaus.

Image: Micheal Krug

Ein gemeinsames Ziel

Als Koch, sagt Anton Schmaus, „bin ich an den Spielern sehr nahe dran, immerhin sind sie öfter bei mir als beim Training am Fußballplatz.“ Und dementsprechend kameradschaftlich, offen und respektvoll ist der Umgang der Spieler mit ihrem „Schmausi“: „Thomas Müller, der seine Teamkarriere im Sommer beendet hat, war zum Beispiel jemand, der sich immer sehr mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt hat. Aber auch jüngere Spieler wissen genau, ob sie am Spieltag zum Beispiel lieber Nudeln oder Reis essen. Unsere Aufgabe in der Küche ist es, ihnen eine optimale Auswahl an Speisen zu bieten.“

Für ihn selbst, so Anton Schmaus, sei es „eine riesengroße Ehre, für das DFB-Team arbeiten zu dürfen.“ Obwohl es bedeutet, immer wieder längere Zeit in den eigenen Betrieben mit Abwesenheit zu glänzen, überwiegen die beruflich Vorteile: „Und das nicht nur, weil es einen Mehrwert für die Marke ‚Anton Schmaus ‘ darstellt. Unter den 340 Sternenköchen Deutschlands bin ich der einzige Chefkoch des Herren-Fußball-Nationalteams.“

Noch wichtiger sind die Erfahrungen, die er als Teil eines auf allen Ebenen hochprofessionellen Teams sammeln kann: „Normalerweise bin ich selbst Chef von 40 bis 50 Mitarbeitern. Beim DFB bin ich nur ein Teil des Ganzen und lerne vom Trainer und vom Sportdirektor sehr viel darüber, wie man Leute führt.“ Denn das, sagt Anton Schmaus, sei das Wichtigste für den Erfolg: „Egal, ob am Fußballplatz oder im Restaurant: Du musst dich mit Leuten umgeben, die alle das gleiche Ziel haben und bereit sind, alles dafür zu geben.“

Sternekoch Anton Schmaus mit DFB-Spieler Leroy Sané.

Image: David Loftus

Lust auf neue Ideen

Anton Schmaus hat sich – vor und neben seiner Tätigkeit bei der Fußball-Nationalmannschaft – sein eigenes Gastronomie-Imperium aufgebaut: Neben dem Storstad (das schwedische Wort für „Großstadt“) führt er im ehemaligen Barbereich dieses Casual-Fine-Dining-Restaurants die kleine und seit 2021 ebenfalls mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Sushi-Bar Aska. Dazu kommen die „nasty fusion kitchen“ Sticky Fingers, die Weinbar Tipsy und der exquisite Lieferdienst Proviant, der auch ein Private Dining mit Anton Schmaus anbietet.

Der heutige Familienvater hat früh an seine Fähigkeiten geglaubt: „Mir war schon in der Schule klar, dass ich ein Sternekoch werde.“ Dass seine Vision in Regensburg, eine knappe Autostunde westlich vom heimatlichen Viechtach errichtet hat, Realität wurde, ist „einem glücklichen Zufall zu verdanken“. Seit er dort nach dem Zivildienst eine Zeitlang in einer WG gewohnt hatte, war der Kontakt in die mit knapp 160.000 Einwohnern viertgrößte Stadt Bayerns nie ganz abgerissen: „Eines Tages hat mir die Tochter eines Immobilienmaklers erzählt, dass ihr Papa offenbar ein cooles Objekt im Portfolio hätte …“

Dieses „coole Objekt“ verwandelte Anton Schmaus – nach Wanderjahren in der Schweiz, in Schweden und den USA (bei Thomas Keller, unter anderem Lehrmeister von Grant Achatz) – in sein erstes eigenes Restaurant. Und seinen ersten Erfolg: Bereits nach 16 Monaten hatte er sich 2010 im „Historischen Eck“ erstmals einen Michelin-Stern erkocht. Dass der Mietvertrag wenige Jahre danach auslief, war letztendlich eine weitere glückliche Fügung: „Ich hatte zwar den Stern – aber das Lokal mit seinen 30 Plätzen war einfach zu klein, um mich weiterzuentwickeln.“

Als 2014 auf der anderen Straßenseite im historischen Goliathhaus, einer imposanten frühgotischen Burg aus dem 13. Jahrhundert, der 5. Stock mit Blick über die Dächer der Stadt frei wurde, konnte Anton Schmaus endlich daran gehen, seine großen Ideen umzusetzen: „Mir war klar, dass ich im Storstad wieder auf Sterne-Niveau kochen wollte. Aber ich wollte – und will – mehr: Ich habe einfach Lust, immer wieder neue Konzepte umzusetzen. Ich stelle meine Ideen jedes Jahr auf den Prüfstand: Nur, weil etwas gut funktioniert, heißt das ja nicht, dass man das auf Dauer weitermachen muss.“

Angerichtetes Essen im Sternerestaurant von Anton Schmaus

Image: Michael Krug

Die Zeichen der Zeit

Die einzige Konstante ist die Veränderung: „Es hilft dir das schönste Restaurant nichts, wenn die Leute nicht zu dir kommen. Weil das Essen zwar gut ist, aber du am Zeitgeist vorbeikochst. Oder weil die Gäste gerade nicht bereit sind, so viel Geld auszugeben.“ Deshalb scheut sich Anton Schmaus nicht, seine Küche(n) inhaltlich immer wieder neu auszurichten und gesellschaftliche Trends aufzugreifen: „Schau, bei uns daheim im Gasthaus war die Speisekarte damals natürlich sehr fleischlastig. Mittlerweile hat sich aber viel getan, auch bei mir persönlich. Vegetarische und vegane Speisen sind ein wichtiger Teil meiner eigenen Ernährung geworden.“

Nicht zuletzt, weil er als Chefkoch der Fußball-Nationalmannschaft noch bewusster auf seine Zutaten und die Zubereitung seiner Gerichte zu achten begonnen hat: „Wir arbeiten seit langer Zeit mit Rational-Geräten, um eine gleichbleibende Qualität auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Mir ist aber klar geworden, dass wir an gewissen Stellen nachjustieren müssen. Seit sechs Jahren bieten wir deshalb in all meinen Restaurants vegetarische und vegane Alternativen an – und zwar auf einem Level, das den Speisen mit Fleisch inhaltlich und handwerklich in nichts nachsteht.“ 

Seine Beobachtungen aus der Welt des Fußballs helfen ihm, vermeintliche Rückschritte positiv zu beurteilen – denn dort wird der Ball aus taktischen Gründen oftmals zurückgespielt, um vorne auf dem Feld neue Räume zu öffnen und neue Chancen zu kreieren: „Dass wir unsere Arbeit gut machen, ist klar. Aber als Chef muss ich mir immer wieder die Frage stellen: Entwickeln wir uns weiter? Erkennen wir die Zeichen der Zeit? Ist Fine Dining überhaupt noch angesagt?“

Anton Schmaus‘ Antwort auf eine sich immer rascher ändernde Welt ist, das Angebot zu erweitern. Etwa durch die Sushi-Bar Aska, direkt neben dem Storstad (dessen Konzept er schon während seiner Zeit als Koch im F12, dem damals besten Restaurant Stockholms, entwickelt hat): „Natürlich besinnen wir uns im Storstad skandinavischer Wurzeln. Andererseits haben wir auch immer schon klassisch französisch gekocht – und jetzt haben wir zusätzlich die Möglichkeiten, japanische Anklänge aus dem Aska im Storstad einfließen zu lassen.“ Letztendlich gehe es aber in erster Linie darum, den Gast glücklich zu machen: „Die Speisen müssen gut gewürzt sein; Essen darf niemals belanglos schmecken.“

Fußballspieler Thomas Müller mit Sternekoch Anton Schmaus.

Image: David Loftus

Der Traum von der kleinen Hütte

Auch zehn Jahre nach der Eröffnung des Storstad, sagt Anton Schmaus, ist er noch nicht am Zenit seiner Möglichkeiten angekommen: „Ich koche immer noch irrsinnig gern, die Küche ist mein natürliches Habitat. Aber natürlich hat sich meine Rolle geändert, heute ist es vor allem meine Aufgabe, die Richtung vorzugeben, in die wir uns entwickeln wollen.“ Einen zweiten Michelin-Stern strebt er nicht bewusst und gezielt an: „Ich konzentriere mich nur auf das, was mich selbst fasziniert und antreibt. Meine Kreativität ist eine enorme Triebfeder. Sie führt zwar dazu, dass ich selten zufrieden bin. Aber sie hilft mir, mich und meine Lokale stetig weiterzuentwickeln.“

Allerdings ist der „niederbayerische Sturschädel“ mittlerweile bereit, gewisse Kompromisse einzugehen. „Die Gastronomie durchlebt gerade eine Phase umfassender Herausforderungen, wir existieren nicht losgelöst von all dem, was in der Welt gerade passiert. Aktuell geht es bei uns eher um Stabilität und darum, uns in kleinen Schritten vorwärtszubewegen. Seit Corona habe ich außerdem gelernt, nur noch von Jahr zu Jahr zu planen.“ Für seine eigene Zukunft hat Anton Schmaus, der mit einer Schwedin verheiratet ist, dennoch eine beschauliche Vision entwickelt: „Ich liebe Regensburg, ich habe hier auch meine Frau kennengelernt. Aber in 20 Jahren möchte ich lieber in einer schönen Hütte leben, irgendwo in Schweden.“

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